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Improvisationsvermögen

„Flexibilität und Improvisationsvermögen gefragt“

Unlingen / Lesedauer: 7 min

Unlingens Amtsverweser/Bürgermeister Gerhard Hinz spricht über 2020 und die Herausforderungen des neuen Jahres
Veröffentlicht:08.01.2021, 05:00

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Ein schwieriges Jahr hat Gerhard Hinz hinter sich. Kaum hat er als Amtsverweser die Leitung der Unlinger Gemeindeverwaltung übernommen, musste er gleich als Krisenmanager das Thema Corona bewältigen.

Wie haben Sie das Ausnahmejahr 2020 erlebt?

Mit dem Start von 2020 waren viele Hoffnungen verknüpft. Wir alle wünschten uns wie gewohnt alles Gute und Erfolg. Dann kam sehr schnell alles anders als gedacht. Als kurz nach der ersten Gemeinderatssitzung unser Bürgermeister Erwin Hölz erkrankte, drang langsam die Tatsache in unser Bewusstsein, dass kein einfaches Jahr auf uns zukommen würde. Vielmehr sollte unsere Flexibilität und unser Improvisationsvermögen gefragt sein. In Unlingen hat Elmar Lohner als stellvertretender Bürgermeister sehr schnell das Ruder übernommen und auch ich habe dann einen Teil meines Urlaubs im April im Rathaus zur weiteren Unterstützung verbracht. Im Mai wurde ich durch den Gemeinderat als Amtsverweser eingesetzt und bin seither im Unlinger Rathaus tätig. Dort arbeite ich mit dem Rathausteam an den aktuellen Themen der Gemeinde. Die besondere Situation um das Coronavirus erforderte viel Einsatz und Organisationstalent als Krisenmanager und erschwerte die direkten Kontakte zu den Bürgern. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Situation mir persönlich auch geholfen hat, mich in die Rathaus-Themen einzuarbeiten, da weniger Außentermine stattgefunden haben. In allen Lebensbereichen führten und führen immer noch massive Einschränkungen seit März 2020 zu mehr Abstand. Sehr schnell kamen aber hier auch Hilfsangebote von Bürgern und Gewerbetreibenden, um Menschen in Not zu unterstützen. Als Gemeinde haben wir versucht, unseren Bürgerinnen und Bürgern beizustehen und zu helfen. Alle waren und sind gefordert, in gegenseitiger Rücksichtnahme zu helfen. Danke, dass das so gut funktionierte und fortgesetzt wird! Auch im privaten Umfeld hindert die Kontaktbeschränkung mich und meine ganze Familie. Wir können uns nicht mit unseren Kindern und deren Partnern treffen. Wir versuchen, dabei Lösungen zu finden, die unser Familienleben weiterhin beleben und dennoch die durchaus sinnvollen Beschränkungen einzuhalten. So haben wir Spaziergänge in kleinem Kreis und auf Abstand für uns als Möglichkeit der Zusammenkunft gefunden. Das ersetzt zwar nicht die gewünschte Nähe, gibt aber Hoffnung auf eine Zeit, in der das wieder möglich sein wird.

Was hat trotz Corona gut in Ihrer Gemeinde funktioniert?

Trotz aller Widrigkeiten kann ich von einem guten Verlauf des Jahres 2020 berichten. Das Rathaus-Team hat mit dem Gemeinderat mit viel Engagement wichtige Themen angepackt. Der Ausbau unseres Kindergartens „Wiesenkinder“ und die Breitbanderschließung der bisherigen „weißen Flecken“ in Möhringen, Dietelhofen und Uigendorf wurden vorangetrieben. Wir arbeiteten viel an der Ortsdurchfahrt und haben auch Vorschläge für eine seniorengerechte Bebauung in der Mühlgasse vorgelegt. Auch unsere Teilorte haben sich sehr gut weiterentwickelt. Dort haben wir in diesem Jahr viele Bauplätze verkaufen können. Damit diese Entwicklung fortgesetzt werden kann, haben wir mehrere Baugebiete nach §13 BauGB aufgestellt und arbeiten an der Konzeption der Bebauungspläne. Wir haben die IT-Ausrüstung unserer Grundschule aktualisiert und auf die aktuellen Belange abgestimmt. Auch der Gemeinderat arbeitet seit diesem Jahr mit elektronischen Unterlagen, die über Tablets abgerufen werden können. Das erleichtert uns das Arbeiten unter den erschwerten Bedingungen. Die Pandemie hat sich auch in Unlingen immer wieder bemerkbar gemacht, aber insgesamt haben sich alle Unlinger in dieser schwierigen Situation wacker geschlagen. Die Infektionsherde waren meist nur kurzzeitig problematisch, leider waren zur Vermeidung der Verbreitung viele Leute auch in Quarantäne. Aber bisher hat es sich gelohnt. Herausragend waren die schnellen Angebote zur Unterstützung und Hilfe von Menschen in Not aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger. In den Kindergärten und in der Donau-Bussen-Schule waren alle bereit, die Betreuung in dieser besonderen Situation aufrechtzuerhalten und zu gewährleisten. Auch die Vereine haben Beachtliches geleistet, um ein wenig „Normalität“ weiterzuführen. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die bereitwillige Mithilfe und das Zusammenarbeiten. Sie leben Gemeinde! Wir alle mussten umdenken und haben es mit Kreativität und Organisationstalent geschafft, dass das öffentliche Leben nicht zum Stillstand kam. Auch wenn viele persönliche Kontakte nicht wie gewohnt stattfinden konnten, haben wir für uns einen praktikablen Weg durch die Pandemie gefunden.

Welche Herausforderungen erwarten Sie und Ihre Gemeinde im nächsten Jahr?

Die hohen Infektionszahlen werden uns wohl noch einige Zeit begleiten.

Für uns alle wird es eine große Herausforderung bleiben, den geforderten Abstand einzuhalten und dabei keine Ungeduld an den Tag zu legen. Dabei gilt es, vor allem handlungsfähig zu bleiben, um die aktuelle Lage unter Kontrolle zu behalten. Unser Gemeinderat wird mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde unsere Bürger weiterhin unterstützen und als Ansprechpartner gerne mit Rat und Tat beistehen. Gemeinsam müssen wir uns auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten, um dann wieder aktiv am Aufbau eines sozialen Miteinanders zu arbeiten. Vor allem auch Vereine und Gemeinschaften müssen jetzt vorausschauend planen, wie das gesellschaftliche Leben wieder in eine gewisse Normalität zurückfinden soll und benötigen unsere Hilfe dazu. Viele Kontakte können während der Corona-Situation nur elektronisch stattfinden; da gilt es einen Weg zu finden, wieder das Persönliche aufzubauen.

Wie wird das Jahr 2021 in Ihrer Gemeinde abseits von Corona?

Neben den üblichen Verwaltungsthemen gibt es für Unlingen und die Teilorte viele weitere spannende Aufgaben voranzutreiben. Nach jahrelanger Planung müssen wir in die Umsetzung der Sanierung der Ortsdurchfahrt in Unlingen gehen, da werden noch viele Gespräche stattfinden und die notwendigen Entscheidungen getroffen werden. Die aufgestellten Baugebiete nach §13b BauGB werden wir in die Bauleitplanung der Verwaltungsgemeinschaft integrieren und weitertreiben. Für die innerörtliche Entwicklung stehen im Rahmen der Ortskernsanierung weitere Projekte an. Parallel dazu werden wir die Kinderbetreuung weiterentwickeln, um auch weiterhin für Familien ein interessanter Wohnort zu sein. Die Suche nach einem Hausarzt für Unlingen und auch die Nachfrage nach seniorengerechtem Wohnraum wird uns weiterhin beschäftigen. Die bereits beauftragte Sanierung der Trinkwasserbrunnen stellt zusätzlich einen wichtigen Baustein zur Versorgung unserer Gemeinde dar. Für eine bedarfsgerechte und aktuelle Infrastruktur stehen bei uns die Installation des versprochenen Funkmasten in Uigendorf und die Anbindung und Inbetriebnahme der verlegten Glasfaserleitungen für Möhringen, Dietelhofen und Uigendorf auf dem Plan. Auch die Verlegung des Breitband-Backbones durch den Landkreis werden wir unterstützen. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese und auch all die anderen Herausforderungen, die das Jahr 2021 an uns stellen wird, gemeinsam meistern werden.

Was möchten Sie Ihren Bürgerinnen und Bürgern in dieser schwierigen Zeit mit auf den Weg geben?

Junge und ältere Menschen können sich nicht wie gewohnt treffen, die bisher gewohnte Art Gemeinschaft zu leben muss neu überdacht werden. Treffen mit Freunden, die online stattfinden, sind eine gute Alternative, doch bleibt das fehlende Etwas.

Viele Menschen sehnen sich danach, einander wieder unbesorgt besuchen zu können und sich gemeinsam ohne Abstand zu treffen, zu feiern, musizieren, Sport zu machen. Auch mit der Erwartung einer baldigen Impfmöglichkeit wird das Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen.

Dennoch schauen wir optimistisch in die Zukunft. Wenn wir uns alle weiterhin an die Vorgaben halten, so können wir hoffentlich mit der Impfung schneller in eine neue Normalität finden, in der wir uns näher kommen können, in dem Wissen, dass nicht jedem der Mangel an sozialen Kontakten leicht fällt, es aber leider keine Alternative gibt. Aktuell erleben wir, dass wir alle nur gemeinsam gegen die Pandemie erfolgreich sein können. Auch mit den Impfungen sollten wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen; erst wenn wir wissen, dass wir sicher sind, können wir zur Normalität zurückkehren. Bis dahin werden wir weiterhin Rücksicht auf andere nehmen und uns schützen müssen. Danke, dass wir alle zusammenhalten – gemeinsam gegen Corona!

Auf was freuen Sie sich persönlich, wenn die Krise irgendwann überwunden ist und wir wieder zur Normalität zurückgekehrt sind?

Ich freue mich auf die Rückkehr zu persönlichen Kontakten, in einer Zeit, in der man sich nicht immer Sorgen um eine Infektionsgefahr machen muss. Dann können wir wieder die Gemeinschaft leben, die wir für unsere soziale Struktur so dringend benötigen. Der Besuch von Veranstaltungen, ein gesellschaftliches Leben und auch ein aktives Vereinsleben, darauf freue ich mich. Ich freue mich auf die Feste, die wir innerhalb unserer Familie nachzuholen haben, auf das unbedenkliche Treffen aller Familienangehörigen, auf das Hände schütteln, einander auf den Rücken zu klopfen.