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Betriebsratswahl

Betriebsratswahlen: Oft geht’s um Kurzarbeit, bei Silit um Mehrarbeit

Riedlingen / Lesedauer: 3 min

Betriebsratswahlen: Oft geht’s um Kurzarbeit, bei Silit um Mehrarbeit
Veröffentlicht:04.03.2010, 15:10

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Dieser Tage stehen viele Betriebsratswahlen an und sie stehen ganz im Zeichen der schweren Wirtschaftskrise. Nicht allerdings bei den Silit-Werken Riedlingen, wo am Dienstag gewählt wird. Ob wie hier Mehrarbeit oder Kurzarbeit – die IG Metall wirbt für eins: wählen gehen.

Von unserem Redakteur  Markus Dreher

Die Krise bestimmt zurzeit die tägliche Arbeit der Betriebsräte gerade im hart betroffenen Metallsektor – und sie erschwert die anstehenden Wahlen. Beschäftigten auf Kurzarbeit kann man die Wahlunterlagen nicht auf dem Weg zur Schicht in die Hand drücken. „Das sind Bedingungen, wie wir sie noch nie hatten“, sagt die zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ulm-Biberach, Liane Papaioannou . Sie betont aber, dass „jeder mit einem Arbeitsverhältnis wählen darf“ – auf Kurzarbeit genauso wie Minijobber und Leiharbeiter.

Die Gewerkschafterin wirbt für eine hohe Wahlbeteiligung als Maß der Qualität: „Ein Betriebsrat kann nur stark sein, wenn die Wähler ihm den Rücken stärken.“ Das mache sich für die Beschäftigten bezahlt: Wo ein (starker) Betriebsrat existiere, gebe es mehr Lohn, gehe es für beide Geschlechter, Minderheiten und Leiharbeiter gerechter zu. Nur dort könne über einen Sozialplan verhandelt werden, wenn Entlassungen unvermeidlich werden sollten. „Viele gesetzlichen Regelungen kommen ohne Betriebsrat gar nicht an“, sagt Papaionannou.

Auch die Unternehmen profitieren aus ihrer Sicht von funktionierenden Betriebsräten. Firmen mit Räten würden die Vorteile erkennen: schnelle und verbindliche Vereinbarungen statt Verhandlungen mit jedem Einzelnen. Ein Paradebeispiel für ein „wunderbares Zusammenspiel“ ist Silit . Für das Riedlinger Werk gab es zwei Standortsicherungsverträge, die Beschäftigten nahmen harte Einschnitte in Kauf. Im Sommer gab es Kurzarbeit, aber nicht lange; jetzt brummt der Laden und der Betriebsrat kümmert sich um die Regelung von Mehrarbeit.

Hier stehen die Betriebsratswahlen also unter anderen Vorzeichen als anderswo. Sie finden am nächsten Dienstag statt und der Betriebsratsvorsitzende Anton Lehmann gibt als Ziel eine Wahlbeteiligung von 70 Prozent aus. Bei derzeit mehr als 300 Beschäftigten dürfen zum ersten Mal die 35 bis 40 Leiharbeiter in der Firma selbst wählen, nicht nur im Verleihbetrieb.

Der Silit-Betriebsrat besteht aus neun Mitgliedern, einer ist freigestellt. Zur Wahl stehen zwölf Kandidaten, was Lehmann nicht ganz zufrieden stellt. Aber immerhin besteht Auswahl. Gewählt wird ohne Listen, „so kann jeder seine Stimme der Person geben, der er vertraut“.

Lehmann, seit 1998 im Betriebsrat und seit 2002 freigestellter Vorsitzender, legt trotzdem Wert auf den engen Kontakt zur IG Metall. „Ohne ihre Unterstützung könnten wir mit den ganzen rechtlichen Sachen nicht auf dem Laufenden bleiben und wären erpressbar“, sagt er.

Andere Unternehmen im Raum Riedlingen haben ebenfalls Betriebsräte, aber Einzelheiten und Wahltermine sind der IG Metall nicht bekannt. „Wir können nicht von uns aus in die Betriebe gehen“, sagt Papaioannou. Arbeitnehmer müssen auf die Gewerkschaft zukommen, wenn sie fachliche, organisatorische und juristische Hilfe bei der Arbeit oder Neugründung von Betriebsräten wollen. Wer nicht gleich zur IG Metall will, dem sagt Silit-Betriebsrat Lehmann: „Auch ich gebe gerne Auskunft.“

In Ulm, dem Alb-Donau-Kreis und dem Landkreis Biberach gibt es nach Schätzungen der IG Metall Ulm-Biberach rund 48000 Beschäftigte im Metallsektor. 38000 davon werden in 105 Betrieben von 750 Betriebsmitgliedern vertreten. Drei Viertel aller Betriebsräte stellt die IG Metall. Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle und in großen Betrieben gibt es eher Betriebsräte als in kleinen – das Gesetz sieht sie aber für alle Firmen ab fünf Mitarbeitern vor.