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Andachtsbilder und Spielzeug-Auto

Riedlingen / Lesedauer: 6 min

Handel und Wandel beim Riedlinger Flohmarkt, fröhliche Menschen, gute Begegnungen und viel Musik
Veröffentlicht:19.05.2019, 14:09

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Ein abruptes, weil nasses Ende nahm der Riedlinger Flohmarkt am Samstag kurz nach 16 Uhr. Bis dahin war eitel Sonnenschein. Viel gute Laune bestimmte das Ereignis, das über 600 Händler und Tausende von Besuchern in die Donaustadt führte, um zu schauen, zu feilschen, zu kaufen und zu verkaufen, aber auch alte Bekannte zu treffen oder neue Menschen kennen zu lernen, Musik zu hören, Deftiges oder Süßes zu genießen und hier und da, sich und anderen zuzuprosten.

Marion Kiefer aus Riedlingen erinnert sich, dass es der frühere RGW-Vorsitzende Karl Hille war, der ihr zum ersten Flohmarkt-Stand verhalf. Wann das war, weiß sie nicht mehr genau. Dass sie schon früh am Morgen einen Tisch und sechs Stühle verkauft und damit einen Studenten aus Biberach glücklich gemacht hat, freut sie. Was sie in ihrer langen Flohmarkt-Karriere besonders verblüffte: 2018 hatte sie eine ganze Kiste voll mit Leinen-Bettwäsche in einem ungewöhnlichem Maß. Sie verkaufte sie auf einen Rutsch an eine Kundin.

Kornelia Eisele aus Altheim agiert neben ihrer Tochter, die etwas müde Augen hat. „Um 3 Uhr klingelte der Wecker“, verrät die Vorsitzende des Riedliner City- und Marketing-Vereins, der das Herz angesichts eines solchen Events in Riedlingen höher schlagen muss. Dank der Haushaltsauflösung der Mutter konnte sie ihren Stand reich bestücken und sieht sich beim Verkauf der vertrauten Dinge einem Wechselbad der Gefühle gegenüber. Was sie registriert, ist das unterschiedliche Kaufverhalten der Flohmarktbummler, das jedoch bei „durchweg netten Begegnungen“. Eine davon hatte sie mit einem Mann, der frühmorgens einen Koffer bei ihr erwarb. Den nutzt er nun als Depot. Immer wieder kehrt er mit der einen oder anderen Errungenschaft an ihren Stand zurück. Lächeln muss sie über den liebevollen Disput eines Ehepaares, griff die Frau doch zur Suppenterrine. „Der achten“, wie ihr Mann kopfschüttelnd vermerkte und fürchtete, dass es bei ihnen zu Hause künftig „nur noch Suppe gäbe“.

Große Geschäfte mache man beim Riedlinger Flohmarkt nicht, heißt es ein paar Stände weiter, aber er sei „unterhaltsam“. Den Unterhaltungswert, aber auch die Vermittlung von Neuigkeiten unterstreicht denn auch Doris Ocker aus Altheim . Seit 17 Jahren etwa haben sie und ihr Mann Ulrich einen Stand auf dem Flohmarkt. Außer von aussortierter Kleidung profitieren sie von der Haushaltsauflösung einer alten Tante. Von ihr stammt als gebundene Ausgabe „Monika“, die „Zeitschrift für katholische Mütter und Hausfrauen“ aus dem Jahre 1914. Was überrascht, schon damals gab es Werbung, für Knabenmode von Bleyle etwa.

In der Nähe des Kaplaneihauses sind zwei Männer am Werk. Josef Paukner und Dr. Berthold Müller aus Riedlingen, die mit dem Erlös das Schulprojekt von Pfarrer Dr. Emanuel Sawadogo in Burkina Faso unterstützen. Die Marderstolen um den Hals und die Pelzkappe auch bei sommerlichen Temperaturen auf dem Kopf sind das Erkennungszeichen Müllers, der darob auch schon Kritik erntete. Er nimmt’s gelassen, wie auch die Umarmung einer Fremden, die sich mit ihm fotografieren lässt. Aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis wird der Stand für die gute Sache bestückt. Als „alter Flohmarkt-Hase“ weiß Müller, dass man „die guten Sachen morgens verstecken muss“, dann nämlich, wenn die Profi-Händler über den Markt ziehen, ihre Schnäppchen machen, um sie später weiter zu verkaufen.

Einer unter ihnen ist Georg Britsch, der ganz offen erzählt, was er sich am Morgen beim Gang über den Markt an Land gezogen hat. Besonders stolz ist der Bad Schussenrieder, der antike Möbel professionell aufbereitet und verkauft, über eine schmiedeeiserne Garderobe. Für eine Kamin-Uhr hat er schon einen Kunden, ein restaurierungsbedürftiges Büffet ist bei ihm in guten Händen, ein Konsolentisch steht ganz vorne bei den Angeboten und zu einem klassizistischen Spiegel sagt er: „Man muss es halt wissen“.

Er ist mit seinem Stand mit edlen Möbeln vom Wochenmarkt auf den Marktplatz umgezogen. Ab 11 Uhr mit lauter Musik beschallt zu werden und sich kaum noch mit Kunden beraten zu können, war der Grund dafür. Auf dem Marktplatz gibt’s auch Musik, aber „Tschäss Bräss“ lässt noch Unterhaltungen zu. Das Ensemble hat sich übrigens ins Zeug gelegt und einen „kleinen Flohmarkt-Song“ über das „Flohmarktfieber in der Stadt“ gedichtet.

Das hat Willi Mayer aus Langenenslingen schon lange gepackt, aber auch die Sammelleidenschaft. Dass der Restaurator einst ein Antiquariat in Freiburg betrieb, verrät seine Frau Roswitha. Daraus stammen auch noch alte Bücher. Mehr nachgefragt sind an diesem Samstag jedoch die Postkarten, die er nach den alten Postleitzahlen sortiert hat. Am Nachmittag schließlich taucht er mit einer ganzen Kiste von kleinen Andachtsbildern, von feinen Papierspitzen umgeben, auf. Eine andere Händlerin hat sie für ihn aufgehoben. Er zeigt sie Eberhard Schneider aus Unlingen, der mit einem Spazierstock unterwegs ist. Als „Altersvorsorge“ bezeichnet er, was er zuvor am Stand der Realschule erworben hat. Dass Mayers nicht mehr an ihrem angestammten Platz unter dem Rathaus-Giebel zu finden waren, hat mit dem Storchennest direkt darüber zu tun…

Dr. Christa Enderle konnte nicht widerstehen, ihre Steiff-Sammlung zu ergänzen, eine kleine Katze, ein noch kleinerer Pinguin und ein winziges Vögelein hat sie sich gegönnt. Die größte Freude war jedoch, dass sie nach 40 Jahren „ein Nachbarsmädle“ wiedergetroffen hat.

Eine große Auswahl an Steiff-Plüschtieren bietet Helga Körner aus Deggingen bei Göppingen an, die solche seit rund 20 Jahren sammelt. Schwierig sei die Wahl, was man mitnimmt und was nicht, gesteht sie. Ist es Hochwertiges, wie die Rosenthal-Kaffeekanne, die sie im Angebot hat, kann es sein, dass keiner 27 Euro dafür ausgeben will. Andererseits werde auch der Teller für drei Euro wieder weggestellt. Bei den Steiff-Tieren wollte am Morgen eine Frau einen Hahn, mit dem konnte sie nicht dienen. „Jetzt hat sie eine Henne mitgenommen“. Sie sei „gerne hier“, betont die Händlerin, die bereits seit 2 Uhr auf den Beinen ist und gerade etwas Ungewöhnliches erlebt hat. Ein Mann hat sich in einen kleinen Spielzeug-Lastwagen verguckt. Mit „vier Euro“ hat sie den Preis beziffert. Er streckt ihr einen Fünf-Euro-Schein entgegen und sagt: „Passt“.

Gleich gepasst hat der Riedlinger Stadträtin Gudrun Liebhart das karierte Woll-Jackett, das sie jetzt wärmt. Und der Schal um zwei Euro war ein Schnäppchen. Solche zu machen oder auch viel Geld für Raritäten anzulegen, das ist Sinn und Zweck eines Flohmarktes und einfach wunderschön, vor allem in Riedlingen, wo auch die Musik Bedeutung hat, so auch wieder auf der Donau-Insel.