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Held

„Für mich ist das selbstverständlich“

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

„Für mich ist das selbstverständlich“
Veröffentlicht:20.10.2016, 18:13

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Richard Seibold ist ein ganz normaler Bürger der Stadt Riedlingen . Er wohnt im Stadtteil Daugendorf , ist 46 Jahre alt und arbeitet in der IT-Abteilung eines Regal-Herstellers in der Region. Doch am Pfingstmontag wurde er unverhofft zum Helden . Gemeinsam mit einer Frau stürmte er mitten in der Nacht in ein brennendes Haus am Marktplatz , um die Bewohner zu retten . Die „Schwäbische Zeitung“ und die Kreissparkasse Biberach finden, das ist eine Auszeichnung wert. Richard Seibold gehört deshalb zu den „Besonderen Menschen“ aus dem Landkreis Biberach.

„Ich habe nicht darüber nachgedacht, ob ich es tun soll oder nicht“, erklärt Richard Seibold einige Tage nach dem Großbrand Ende Mai. Er hat es einfach gemacht. Am Abend des Pfingstsonntags war Seibold in der Riedlinger Altstadt unterwegs gewesen, Leute treffen, sich unterhalten – schließlich war am Montag Feiertag. Kurz nach halbeins rief er sich ein Taxi, das ihn nach Hause – nach Daugendorf – bringen sollte. Er wartete am Marktplatz. Neben ihm stand ein Pärchen, das er nicht kannte, auf das er aber schon zuvor in einem Café getroffen war.

Was ist zu tun?

„Da war dann so ein komisches Geräusch, bei dem man sich denkt ,Was tut denn da so?’“, erzählt er. Als die Drei dann Funken aus einer Dachgaube am Drogerie-Gebäude schlagen sehen, ist allen klar, dass man die Feuerwehr rufen muss. „Ich habe mein Handy rausgeholt, aber dann gehört, dass der Mann schon mit der Feuerwehr sprach.“ Die junge Frau sei zum Haus gerannt und er, Seibold, hinterher.

„Sie hat mindestens genauso geholfen wie ich“, betont er. Beide rannten nach oben. Wegen des Klingelns und der lauten Rufe standen die Bewohner schon im Treppenhaus vor ihren Wohnungen. Nachdem es gelungen war, die verschlossene Tür zur zweiten Wohnung im Dachgeschoss zu öffnen, quoll sofort dichter Rauch heraus.

Dass niemand zuhause war, habe er nicht wissen können, sagt Seibold. Spielzeug sei herumgelegen. „Das war sehr schlimm“, erinnert er sich. „Ich habe dann kurz überlegt, was jetzt überhaupt zu tun ist.“ Auf seine Rufe, ob da jemand ist, kam keine Antwort. Hinter einer Tür knisterte und prasselte es laut. Der erste Feuerlöscher, der ihm in die Hände gedrückt wurde, funktionierte nicht. Seibold rief nach einem zweiten. „Ich hoffe, ich bin da nicht ausfällig geworden“, sagt er. Was er genau gerufen hat, weiß er heute nicht mehr. Alles ging wahnsinnig schnell.

14 Minuten

Zwischen Seibolds Taxi-Anruf und dem Rückruf des Fahrers, dass er nun da sei, liegen gerade mal 14 Minuten. Da stand er mit den anderen schon wieder unten auf der Straße. Noch im Haus, hatte die junge Frau einen weiteren Feuerlöscher gebracht. „Sie meinte, sie hat ihn kaum von der Wand bekommen“, erzählt Seibold. Inzwischen hatte ihm auch jemand gesagt, dass in der Wohnung niemand zu Hause ist.

Was gewesen wäre, wenn auf seine Rufe doch jemand geantwortet hätte, hat ihn vor allem in den Tagen danach beschäftigt. „Ich hätte nicht gewusst, ob ich mit dem Wenigen, was ich hatte, noch hätte helfen können.“ Wäre ich überhaupt bis zu der Person durchgekommen? Hätte ich den Mut dazu gehabt? Das sind Fragen, die Seibold durch den Kopf gegangen sind.

Gleich Rauchmelder installiert

Heute denkt er öfter darüber nach, wie es sein muss, selbst betroffen zu sein – wenn einem die Flammen in wenigen Minuten alles nehmen, was man hat. „Ich bin immer noch überrascht, wie schnell das geht“, sagt er.

Wenige Tage nach dem Brand hatte Seibold erklärt, gleich für Rauchmelder in der Wohnung seiner Tochter sorgen zu wollen, sollte diese einmal ausziehen. Inzwischen ist sie ausgezogen – und natürlich sind die Rauchmelder installiert. Für ihn selbst sei das immer schon wichtig gewesen, sagt Richard Seibold. Zehn Stück sind in seinem Haus montiert.