Altertumsverein

Märtyrer seines Glaubens

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Der heilige Fidelis von Sigmaringen liefert auch in Riedlingen Stoff für einen Vortrag
Veröffentlicht:28.04.2016, 19:57

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Fast 100 Besucher haben sich am Dienstagabend für den Vortrag interessiert, den die Volkshochschule Donau-Bussen in Zusammenarbeit mit dem Altertumsverein Riedlingen angeboten hat. „Der heilige Fidelis – ein Märtyrer aus dem Schwäbischen Himmelreich: die Verehrungsgeschichte des Fidelis von Sigmaringen und seine Stellung im Werk des Malers Franz Joseph Spiegler (1691-1755)“ war er überschrieben. Der Referent Dr. Matthias Ilg aus Winnenden ist Historiker und hat über dieses Thema promoviert; Winfried Aßfalg, Vorsitzender des Altertumsvereins war über eine Veröffentlichung auf ihn aufmerksam geworden. Eine Führung durch das Kapuzinerkloster ging dem Vortrag voraus.

Riedlingen , Kapuzinerkloster und Fidelis von Sigmaringen – wie hängen diese Begriffe zusammen? Der heilige Fidelis wurde 1578 in Sigmaringen geboren, wurde 1612 Kapuziner und Riedlingen hat einen Fidelis-Altar mit Spiegler-Gemälde in der „Spitalkirche“ im ehemaligen Kapuzinerkloster. Der Referent stellte den Gästen in der Kundenhalle der Kreissparkasse den Kult um Fidelis nach dessen Tod vor. Außerhalb Sigmaringens sei der eher unbekannt.

Ilg begann mit einem damals weit verbreiteten Holzschnitt mit der Lebensbeschreibung des Fidels, bereits zwei Jahre nach seinem gewaltsamen Tod 1622 in Graubünden/Schweiz entstanden. Schon zu diesem Zeitpunkt sei das Volk zur Verehrung aufgefordert worden. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, der Reformation und Gegenreformation, als der Kapuzinerbruder im Anschluss an seine Predigt von aufständischen Bauern seines Glaubens wegen erschlagen und erstochen wurde. Der dafür verwendete „Prättigauer Prügel“ und das Schwert zusammen mit dem „Missionskreuz“ sind auf den Abbildungen dargestellt und spielen in der Verehrung eine Rolle.

Fidelis von Sigmaringen beschrieb Ilg als „Militärseelsorger, dem Schlacht-entscheidende Wundertaten“ zugeschrieben wurden im Militär-strategisch entscheidenden Graubünden damals: „Ein politischer Märtyrer sollte aus Fidelis kreiert werden.“ Das Verfahren der Selig- und dann Heiligsprechung schleppte sich hin, erklärte Ilg, obwohl sich das Volk nach „Schlachtenwundern“ sehnte. Erst 1746 wurde er zum heiligen Fidelis. Und eine Heiligsprechung sei teuer gewesen; 50 000 Gulden habe sie gekostet, die aufgebracht werden wollten. „Er war der erste und einzige Kapuzinermärtyrer, dem in der frühen Neuzeit der Status eines Heiligen zugesprochen wurde.“ Eine Reihe von „Wundern“ habe zur Heiligsprechung geführt, wie dem „Brandmirakel von Maienfeld“: Ein brennender Pulverturm sei nicht explodiert, weil der Leichnam des Fidelis in seiner Nähe lagerte.

Bilder hätten als „Kultwerbung“ eine große Rolle gespielt, sagte Ilg. Und es habe eine große Zahl an Künstlern gegeben, die sich mit Fidelis von Sigmaringen auseinandersetzten – auch Franz Joseph Spiegler, der 25 Jahre lang in Riedlingen lebte und arbeitete. Sein Altarbild für die Kapuzinerkirche Riedlingen sei vom Bildtyp her ein „Glorienbild“.

In der dem Vortrag vorausgegangenen Führung durch das Kapuzinerkloster – einer „Gedenkstunde an den heiligen Fidelis“ kurz nach dem Fidelistag am 24. April – ging Aßfalg auf die Bedeutung der Kapuziner ein. Sie mussten das Volk „zum rechten Glauben“ zurückführen. Die vorgeschriebene Bauweise für Kapuzinerkirchen konnte in Riedlingen erst nach der Seligsprechung 1729 verändert werden. Nun sei es möglich geworden, die Vorschriften zu durchbrechen und an der Nordseite eine Erweiterung anzubauen. Hier fand der Fidelisaltar als vierter Altar seinen Platz. Seit 1729 durfte auch der Name Fidelis als Taufname verwendet werden, wusste Aßfalg. So haben die damals in Riedlingen wirkenden Künstler Spiegler, Johann Joseph Christian und Johann Ignaz Wegscheider jeweils einem ihrer Söhne Fidelis als weiteren Vornamen angefügt.

Das Leben des Fidelis

Der heilige Fidelis von Sigmaringen wurde unter dem Namen Markus Rey oder Roy 1578 in Sigmaringen geboren. Nach der Schule in Sigmaringen studierte er Philosophie und Rechtswissenschaften in Freiburg und promovierte in beiden Bereichen. Er war ein hoch gebildeter, weit gereister Mann, der 1612 in den Kapuzinerorden eintrat. Er wurde zur Missionierung in die Schweiz geschickt. Bei seiner letzten Predigt am 24. April 1622 in Seewis in Graubünden wurde er ermordet. 1729 wurde er selig- und 1746 heiliggesprochen.

Der Fideliskult

Hohenzollern-Sigmaringen habe im Vorantreiben des Fideliskults eine Sonderrolle eingenommen, sagte Dr. Matthias Ilg in seinem Vortrag. Die wichtigste Reliquie, die Fidelis-Wiege, steht heute noch in der Stadtpfarrkirche St. Johann in Sigmaringen – und wird auf Wunsch für den Täufling benützt. Im Rahmen der Seligsprechung habe sie eine bedeutende Rolle gespielt. Verzweifelte Eltern, deren Kinder vor der Taufe starben, seien oft unter großen Schwierigkeiten von weit hergereist, um die Leiche des Kindes in diese Wiege zu legen. Durch „die Gnade des Fidelis“, erklärte Ilg die Legende, sei es zu einer kurzfristigen Wiederbelebung gekommen und die Taufe möglich geworden. Für die damals gläubigen Menschen ein außerordentlich wichtiger Vorgang. Im „Buch der Kinder“ in Sigmaringen, das er eingesehen habe, seien zwischen 1730 und 1736 etwa 800 solcher Wundertaufen verzeichnet, darunter elf aus Riedlingen. 1736 sei auf Weisung des Bischofs Schluss gewesen mit diesem Sonderkult; ein aufgeklärter Katholizismus sei erreicht und solcher „Wildwuchs“ unterbunden worden.