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Familienabend

40-Jähriger kann nicht schlafen, dann gibt’s Prügel

Lindau / Lesedauer: 4 min

In einem Nachbarschaftsstreit kochen die Emotionen hoch
Veröffentlicht:19.11.2018, 17:08

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Ein gemütlicher Familienabend endet mit Geschrei, Schlägen und einem Polizeieinsatz. Wie man die besinnlichen Tage besser nicht verbringt, zeigt ein Fall, der diese Woche vor dem Lindauer Amtsgericht verhandelt wurde.

Die Kontrahenten: zwei Nachbarn aus dem Landkreis, die schon länger miteinander im Clinch liegen. Ein 40-jähriger Allgäuer und ein über ihm wohnender 30-Jähriger aus Italien geraten aneinander. Der Jüngere schlägt zu. Beide ringen mit-einander. Es entlädt sich ein angestauter Nachbarschaftsstreit. Der 30-Jährige landet wegen Körperverletzung auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Der 40-Jährige sagt als Opfer aus.

Nicht weggeräumter Schnee, versäumte Kehrwochen, Mülltonnen, die nicht hinausgestellt wurden und ein Wasserschaden durch manipulierte Ventile. Die beiden Familienväter, die hier aufeinandertreffen, haben schon die ganze Palette an nachbarschaftlichen Meinungsverschiedenheiten miteinander durchgespielt.

Zum Überlaufen kommt das Fass an einem Abend zwischen Weihnachten und Neujahr des vergangenen Jahres. Die italienische Familie hatte Besuch aus der Pfalz. Die Cousine der Frau ist mit ihrer Familie angereist. Die insgesamt fünf Kinder spielten Verstecken und Fangen, die Eltern saßen am Tisch und unterhielten sich. Gegen 22 Uhr klingelte der 40-Jährige aus der Wohnung darunter. Er, seine Frau und seine Kinder seien müde und würden schlafen wollen, das sei aber bei dem Gerenne und Geschrei der spielenden Kinder nicht möglich.

Nach dem Versprechen, dass es leiser werde, ging der 40-Jährige zurück in seine Wohnung. Er erzählt: „Der Lärm ist aber nur kurzfristig weg gewesen, ich bin gegen halb elf nochmal hoch gegangen und schließlich gegen viertel vor elf ein drittes Mal.“ Bei diesem dritten Mal geht die Türe auf, die Familienväter brüllen sich an, der jüngere schlägt dem älteren ins Gesicht. Vor Gericht sagt der in Deutschland wohnende Italiener: „Er hat in meine Richtung gezuckt, da hab ich ihm eine Backpfeife gegeben.“ Das Opfer will aber nicht gezuckt haben und spricht von einem Faustschlag.

Stoß über das Treppengeländer?

Es kommt zu einer Rangelei im Treppenhaus. „Er hat versucht, mich über das Geländer im Treppenhaus zu stoßen“, sagt der 40-Jährige. Er trägt eine aufgeplatzte Lippe, einen aufgeschürften Ellenbogen und ein Schleudertrauma davon. Der 30-jährige Angeklagte bezeichnet den Stoß als eine Lüge. „Wir haben nur mit-einander gerungen, ich wollte ihn nirgends hinunterstoßen“, sagt er. Ob die beiden von selbst voneinander ablassen oder durch einen Bekannten des Angeklagten getrennt werden, ist unklar. Der 40-Jährige ruft die Polizei . Der Fall kommt vor Gericht.

Dort ist vor allem der versuchte Stoß über das Treppengeländer von Interesse. Die Staatsanwältin meint: „Die Fallhöhe hinter dem Geländer in das Treppenhaus hätte eine Gefahr für das Leben des Opfers bedeutet.“ Deshalb klagt sie den 30-Jährigen nicht nur wegen des Schlages und damit einfacher Körperverletzung an, sondern auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Sie fordert eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Bewährung.

Der Verteidiger findet das zu viel: „Es ist unwahrscheinlich, dass mein Mandant bei seiner Statur das doch recht robuste Opfer über ein Geländer wirft.“ Den Schlag schiebt er auf das italienische Temperament des 30-Jährigen. Ob der Schlag mit der Faust geführt wurde und ob der Jüngere den Älteren über das Geländer der Treppe stoßen wollte, können auch die geladenen Zeugen nicht klarstellen.

Das Gericht verurteilt den Angeklagten am Ende nur für den Schlag. Er muss 2000 Euro und die Kosten des Verfahrens bezahlen. Richter Klaus Harter sagt: „Letztlich gibt es keinen Beweis dafür, dass der Angeklagte versucht hat, das Opfer über das Geländer zu werfen.“ In die Geldstrafe sei mit eingeflossen, dass der Angeklagte bereits wegen Körperverletzung vorbestraft ist. Da er allerdings alleine für Frau und Kinder sorge, falle die Strafe milder aus. Mittlerweile sind der 30-Jährige und seine Familie aus dem Mehrfamilienhaus ausgezogen. Das Opfer meint während der Verhandlung im Rückblick auf das Geschehen: „Eigentlich ist gar nichts passiert.“