Hundersingen

„Backen ist eine Kunst“

Riedlingen / Lesedauer: 5 min

Susanna Rupp will beste Jungbäckerin Deutschlands werden – und blickt gerne auf ihre Lehrzeit in Altheim zurück
Veröffentlicht:23.11.2020, 05:00

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Sie ist in diesem Jahr landesweit der beste Bäcker-Lehrling in Baden-Württemberg: Susanna Rupp aus Hundersingen. Ihr Ausbilder Oliver Unger , Chef der gleichnamigen Bäckerei in Altheim, sagt über die 22-jährige Bäckergesellin: „Sie legt Wert auf Genauigkeit. Und sie weiß, was sie will. Wir sind sehr stolz auf sie.“ Im kommenden Mai wird Susanna Rupp am Bundesentscheid der derzeit besten deutschen Jungbäcker teilnehmen, die in diesem Jahr ihren Lehrbrief als Bäckergesellen erhalten haben. SZ-Redakteur Kai Schlichtermann hat mit Susanna Rupp über ihre Zukunftspläne, das Besondere ihrer Ausbildung in Altheim und Lieblingsbackwaren gesprochen.

SZ: Frau Rupp, Sie sind nicht nur gelernte Bäckerin, sondern auch ausgebildete Konditorin. Warum haben Sie nach Ihrer Konditorlehre in Neu-Ulm ausgerechnet bei der Bäckerei Unger in Altheim angeheuert?

Rupp: In meiner Freizeit bin ich eine leidenschaftliche Reiterin und wollte unbedingt auf den Hof meiner Tante in Hundersingen ziehen, denn sie hat dort Pferde. Nach meiner Ausbildung zur Konditorin in Neu-Ulm siedelte ich tatsächlich nach Hundersingen um und suchte mir eine entsprechende Stelle. Bei meinen Recherchen nach einem passenden Job stieß ich auf die Bäckerei Unger, die tatsächlich eine Konditorin suchte. Leider war die Stelle bereits vergeben, aber Oliver Unger bot mir an, als freie Mitarbeiterin in der Backstube auszuhelfen. Auf das Angebot ging ich ein und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mein Interesse am Bäckerhandwerk wuchs und wenig später bot mir Herr Unger eine Stelle als Auszubildende an.

Sie haben ja dann unter Beweis gestellt, dass Sie exzellente Leistungen hervorbringen. Welche besonderen Fertigkeiten kann denn eine angehende Bäckerin in dem Altheimer Betrieb von Oliver Unger lernen?

Oliver Ungers Arbeit mit dem Holzofen ist etwas ganz Besonderes, denn nicht jeder Bäcker arbeitet mit dieser Methode. Diese ursprüngliche Herstellungsart spiegelt eine besondere Back-Philosophie wider. Man muss ein gutes Gespür und Timing haben, wenn die Dinkelbrotteiglinge in den zuvor mit Fichtenholz-Glut erhitzten Ofen gelegt werden. Der Steinboden des erhitzten Backraums darf nicht zu heiß sein, das backende Brot muss sein Aroma entfalten, die Kruste muss sich ausprägen. Das ist eine Kunst! Neben den handwerklichen Aspekten schätzte ich das familiäre Arbeitsklima sehr.

Inzwischen haben Sie einen Vorbereitungskurs für die Konditorprüfung an der Johannes-Gutenberg Berufsschule in Heidelberg belegt und wollen im kommenden Jahr die entsprechende Prüfung absolvieren. Zugleich werden Sie am Bundeswettbewerb der besten deutschen Bäckerlehrlinge im Mai 2021 teilnehmen. Was bedeutet Ihnen das?

Die Meisterschule hat für mich oberste Priorität. Aber beim Bundeswettbewerb in Weinheim nehme ich teil, um sicherlich nicht Zweite zu werden. Dieser Wettbewerb wird an der Fachakademie des deutschen Bäckerhandwerks stattfinden. Das ist eine führende Fachschule in einem alten und luxuriös ausgebauten Waldschloss, in dem internationales Publikum verkehrt. Dort war ich schon mal für eine Fortbildung untergebracht. Allerdings kenne ich noch nicht die genau Begebenheiten des Wettbewerbs. Deshalb kann ich mich nur im Rahmen der Meisterschul-Lehrgangs vorbereiten. Dort trainiere ich mitunter nach meinen Kursen bis in den späten Abend. Vermutlich werde ich beim Wettbewerb ein Brot, Plunder, Klein- und Schaugebäck sowie eine Torte herstellen müssen – innerhalb von fünf Stunden.

Welche Visionen haben Sie für Ihre Karriere in den kommenden Jahren? Kehren Sie vielleicht nach Altheim zurück?

Noch weiß ich nicht, wie es bei mir beruflich weitergehen wird. Ich will mir einige Dinge offenhalten. Grundsätzlich könnte ich mir vorstellen, eine Meisterstelle in einer Bäckerei anzutreten, in der ich leitend tätig bin. Denkbar wäre auch, eine Position im schulischen Unterricht. Die Arbeit im Vertrieb von Backmaschinen fände ich ebenfalls interessant. In jedem Fall empfinde ich den Beruf des Bäckers als facettenreich. Da Hundersingen so etwas wie meine Heimat geworden ist, halte ich es für denkbar, dass ich mich dort irgendwann wieder niederlasse.

Ihre bisherige Karriere sieht perfekt aus, Sie scheinen Ihr Handwerk zu beherrschen. Welche Kunstgriffe oder Arbeitsgänge fallen Ihnen schwer?

Eigentlich bin ich ein Langschläfer. Trotzdem ist es kein Problem für mich, früh aufzustehen. Allerdings ist das Bild vom Bäcker, der in der Nacht aufsteht, um seiner Arbeit nachzugehen, zunehmend ein Stereotyp. Na klar, wir mussten in Altheim auch um drei Uhr morgens in der Bäckerei anfangen. Aber in Zeiten der Hochtechnologie und Digitalisierung gibt es inzwischen zahlreiche Bäckereien, die in Tagschichten arbeiten. Wenn ich in der Meisterschule neue Rezepturen ausprobiere oder experimentiere, geht schon mal das eine oder andere schief. Anfällig für Fehler wird man immer dann, wenn man Routinearbeiten unaufmerksam nachgeht.

Wo schmecken Ihrer Meinung die Backwaren jenseits deutscher Grenzen am besten?

Vorreiter im Bereich Konditorei und Bäckerei sind die Franzosen. Ich habe schon Fachreisen ins Elsass und nach Lyon unternommen und stelle dann immer wieder fest: Die dortigen Produkte in Patisserien sind sehr hochwertig. In Frankreich gibt es einfach ein anderes Qualitätsverständnis für Backprodukte. Das wird mehr geschätzt als in unseren Breiten. Dort werden auch andere, bessere Rohstoffe verwendet. Die Bäckereien können allerdings auch höhere Preise verlangen. Mein Lieblingsgebäck: das klassische Baguette und Croissant.

Sind Sie noch ab und zu in Altheim und besuchen die vormaligen Kollegen in der Bäckerei Unger?

Ja, wenn ich in Hundersingen bin, schaue ich vorbei und sage Hallo und kaufe oftmals ein Holzofenbrot. Dann erinnere ich mich auch an die Pausen, als ich noch bei der Bäckerei gearbeitet habe. Man isst die Produkte, die man selbst gebacken hat. Das ist total schön. Das verbinde ich mit Heimat.