Handwerksbetriebe suchen händeringend nach Ausbildungswilligen – auch in Stadt und Kreis Ravensburg. Franz Moosherr , Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ravensburg, sieht in manchen Branchen einen dramatischen Bedarf an Nachwuchs. Auch die IHK Bodensee-Oberschwaben konstatiert zunehmenden Lehrlingsmangel. Für den Kreis Ravensburg hatte die Agentur für Arbeit Ende Juli 702 unbesetzte Lehrstellen in Handel, Handwerk und Gewerbe gemeldet. Bei den IHK-Berufen wurden in der Region 2027 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen, 51 weniger als im Vorjahr, ein Minus von rund 2.5 Prozent.
Exakte Zahlen über freie Ausbildungsplätze im Handwerk hat Moosherr nicht vorliegen, da nur wenige Betriebe ihre freien Lehrstellen bei der Agentur für Arbeit , beziehungsweise der Lehrlingsbörse der Handwerkskammer Ulm anmeldeten. Aus Kontakten mit Innungsfachbetrieben wisse er jedoch, dass viele Betriebe noch händeringend motivierte und leistungsbereite junge Menschen aller Schulabschlüsse suchen.
Er schätzt die Zahl der bis noch unbesetzten Lehrstellen im Handwerk des Kreises auf über 200. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ravensburg befürchtet, dass auch im Jahr 2013 rund 100 bis 150 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können. Das sei bedauerlich, so Moosherr, denn „die Chancen für junge Menschen, Karriere mit Lehre zu machen, sind riesig“. Laut IHK-Umfrage konnten 2012 knapp über 20 Prozent der Ausbildungsbetriebe offene Stellen nicht besetzen. Angesichts sinkender Schülerzahlen und dem allgemeinen Trend hin zu Hochschulen sei damit zu rechnen, dass die Schere noch weiter auseinandergehe, so die Einschätzung von IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Jany.
Besonders schwer tut sich nach Einschätzung der Kreishandwerkerschaft das Bauhauptgewerbe, das Nahrungsmittel- und das Friseurhandwerk. Junge Leute wüssten oft nicht, „wie modern und zukunftsfähig diese Ausbildungsberufe sind“, so Moosherr. Aber auch die in der Beliebtheitsskala traditionell oben stehende Kfz-Branche sowie das Schreiner- und Elektrohandwerk hätten noch freie Lehrstellen. Bei den IHK-Berufen sind vor allem Gastronomie, Logistikbranche und Einzelhandel auf der Suche nach Azubis. Noch gut mit Bewerbern versorgt seien die Medienberufe und Ausbildungsgänge zum Kaufmann. Jany rät jungen Leuten zu Flexibilität, gerade den rund 350 Bewerbern, die bei der Arbeitsagentur Ende Juli noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz registriert waren und verweist auf die bundesweite Lehrstellenbörse ( www.ihk.lehrstellenboerse ).
Wichtig sei, dass sich die Betriebe als attraktive Ausbildungsbetriebe auch in der Öffentlichkeit präsentieren. Dazu nutzt das Handwerk schon seit vielen Jahren die Bildungsmesse und die sozialen Medien, um bei den Jugendlichen die Lust auf eine handwerkliche Ausbildung zu wecken. Die Betriebe selbst seien bestrebt, den dringend notwendigen engen Kontakt zu den örtlichen Schulen zu intensivieren. Moosherr: „Bildungspartnerschaften sind das probate Mittel, junge Nachwuchskräfte zu gewinnen.“
Mangelnde Ausbildungsreife
Auch die IHK rät Betrieben zu direktem Kontakt zu Schulen und zu Bildungspartnerschaften. Die beste Werbung seien eine qualitativ hochwertige Ausbildung und ein guter Umgang mit den Azubis. Doch andererseits verweist die IHK auch auf mangelnde Ausbildungsreife vieler Bewerber. Das führe in immer mehr Unternehmen zu Problemen. 55 Prozent organisierten deshalb betriebsinterne Nachhilfe.