Flohmarkt

Leben pur in der Innenstadt

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Tausende pilgern am Flohmarkt nach Riedlingen und genießen die Atmosphäre
Veröffentlicht:29.05.2016, 19:52

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Am Tag danach ist fast nichts mehr vom Flohmarkt zu bemerken. Sonntäglich still liegen die Riedlinger Gassen. Nur die gemalten Einteilungsstriche der Marktmeister auf den Straßen und die Verkehrsverbotsschilder sind noch die Überbleibsel eines grandiosen Flohmarkttags. Tausende Besucher waren am Samstag wieder in die Innenstadt gepilgert, um an den über 600 Ständen Kruscht oder Raritäten zu entdecken oder einfach nur die schöne Flohmarktatmosphäre in der Riedlinger Altstadt zu genießen. Fragt man sich nur: Woher kommen die denn auf einmal?

Karl-Heinz Locherer und Monika Jauch kommen aus Baltringen zum Riedlinger Flohmarkt. Gemütlich sitzen sie auf einem Sofa bei ihrem Stand am Rathaus und beobachten in der Sonne sitzend das Treiben auf dem Marktplatz. Die beiden sind nicht zum ersten Mal hier. Das können sie auch belegen. Denn vor Jahren haben sie mal eine schwarze Kladde mit der Aufschrift „Neufra“ auf dem Riedlinger Flohmarkt gekauft. Seither wird da Jahr für Jahr der Riedlinger Flohmarkt dokumentiert und bilanziert. Besonderheiten sind festgehalten, Bilder eingeklebt: Erinnerungsstützen vergangener Flohmarktzeiten, denn die Aufschriebe gehen zurück bis 2004.

Er ist aber schon viel länger in Riedlingen dabei. Locherer kennt den Markt noch aus seinen Anfängen. Denn seit über 40 Jahren, ab dem 2. oder 3. Flohmarkt überhaupt, war er jedes Jahr da. Ohne Ausnahme, „ich habe keinen versäumt“, sagt er. Mit 14 Jahren hat er seinen Opa begleitet, der damals Antiquitäten verkauft hat. Karl-Heinz Locherer ist dem Markt seither treu geblieben. Auch er hat später noch mit Möbeln gehandelt, doch das hat der 56-Jährige inzwischen aufgegeben. So findet sich am Stand die normalen Antiquitäten und Raritäten des Flohmarkt-Sortiments: Flaschen, Puppen, Bücher, Krüge und dieses Mal eben auch ein Sofa.

Real funktioniert es auch

Trotz Internet, E-Bay, trotz Amazon: Der reale Flohmarkt unterstützt von Live-Musik an verschiedenen Ecken der Stadt funktioniert noch immer. Zumindest in Riedlingen. An diesem Tag ist in der Stadt alles ein bisschen anders. Die Leute sind gut drauf, alle sind etwas lockerer. Die Menschen haben Spaß. Trotz Gedränge und Geschiebe ist Stimmung wie auf einem Festival.

Dabei hatte es am Morgen gar nicht so gut ausgesehen. Vom fast schon sprichwörtlichen guten Wetter beim Riedlinger Flohmarkt war zunächst nichts zu sehen. Um 6 Uhr nieselte es. So mancher Standplatz blieb deswegen zunächst auch leer. Doch ab 7 Uhr riss der Himmel auf und die Leute strömten in die Innenstadt. Um 12 Uhr ging in der Langen Straße kurze Zeit gar nichts. Die Massen drückten durch die Gassen. Wer um die Uhrzeit unterwegs war, musste Geduld mitbringen und alles etwas gemächlicher angehen lassen. Denn schnell ging gar nichts – muss es aber auch nicht beim Flohmarkt. Da braucht man Zeit. Auch zum Reden. Denn an jeder Ecke trifft man Bekannte, mit denen man einen Plausch halten kann. Auch Exil-Riedlinger zieht es am Flohmarkt her, um wieder einen Tag dem Heimatgefühl zu fröhnen.

Der geübte Flohmarktgänger hat einen Rucksack auf dem Buckel, um die Raritäten einzuladen, von denen er nicht wusste, dass er sie wollen wird, als er von Zuhause aufgebrochen ist. Aber an einem der vielen Stände zwischen Georgskirche, Weibermarkt und Stadthallenplatz findet man immer etwas. Ein klassisches Buch, eine CD oder ein Kleidungsstück. Aber auch Kronleuchter, antike Handwerksgeräte, Lego-Steine, alte Fenster, Knöpfe, ausgestopfte Hasen, ein Kaffeeservice oder Christbaumkugeln wechselten den Besitzer; auch alte Bravo-Hefte mit Freddy Quinn oder Roy Black auf dem Titelcover und so wichtigen Themen wie „Knigge für Verliebte“. Wer wird da nicht schwach?

Friedemann Sautter aus Altheim hat etwas ganz anderes entdeckt. Eine alte NSU-Quickly ist ihm ins Auge gestochen. Die ist schon etwas rostig und wohl auch nicht mehr ganz fahrbereit, aber Sautter ist dennoch interessiert. Denn das Fahrzeug weckt Erinnerungen. Als Jugendlicher ist er mit dem Moped gefahren, hat daran ’rumgeschraubt. Doch noch kann er sich nicht dafür entscheiden. 600 Euro will der Händler. Auch nach Verhandellungen ist dem Oldtimer-Liebhaber der Preis zu hoch. So zieht er erst mal mit der bereits erworbenen Milchkanne von dannen, um vielleicht später wieder zu kommen.

Trotz kurzem Schauer um 13.30 Uhr geht der Flohmarkt bei blauem Himmel und Sonnenschein zu Ende. Als die Händler schon zusammenpacken, stehen viele Besucher noch bei den Bühnen und lauschen den Livebands: Rockmusik, Dixi, Country oder Blues stand zur Auswahl. Ein schöner, friedlicher Flohmarkttag ging zu Ende. Und was wird in der Kladde von Monika Jauch über den Flohmarkt 2016 stehen? „Etwas weniger Besucher. Aber viele nette Gespräche am Stand mit ausgesprochen netten Leuten.“ Seiten 16 und 17

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