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Bräuhaussaal

Geistliche Musik mit überirdischem Wohlklang im Bräuhaussaal

Ochsenhausen / Lesedauer: 3 min

Der Akademische Chor und das Akademische Orchester Stuttgart gastieren in Ochsenhausen mit Verdis Requiem
Veröffentlicht:27.01.2020, 17:45

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Der Akademische Chor und das Akademische Orchester Stuttgart haben am Sonntagnachmittag im Bräuhaussaal in Ochsenhausen das von Giuseppe Verdi komponierte Requiem aufgeführt. Chor und Orchester mit jeweils mehr als 100 Musikern stehen seit 1988 unter Leitung von Universitäts-Musikdirektorin Veronika Stoertzenbach . Man hat von den Musikern und ihrer Dirigentin schon viele großartige Konzerte in Ochsenhausen gehört. Das Konzert am Sonntag war das Abschiedskonzert von Stoertzenbach als künstlerischer Leiterin. Sie ist weiterhin Lehrbeauftragte für Chor- und Orchesterleitung an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik in Tübingen.

Der Text und der Ablaufplan des Werkes entsprechen fast durchgehend der römisch-katholischen Liturgie des Totengottesdienstes. Doch Verdis Werk ist, wie bei Berlioz und Brahms, ein Requiem, das allein für konzertante Aufführungen geschrieben wurde. Die instrumentale Besetzung entspricht einem Opernorchester. Die Gesangspartien sind die klassische Vierer-Besetzung mit Sopran (Marie-Pierre Roy), Mezzosopran (Diana Haller), Tenor (Christian Georg) und Bass (Patrick Zielke).

Zu Beginn ertönt ein machtvolles „Kyrie“, ein „Herr erbarme Dich“. Dann folgt die gewaltige Tonarchitektur des „Dies irae“ mit Fortissimo-Tutti von Chor, Orchester und Soli. Dieses „Dies irae“, auf Deutsch „Tag des Zorns“, mit schier monumentalen hochdramatischen Ausbrüchen ist der Text-Anfang eines mittelalterlichen Hymnus über das jüngste Gericht. Danach kommen wieder ruhigere Phrasen mit italienischem lyrisch-cantablem Melos. Immer wieder erwachsen stilistisch-harmonische Assoziationen zu Verdis Opern, so zum Autodafé im dritten Akt „Carlos“, und Phrasen der Chorbässe erinnern an die „Aida-Priester“. Eine große Schluss-Fuge steigert sich in eine Stretta, und Sopran und Chor bitten um Befreiung vom ewigen Tod.

Das Requiem ist ein Meisterwerk von unendlicher Größe, das sich letztlich einer differenzierten Betrachtung entzieht. Es ist – natürlich – sehr sängerbetont. Die vier Solisten, erfahrene und schön klingende Opern- und Oratoriensänger, wurden den hohen künstlerischen Anforderungen Verdis überzeugend gerecht, besonders die beiden Sängerinnen. Zu Beginn des Konzertes hatte Stoerztenbach ihre beiden Assistenten Lukas Bauer und Sebastian Herrmann vorgestellt. Die beiden jungen Dirigenten leiteten am Anfang der Aufführung jeweils eine musikalische Einheit. Danach übernahm Veronika Stoertzenbach. Sie arbeitete die musikalischen Differenzierungen bei Orchester, Chor und Solisten nuancenreich heraus, gestaltete die großen Linien zu machtvoll tönenden Klangarchitekturen.

Verdi war ein Anhänger des Risorgimento, der italienischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert, und freiheitliche Töne durchziehen in souveräner Wucht dieses große Werk. 1874 fand in Mailand die Uraufführung statt. Damit begann der internationale Siegeszug des Requiem. Es wird oft als „Verdis beste Oper“ bezeichnet. Der Komponist setzte das „Drama“ dieses Textes in packende Klangbilder um, vor allem in der überwältigenden Darstellung des „Dies irae“, des jüngsten Gerichts. Zusammen mit Beethovens „Missa solemnis“ ist das „Requiem“ der absolute Höhepunkt religiöser Musik des 19. Jahrhunderts. Der durchkomponierte Messetext verströmt Verdis Genie in seiner reinsten Form, seine Chöre, die Soli und Ensembles. Das war ein großer und außergewöhnlicher Konzertnachmittag im bis auf den letzten Platz gefüllten Bräuhaussaal.