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Schwurgerichtsprozess

Neue Anklage lautet auf Totschlag

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Nun am Landgericht Ravensburg: Prozess gegen 63-Jährigen hat am Montag begonnen
Veröffentlicht:09.04.2018, 18:47

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Am Landgericht Ravensburg hat am Montag der Schwurgerichtsprozess gegen einen 63-jährigen Mann begonnen, der im Juni 2017 eine 80-jährige Seniorin in ihrer Wohnung in Riedlingen schwer misshandelt und vergewaltigt haben soll. Die Frau verstarb rund vier Wochen später im Krankenhaus an einem Multiorganversagen. Das Gericht prüft nun, ob von einem Tötungsvorsatz sowie von niederen Beweggründen ausgegangen werden kann.

Die erste Anklage beim Amtsgericht Biberach lautete noch auf gefährliche Körperverletzung. Doch nach den ersten Zeugenaussagen und der Anhörung des medizinischen Gutachtens im Dezember 2017 wurde deutlich, dass die Anklage auf Totschlag erweitert werden muss. Daher wurde der Fall an das Landgericht Ravensburg verwiesen.

Staatsanwältin Tanja Kraemer geht nun davon aus, dass der Angeklagte am Samstag, 24. Juni 2017, gegen 9 Uhr morgens der Seniorin in Riedlingen in ihrem Haus aufgelauert und sie mehr als eine Stunde mit Schlägen und Tritten in den Bauch, Brust und ins Gesicht schwer misshandelt haben soll. In der Anklageschrift spricht sie von einem Kampf, in dem die Frau zeitweise das Bewusstsein verlor und die Ärzte später zahlreiche Brüche der Rippen, Halswirbelsäule und des Nasenbeins feststellten. Auch aus dem medizinischen Gutachten wurde deutlich, dass der Kopf der Frau mindestens einmal gegen die Wand geschlagen und sie gewürgt worden war. Die Angehörigen gehen zudem davon aus, dass der Mann sie auch sexuell missbraucht haben soll. Die Seniorin schwebte nach der Tat längere Zeit in Lebensgefahr. In der Uniklinik Ulm erholte sie sich kurzzeitig, verstarb dann aber rund einen Monat später an einem Multiorganversagen.

Doch wie kam es zu dieser Situation? Der mehrfach vorbestrafte 63-Jährige hatte seine vorherige Wohnung wegen Streitigkeiten mit dem Vermieter verloren. Er zog zu seiner damaligen Freundin, die eine Wohneinheit über der Wohnung der Seniorin gemietet hatte. Die Seniorin war jedoch nicht damit einverstanden, dass auch er sich dort aufgehalten habe. Darum habe es schon seit längerem Streit gegeben. Der Mann hat die Rentnerin bedroht und im Hausflur sowie auf der Straße aufgelauert und ihr gegenüber auch sexistische Bemerkungen gemacht. Daher beauftragte die Rentnerin im März 2017 einen Rechtsanwalt, der den Mann mehrmals zum Auszug aufforderte, eine Räumungsklage androhte und ihn darauf hinwies, dass er nicht gegen die 80-Jährige übergriffig werden dürfe. Doch nach Zeugenaussagen drohte er danach erneut im Hausflur, sie umzubringen, wenn sie die Polizei holen würde.

Zeugen belasten Angeklagten

Am Morgen des 24. Juni soll der Angeklagte der älteren Dame wieder im Hausgang aufgelauert haben. Nach übereinstimmenden Aussagen von Polizei und Angehörigen, soll er sie dort mit wüsten Ausdrücken beschimpft, sie dann am Hals gepackt, gewürgt, mehr als eine Stunde lang ins Gesicht und auf den Bauch geschlagen haben und sei ihr sogar auf den Bauch gesprungen sein. Sowohl Staatsanwältin als auch ein Polizist sprachen von einem Martyrium, das die Frau erlitten haben muss.

Der Verdacht auf Missbrauch wurde durch Zeugenaussagen untermauert. Auch der Kripobeamte, der einige Tage später die Frau im Krankenhaus vernommen hatte, hält die Aussage des Opfers für absolut glaubwürdig. Den Missbrauch zu beweisen ist allerdings schwer. Es gibt nur die Aussagen der Angehörigen und des Polizisten, Spermaspuren konnten nicht mehr gesichert werden. Die schwer misshandelte Seniorin hat später bei der Vernehmung durch die Polizei zu Protokoll gegeben, dass der Mann ihr nach der Tat den Mund ausgewaschen und sie sich selbst abgeduscht habe, weil sie sich so beschämt und beschmutzt gefühlt habe.

Keine Reue

In der Verhandlung am Montag bestritt der Angeklagte alle Vorwürfe. Er habe die Frau bereits schwer verletzt im Hausflur getroffen und wollte ihr nur helfen. Daher kämen auch die Blutspuren auf seiner Kleidung und der Haut. Als der Richter ihn nach den Kratzspuren fragte, die von der Polizei dokumentierte wurden, meinte er, dass die nicht von der Frau stammen würden. Er habe sich am Abend zuvor mit heißem Öl verbrannt. Der Angeklagte zeigte keinerlei Reue, sondern präsentierte an diesem ersten Verhandlungstag verschiedene Versionen, wie es zu dem Vorfall habe kommen können.