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Mehr Bedürftige, weniger Waren: Die Tafelläden sind am Anschlag

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Riedlinger Tafelladen ist samstags stark frequentiert
Veröffentlicht:04.07.2022, 17:00

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Dass Riedlingen eine günstige Einkaufsstätte für Bedürftige braucht, haben vor 15 Jahren bereits Helga Pernice und Pfarrerin Helga Steible-Elsässer erkannt. Heute ist der 2007 eröffnete Tafelladen aus der Stadt nicht mehr wegzudenken. Jeden Samstag steht eine Traube von Menschen vor dem Geschäft, um für ihre Familien Lebensmittel für eine Woche verbilligt einzukaufen. Seit dem Ukrainekrieg hat sich die Zahl der Bedürftigen noch erhöht.

Ausgeklügeltes System

100 Personen seien es jeden Samstag, die mit ihrem Berechtigungsausweis Lebensmittel über die Tafel beziehen dürfen, sagt Tafelladenleiter Hans Petermann . Einem so großen Ansturm zur Ladenöffnungszeit wäre der kleine Laden in der Ziegelhüttenstraße nicht gewachsen.

 Ein Teil der ehrenamtlichen Helfer, die am Samstag im Tafelladen arbeiten.

Deshalb haben die ehrenamtlichen Helfer ein System ausgeklügelt, das das Einkaufen und das Zusammentreffen vieler Menschen entzerrt. Aufgeteilt in zwei Blöcke kommen Bedürftige in einer Woche in der ersten, in der nächsten Woche in der zweiten Gruppe zum Einkauf. Bereits zur Coronapandemie wurde der Verkauf vor den Laden ins Freie verlegt und das wird bis auf Weiteres beibehalten. Neu angekommene Bedürftige müssen warten bis zum Schluss.

Vermitteln und beschwichtigen

Neben dem Sortieren und Verteilen der Ware müssen die ehrenamtlichen Helfer derzeit auch manchmal vermitteln, erklären und beschwichtigen. „Unsere Stammkunden erwarten, dass sie zuerst und dann die ukrainischen Flüchtlinge versorgt werden“, erklärt Petermann die aktuelle Lage. Da müsse ab und zu auch mal ein ernstes Wort gesprochen werden. Der Grundgedanke des Tafelladens sei, allen Bedürftigen gleich zu helfen.

„Alle mit Berechtigungsausweis werden gleich behandelt, egal ob sie seit 20 Jahren oder neu in der Stadt sind“, sagt Petermann. Das erste Mal durften sich die ukrainischen Flüchtlinge kostenlos eindecken. Ab dem zweiten Einkauf mussten auch sie pro Einkauf sieben Euro bezahlen.

Vorgepackte Tüten mit Grundnahrungsmitteln

Vorgepackt haben die ehrenamtlichen Helfer Tüten mit Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Reis, Salz oder Zucker. Auch Eier oder Milch finden sich meistens darin. Alles andere sei abhängig davon, was der Tafelladen von den Lebensmittelbetrieben und Bäckern bekommt – Joghurt, Brot, Gemüse und Obst.

„Wir sind Bittsteller. Wir nehmen, was wir bekommen“, sagt Petermann, der sehr froh ist, dass alle Lebensmittler bis auf einen Discounter Waren zur Verfügung stellen. Auch die Bäcker aus Riedlingen und den Umlandgemeinden unterstützen die Tafel. Ohne sie alle ginge es nicht, so Petermann.

Die Lebensmittel werden von den Ehrenamtlichen Freitagnachmittag und Samstagmorgen eingesammelt. Unter der Kühlware seien auch Lebensmittel, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen oder ein bisschen darüber sind, erklärt Petermann. Das dürfe im Tafelladen noch abgegeben werden. Mindesthaltbarkeit heiße nicht, dass die Ware schlecht sei.

Lebensmittler kalkulieren knapper

Momentan kommt der Tafelladen mit dem Ansturm zurecht. Das liege vor allem am guten Stammpersonal, lobt Petermann die fleißigen Helfer, Fahrer, die Frauen, die im Hintergrund sortieren, und das Leitungsteam. Manchmal hätten sie Probleme, genügend Ware zu bekommen. Hier wird das vorsichtigere Agieren der Discounter und Bäckereien spürbar.

Die Teuerung bei den Energiepreisen und die höheren Kosten sorgen dafür, dass Lebensmittler und Bäckereien ebenfalls sparen müssen. Anstatt üppig zu produzieren oder zu bevorraten, werde knapper kalkuliert. Das sorge momentan für die Situation, dass mehr Leute vor der Tafelladen-Tür stünden bei weniger Ware. Allerdings hat Petermann immer noch ein Ass im Ärmel. Geht das Brot aus, weiß er, bei welcher Bäckerei er nochmals anfragen kann.

Dagegen gibt es Artikel, die nicht nur im Tafelladen nicht mehr zu bekommen sind. Auch hier fehlt es am Öl. Butter gehört ebenfalls zur Mangelware. Dagegen würden sie von Hühnerhaltern aus der Region ausreichend mit Eiern versorgt. Auch regionale Erzeuger steuern Kartoffeln, Obst oder Suppen bei. Und zurzeit reifen die Erdbeeren. „Dann gibt es zur Grundtüte eine Schale Erdbeeren dazu“, sagt Petermann.