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Sängerlust

„Eine große Tradition ist am Ende“

Orsenhausen / Lesedauer: 3 min

„Eine große Tradition ist am Ende“
Veröffentlicht:31.01.2010, 14:00

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Eine Ära ist zu Ende, der Männergesangverein „Sängerlust“ ist Geschichte: 89 Jahre erhoben die Sänger in Orsenhausen ihre Stimmen, um andere zu erfreuen und ihrer Leidenschaft zu frönen. Am Samstag haben die Mitglieder mit deutlicher Mehrheit die Auflösung des Vereines beschlossen. Der Grund: Sängermangel.

Von unserem Mitarbeiter  Bernd Baur

Eine besondere Stimmung lag in der Luft, wenig fröhlich, das war deutlich spürbar. 27 „Sängerlust“-Mitglieder und einige Gäste waren am Samstagabend ins Sportheim nach Orsenhausen gekommen, um der 89. Versammlung des Gesangvereines beizuwohnen. War die Versammlung jahrzehntelang mit munteren Liedern eröffnet worden, so blieben heuer die Männerkehlen stumm. Denn schließlich ging es an diesem Abend um die Auflösung des Vereines und die ist kein Grund zur Freude.

Dabei hatte der „Sängerlust“-Chor auch im vergangenem Jahr einige Auftritte und Aktivitäten zu vermelden. Erfolgreich meisterte der 17-Mann-Chor ein Konzert in Maselheim, er organisierte ein Dorf- und Herbstfest in Orsenhausen und pflegte die Kameradschaft. Doch im Bericht von Schriftführer Reinhold Hörmann tauchte auf: Bei jeder Ausschusssitzung beschäftigte die Verantwortlichen die Zukunft des Vereines. Denn die Zahl der aktiven Sänger schmolz auf 16, das Durchschnittsalter liegt über 65. Jüngere Männer wollen vom Singen offenbar nichts wissen. Fakten, die ein Überleben des Männerchores immer mehr in Frage stellten.

Zum 1. November war es dann soweit. Die Singstunden wurden eingestellt, öffentliche Termine abgesagt. „Es war ein bitterer Tag, als wir das unserem Chorleiter Alexander Lotz sagen mussten“, erklärte Vereinsvorsitzender Albert Brugger . Mit nur 16 Sängern waren Auftritte nicht mehr drin. Vor allem der zweite Bass war unterbesetzt, mindestens zehn neue Sänger wären zur Verstärkung notwendig gewesen. „20 Mann habe ich angesprochen. Beim Kirchenchor, den Chören in Rot und in Bußmannshausen“, schildert Albert Brugger sein Bemühen. Doch ohne Erfolg. „Es ist traurig, wenn man sich die Hacken abläuft und keiner hat Lust“, sagte Brugger und zeigte sich enttäuscht. Mit der Konsequenz, dass der Ausschuss einstimmig beschloss, bei der Generalversammlung die Auflösung des Vereines zu beantragen.

Diese Entwicklung bedauerte Ortsvorsteher Rudolf Steinmayer sehr. Dass sich etwas zum Leidwesen der Ortschaft verändert hat, war niemand verborgen geblieben. „Denn bei verschiedenen Veranstaltungen hatte der Männerchor schon nicht mehr mitgewirkt.“ Allerdings müsse man kapieren und akzeptieren, wenn es nicht mehr anderes geht und sich etwas nicht mehr aufhalten lässt. „Die Jugend ist nicht mehr bereit mitzusingen“, nannte Steinmayer einen Grund für diese Situation.

Die Entscheidung noch einmal zu überdenken, forderte Anton Neidlinger bei der halbstündigen Diskussion. „Gebt dem Verein noch ein Jahr ein Chance“, stieß Manfred Karle ins gleiche Horn. „Wer soll jetzt eine Minute vor zwölf noch aufwachen“, fragte sich Albert Brugger, „zumal wir seit dem 75-jährigen Jubiläum nach Sängern suchen“. Auch der Hoffnung von Rolf Vögele, Orsenhausen solle sich mit dem Männerchor Bußmannshausen vereinigen, erteilte Brugger eine Absage: „Die meisten Sänger wollen nicht auswärts gehen“.

In geheimer Abstimmung votierten bei einer Enthaltung 23 Mitglieder für die Vereinsauflösung zum 1. Januar 2011, drei waren dagegen. Damit wird in Orsenhausen einer von derzeit 14 Vereinen von der Bildfläche verschwinden. Die Abwicklung übernimmt der Vorstand. Mitgliedsbeiträge für 2010 werden nicht mehr erhoben, in der von Hans Grimm geführten Kasse sind noch einige tausend Euro. Das verbleibende Geld sowie das Vereinsvermögen werden nächstes Jahr an die Ortschaft übergehen, es muss dann einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.

„Eine große Tradition ist am Ende.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Chorleiter Alexander Lotz von den Sängern. Elf Jahre habe er immer mit großer Freude gearbeitet. „Orsenhausen war ein sehr guter Männerchor“, sagte Lotz. „Ich wünsche unserem Land, dass wir das Kulturgut Gesang nicht verlieren werden.“