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„Wir wollen die Rockröhre haben“

Zwiefaltendorf / Lesedauer: 5 min

Zwiefaltendorfer erfolgreich bei „The Voice“ - Berufliche Gründe zwingen zur Absage
Veröffentlicht:23.05.2014, 18:36

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Selin Schönbeck ist 31 Jahre alt und trägt seine brünetten Haare lang. Er kleidet sich vorzugsweise in T-Shirts von Metal-Bands und er spielt auch in einer. Selin Schönbeck ist aber auch Musiklehrer an einem Aulendorfer Gymnasium und hat an der Musikhochschule Trossingen Schulmusik sowie Jazz und Pop studiert. Bei den Castings zur vierten „The Voice of Germany“-Staffel, die im Herbst ausgestrahlt wird, wollten sie ihn unbedingt haben. Doch aus beruflichen Gründen musste Schönbeck die Show schon wieder verlassen.

Vergangenes Wochenende fand in Berlin die letzte Vorrunde zur aktuellen „The Voice“-Staffel statt, bevor die so genannten Blind Auditions, die „blinden Vorsingen“ beginnen. Dabei sitzen die prominenten Juroren, darunter Michi Beck und Smudo von der Stuttgarter Hip-Hop-Combo „Die Fantastischen Vier“, mit dem Rücken zu den Bewerbern. Auf diese Weise können sie nur aufgrund der Stimme entscheiden, ob sie die jeweiligen Sänger für geeignet halten oder nicht. Selin Schönbeck wäre normalerweise in Berlin dabei gewesen, die drei Casting-Runden zuvor hatte er fast mühelos überstanden. Aus beruflichen Gründen entschied er sich jedoch dagegen. Schönbeck unterrichtet Musik an Gymnasien in Aulendorf und Bad Schussenried. Er ist in Zwiefaltendorf aufgewachsen, lebt aber inzwischen mit seiner Frau uns seinem Sohn in Weingarten.

Mit Herzblut Lehrer

„Ich habe einen Zettel mit den Terminen bekommen, die ich mir über’s Jahr freihalten sollte“, erzählt Schönbeck. In einem Vertrag hätte er zusichern müssen, dass er zu den Terminen zur Verfügung steht. Sofort setzte er alles in Bewegung, um sich die Teilnahme neben seiner Arbeit als Musiklehrer an Gymnasien in Aulendorf und Bad Schussenried zu ermöglichen. Er sprach mit seinem Schulleiter, mit dem Tübinger Regierungspräsidium und informierte sich über die Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen.

Doch es nützte leider nichts. „Ich kann nicht drei Wochen am Stück in der Schule fehlen, auch nicht, wenn ich unbezahlten Urlaub nehme“, sagt der Musiker. Außerdem sei er mit Herzblut Lehrer und schätze die Sicherheit, die der Status als Beamter mit sich bringt. „Das hätte ich nicht aufs Spiel setzen wollen.“

Dabei hat alles so vielversprechend angefangen. „Seit Jahren flehen mich meine Schüler an, endlich mal bei ,The Voice’ mitzumachen“, erzählt Schönbeck. Ein paar seiner Siebstklässler haben ihn dann einfach angemeldet. Weil aber noch einige persönliche Daten fehlten, habe er schlussendlich gesagt: „Kommt, ich mach’s selbst.“

Kurze Zeit später fand er sich in einem Hotel am Stuttgarter SI-Centrum wieder – zusammen mit 200 anderen Bewerbern. Für das Vorsingen hatte Schönbeck den Song „Homerun“ der Schweizer Hardrock-Band „Gotthard“ vorbereitet. 30 Sekunden durfte er daraus vortragen und sollte sich dabei auf die stärkste Stelle des Songs konzentrieren. Das zumindest stand in einer E-Mail, die er im Vorfeld erhalten hatte.

„Meine Stärke ist, dass ich mit meiner Stimme von den Tönen her relative hochkomme.“ „Homerun“ habe er ausgesucht, um das zu zeigen. Mit einer Stimmgabel ausgestattet, die das Finden der richtigen Töne erleichtert, kein Problem. Studiert ist eben studiert. Mit 24 anderen Bewerbern stand Schönbeck vor der Jury, bestehend aus einer Gesangstrainerin und einem Organisator. Fließband-Abfertigung.

„Man hat ihnen nicht angesehen, ob sie es gut oder schlecht fanden“, erzählt der 31-jährige Lehrer. Bevor sie zur Beratung den Raum verließen, hätten sie gesagt, dass man nicht traurig sein soll, wenn es nicht klappt. Bei Schönbeck klappte es. Er und zwei junge Frauen hatten es in die nächste Runde geschafft, die noch am gleichen Tag über die Bühne ging.

Die Jury war jetzt eine andere: eine neue Gesangstrainerin, jemand von der Produktionsleitung und jemand von der Plattenfirma Universal. Außerdem ein Kameramann, der die Teilnehmer für interne Zwecke filmte. Drei Songs sollte man vorbereitet und die dazugehörigen Karaoke-Playbacks mitgebracht haben. Singen durfte man dieses Mal den Refrain und eine Strophe.

Als Schönbeck ankündigte, Pinks „Fuckin’ Perfect“ vortragen zu wollen, schaute die Gesangstrainerin ungläubig. „Das ist doch bestimmt zu hoch in der Original-Tonart“, habe sie gesagt. „Nein, das passt.“ Wie gut es gepasst hat, zeigte sich an der Auswahl. Schönbeck stand mit den beiden jungen Frauen aus der ersten Runde vor der Jury. „Wir wollen leider bloß die Rockröhre haben.“

„Ich bin schon traurig“

Anschließend durfte „die Rockröhre“ erst einmal wieder nach Hause fahren. Anhand der Kameraaufnahmen wolle sich die Jury dann endgültig entscheiden, wer beim Casting in Berlin dabei sein dürfe, hieß es. Bereits zwei Tage später bekam Schönbeck den Anruf, dass er dabei ist. „Den richtig guten Kandidaten wollten sie wohl gleich Bescheid sagen“, erzählt er. Die Freude war groß bis klar war, dass die beruflichen Umstände eine weitere Teilnahme nicht zulassen würden.

„Ich bin schon traurig, ich hätte gerne mitgemacht“, erklärt Schönbeck. Gerne hätte er sich von „echten Popstars“, wie er sagt, trainieren lassen. Wie man besser singt, wie man sich bewegt, wie man sich anzieht.

Gute Kontakte, die ihm auch in Zukunft nützlich sein könnten – wie zur Plattenfirma Universal – hat er trotzdem an Land gezogen. Denn mit seiner eigenen Band „We are Legend“, die progressiven Power-Metal spielt, hat er Ende vergangenen Jahres einen Plattenvertrag bei einem kleinen Indie-Label unterschrieben.

Das Debut-Album „Rise of the Legend“ ist auch schon auf dem Markt. „Wir hoffen, dass wir vielleicht bei einem größeren Label unter Vertrag kommen können.“

Infos zu Selin Schönbecks Band „We are Legend“ unter

www.wearelegend.de