StartseiteRegionalRegion BiberachOchsenhausenFörderverein warnt: Hungersnot droht in Piela und Bilanga

Förderverein

Förderverein warnt: Hungersnot droht in Piela und Bilanga

Ochsenhausen / Lesedauer: 5 min

Förderverein hilft bei der Aufklärung und den Hygienemaßnahmen
Veröffentlicht:28.06.2020, 16:48

Artikel teilen:

Der Förderverein Piela-Bilanga blickt gerade mit Sorge auf die Situation in Burkina Faso. Zwar gebe es im Moment keinen bestätigten Corona-Fall in der Region von Piela/Bilanga, doch durch den in Burkina Faso erfolgten „Lock-down“, der Abriegelung der Hauptstadt Ouagadougou , dem Schließen aller Märkte und dem Unterbinden des Verkehrs hätten sich die wirtschaftlichen Probleme des bitterarmen Landes in Westafrika weiter verschlechtert. Das teilt der in Ochsenhausen ansässige Förderverein in einer Pressemeldung mit.

Die Situation werde durch die 800 000 Binnenflüchtlinge aus dem Norden, die wegen des anhaltenden Terrors ihre Heimat verlassen, weiter verschärft. Dem Land drohe eine humanitäre Katastrophe, schrieben die Verantwortlichen ihren Partnern des hiesigen Fördervereins. Der Förderverein Piela-Bilanga engagiert sich mit Mitgliedern aus ganz Oberschwaben seit Jahrzehnten in der Region am Rande der Sahelzone. Laut WHO (Stand 22. Juni) haben sich in Burkina Faso 901 Menschen infiziert, 53 Tote sind zu beklagen. Auch wenn die Zahlen vorsichtig zu bewerten seien, da so gut wie nicht getestet werde. In der Gegend sei es jedoch auch nicht zu einer auffälligen Häufung von Krankheits- oder Todesfällen gekommen. Dies liege vielleicht auch an der schnell erfolgten Hilfe durch den Förderverein.

Schnelle Hilfe durch den Förderverein

Als Mitte März die ersten Fälle in Burkina Faso bekannt wurden, wandten sich die Verantwortlichen der Partnerorganisation Association Piela-Bilanga an ihre Freunde in Oberschwaben. Der Vorstand des Fördervereins handelte schnell und stellte bereits Ende März 5000 Euro für die Aufklärung der Menschen in der Region und für Hygienemaßnahmen zur Verfügung. Das Besondere: die Informationen sollten durch Lieder in der lokalen Sprache Gulmancema, gesungen von traditionellen Sängerinnen, den „Griotte“, übers Radio verbreitet werden, da die Mehrheit die Amtssprache Französisch nicht versteht und auch nicht lesen kann. Weiter sollten Plakate aufgehängt und Hygieneartikel wie Seifen, Desinfektionsmittel und Masken kostenlos verteilt werden.

Traditionell werden viele Informationen im ländlichen Burkina Faso durch Lieder an die Menschen gebracht. Die „Griots/Griottes“ unterhalten üblicherweise die Menschen bei Familienfesten und anderen Feiern. Sie genießen hohe Popularität. Auf dem Land, in dem es weder Zeitung noch Fernsehen gibt, spielt Radio in der Muttersprache eine sehr große Rolle. Über zwei Monate wurden die Spots täglich gesendet. Weiter gab es eine Sendung mit den Bürgermeistern und Ärzten des örtlichen „Buschkrankenhauses“. Die Hörer konnten vorab Fragen stellen. Weitere deutsche Vereine, die sich über Partnerorganisationen in der Provinz engagieren, halfen durch Spenden von Hygienematerial für das Krankenhaus oder die Schulen und die Bevölkerung.

Infektionslage in Burkina Faso

Fälle von Covid-19 waren zuerst in Bobo Diaoulasso im Süden des Landes aufgetreten, mutmaßlich eingeschleppt aus Europa. Eine Veranstaltung im Elsass, die auch für das Ausbruchsgeschehen in Frankreich eine große Rolle spielte, wird als „Hotspot“ vermutet. Es gab dort auch einige Besucher aus Burkina Faso. Die Regierung hatte sehr schnell gehandelt. Es gab strenge Kontaktbeschränkungen und nächtliche Ausgangssperren, weiter wurde der Großmarkt und die vielen kleinen Märkte in den Stadtvierteln geschlossen, Gottesdienste verboten, die Schulen geschlossen. Alle Läden, Kneipen, Restaurants und Läden mussten schließen. Die großen Städte Ouagadougou und Bobo Diaoulasso wurden gänzlich abgeriegelt, der Verkehr über das Land untersagt.

Die Einschränkungen trafen vor allem die Menschen hart, die in der „informellen Wirtschaft“ arbeiten. Die vielen Straßenhändler, vor allem Frauen, die Essen und Getränke auf den Straßen verkaufen. Zwar versucht die Regierung zu helfen und verteilt Grundnahrungsmittel. Umfangreiche Hilfen wie in Deutschland sind in dem bitterarmen Land jedoch undenkbar.

Die ländlichen Gebiete wie auch die Umgebung von Piela und Bilanga, deren Einwohner als Selbstversorgerbauern leben, traf es im ersten Moment weniger. Es fallen jedoch die Hilfen weg, die durch die Verwandten aus der Stadt das Überleben auf dem Land oft erst möglich machen. Auch die Überweisungen der Arbeitsmigranten, die in den Nachbarländern arbeiten, versiegen. Die Situation hat sich noch dadurch verschärft, dass Flüchtlinge aus den nördlichen Landesteilen, die vor dem dschihadistischen Terror fliehen, Unterschlupf und Hilfe bei ihren Großfamilien in der Region suchen.

„Wir überlegen uns, wie wir weitergehend helfen können, insbesondere den gestrandeten Flüchtlingen und den Behinderten, denen sonst keiner hilft, und sind im ständigen Kontakt mit unseren Freunden“, so der Vorsitzende Erwin Wiest. Den Menschen würden Getreide, Mais und Hirse zur Verfügung gestellt. Er hofft, dass sich die Pandemie weiterhin eindämmen und verhindern lasse.

Trotz der erschwerten Bedingungen gehen die geplanten Projekte weiter. Im vergangenen Oktober startete ein großes Bildungsprojekt: Zwei Sekundarschulen, eine in Tobou, einem Dorf in der Nähe von Bilanga, und die zweite Schule im Städtchen Piela selbst. Das BMZ (das deutsche Ministerium in der Entwicklungszusammenarbeit) hat mehr als 200 000 Euro genehmigt. Zusammen mit dem Eigenanteil des Vereins in Höhe von 70 000 Euro sollen die beiden Schulen jeweils mit Brunnen, den Latrinen, der Ausrüstung mit Schulmöbeln, Beleuchtung über Solarlicht und der Schatten-Bepflanzung erstellt werden. Dazu kommen Schulungen der Bevölkerung über die Themen Bildung, Verhinderung der Genitalverstümmlung von Frauen, Bevölkerungswachstum und Klimawandel, sogenanntes „Capacity Development“. In Tobou, einem Hauptort der Ländlichen Kommune von Bilanga, steht der Rohbau des Schulgebäudes, die Dorfbewohner befüllen den Fußboden, damit der Estrich aufgebracht werden kann. Weiter werden die Türen und Fenster eingebaut. Bis zum Beginn des neuen Schuljahres im September soll die „Mittelschule“ (Klasse sieben bis zehn) bezugsfertig sein. In Piela, Standort der weiteren Schule, ist der Rohbau bis auf Höhe des Ringankers fertig, der Brunnen ist gebohrt und liefert hygienisch gutes Wasser. Die Eltern hatten als „Eigenleistung“ Steine, Sand und Wasser zur Baustelle gebracht und die Zement-Hohlblocksteine gefertigt. Viele hundert Kinder haben so Zugang zur weiterführenden Schulbildung, die Voraussetzung für viele Berufe wie den des Krankenpflegers ist. Das Arbeiten gehen weiter, weitere Schulgebäude, das Gebäude für die Schulleitung, weitere Latrinen, die Bepflanzung des Schulhofs stehen auf der Agenda.