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Blasmusik

Sinfonische Blasmusik hat ganz eigenen Klangreiz

Ochsenhausen / Lesedauer: 3 min

Sinfonisches Jugendblasorchester Baden-Württemberg konzertiert in Ochsenhausen auf höchstem Niveau
Veröffentlicht:04.06.2018, 16:27

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Das Sinfonische Jugendblasorchester Baden-Württemberg ist am Sonntagabend im Bräuhaussaal in Ochsenhausen unter Leitung des Chefdirigenten Felix Hauswirth mit einem höchst interessanten Programm aufgetreten. Mit einer Ausnahme hörten die Besucher Musik aus dem 20. und 21. Jahrhundert. Das Orchester besteht aus 45 Musikern zwischen 14 und 21 Jahren.

Zu den Bläsern gesellten sich ein großes Schlagwerk-Ensemble, Klavier und Kontrabass. Und es waren zwölf junge Dirigenten aus zehn Nationen, die wechselweise die musikalische Leitung übernahmen. Wie Felix Hauswirth im Gespräch mit der SZ erläuterte, war das Orchester vier Tage zu einem Intensivseminar an der Landesmusikakademie. Zwei Tage hatte er mit den Musikern das Programm vorbereitet und die jungen Dirigierstudenten in ihre Aufgaben eingewiesen. Alle zwölf, darunter vier Frauen, erhielten ihr Dirigierzertifikat.

Fliegender Dirigentenwechsel

Es ist ein großklängiger Einstieg mit „Pershing“ von Gregory Fritze ins Konzert gewesen. Volles Blech knallt sofort los, mutiert zu weichem Melos mit kurzen Klarinetten- und Flötensoli. Nach südeuropäischem Schlagwerk-Intermezzo, beenden herausfordernde Orchestertutti das Stück. Der junge portugiesische Komponist J. Nelson gewann mit „Wolf Tears“ einen Kompositionswettbewerb. Nach weicher Eröffnung im Holz gibt es einen Übergang zu großem Blech mit stimmführenden Trompeten. Mittendrin ein fliegender Dirigentenwechsel während eines überbrückenden Paukentremolos. Es wird viel tongemalt, nasse Finger reiben auf Glasrändern musikantische Ruhepausen.

1879 hatte Antonin Dvorák seine „Tschechische Suite“ geschrieben. Das Präludium schildert in kleinteiliger Diktion eine Idylle, volksliedhaft elegisch. Die Romanze klingt lieblich, schwelgerisch. Mit feinem Melos und veredelter Harmonik singt ein Verliebter seine Angebetete an. Die zweivierteltaktige Polka klingt eher traurig, ein klangintensives zum Tanzen kaum geeignetes Konzertstück.

Erinnerungen an Musical

Adam Gorb schrieb zu seinen „Yiddish Dances“, dass das Werk „zwei meiner bleibenden musikalischen Leidenschaften zusammenbringt: das Symphonische Blasorchester und Klezmer“. Die Sätze basieren alle auf Klezmer-Tänzen. Den dritten Satz eröffnet die Konzertmeisterin auf ihrer Klarinette mit einer wunderschön gespielten Klezmer-Einleitung. Der erste und der vierte Satz erwecken stilistische und folkloristische Assoziationen zu den Tänzen im Musical „Anatevka“ von Jerry Bock. Der Amerikaner David Maslanka schrieb 2006 „Gib uns diesen Tag“. Anfangs atonale Elemente werden zu großtönigem Raumklang, emporgerichtet als Anbetung einer höheren Macht. Großem „Tutti-Musikdrama“ steht pianozauberndes Holz gegenüber. Maslanka malt atemberaubend schön Menschen, Landschaften, Stimmungen.

Das offizielle Programm endete mit Danzón No. 2 von Arturo Márquez, rhythmisch, mexikanisch-spanisch, wild. Das Stück ist eine der populärsten und am häufigsten gespielten orchestralen mexikanischen zeitgenössischen Kompositionen klassischer Musik. Die Musiker badeten mit Begeisterung und ausgelassener künstlerischer Disziplin in den wilden Rhythmen. Als Zugabe erklang ein völlig unerwarteter, aber umso mehr stimmungsexplodierender Reißer: „Berliner Luft“ von Paul Lincke. Da blieb kein Auge trocken und keine Hand ohne intensives und ausgedehntes Applaudieren.

Hauswirth und die Nachwuchs-Dirigenten hatten mit den Bläsern kunstvoll abgestufte, auch ohrschmeichelnde Klangbilder erarbeitet. Die Dirigenten führten mit durchaus unterschiedlichen Schlagtechniken kompetent und sorgfältig durch die Partituren. Die Musiker beherrschten ihre Instrumente ausgezeichnet, wie auch bei vielen Soli zu hören war. Das war hohe Schule sinfonischer Blasmusik.