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Das Öchsle – von der Lebensader zur Touristenattraktion

Ochsenhausen / Lesedauer: 3 min

Im 20. Jahrhundert war das Öchsle ein wichtiges Verkehrsmittel – Heute lockt der Museumsbetrieb Tausende Fahrgäste an
Veröffentlicht:04.12.2020, 05:00

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Das Öchsle: Sein Name ist mit Ochsenhausen genauso fest verbunden wie jener der ehemaligen Benediktiner-Reichsabtei. 1899 als eine von insgesamt fünf Schmalspurstrecken der Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen mit Anschluss an die Südbahn in Betrieb genommen, ist sie seit Jahrzehnten im Museumsbetrieb. Jahr für Jahr lockt die Bahn Tausende Fahrgäste auf die Strecke zwischen Ochsenhausen und Warthausen.

Heute ist das Öchsle die letzte vollständig erhaltene Schmalspurbahn der Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen.

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Bereits 20 Jahre vor der offiziellen Inbetriebnahme hatten sich die Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen mit dem Bau eines 750-Millimeter-Schmalspurnetzes von Biberach über Ochsenhausen nach Memmingen befasst.

Die Bahn bot ungeahnte Möglichkeiten

Auch eine Verbindung von Ochsenhausen über Bad Wurzach nach Roßberg sowie nach Schwendi und Laupheim war angedacht – umgesetzt wurden von den ambitionierten Plänen aber nur wenige. Doch für die Strecke von Warthausen über Äpfingen, Sulmingen, Maselheim und Reinstetten nach Ochsenhausen wurde der Bau im Juni 1897 beschlossen und am 30. November 1899 in Betrieb genommen. Wenige Monate später ging es weiter bis nach Biberach.

Für die Menschen entlang der Strecke eröffneten sich für die damaligen Verhältnisse auf einmal ungeahnte Möglichkeiten. Innerhalb von nur 23 Minuten von Barabein (bei Warthausen) nach Biberach oder innerhalb von 54 Minuten in das 17 Kilometer entfernte Ochsenhausen: Vier Züge fuhren täglich von Biberach nach Ochsenhausen, vier von Ochsenhausen nach Biberach.

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Die Schmalspurbahn entwickelte sich zu einer echten Lebensader, Märkte und Geschäfte waren für die Landbevölkerung nun besser zu erreichen. Auch Waren konnten deutlich schneller transportiert werden: Güterwaggons mit normaler Spurweite, die nach Ochsenhausen sollten, mussten in Biberach auf sogenannte Rollböcke gesetzt werden.

1964 fuhr der letzte reguläre Personenzug

Nach dem Zweiten Weltkrieg, einen Aufschwung in der Nachkriegszeit ausgenommen, ging die Bedeutung der einstigen Lebensader nach und nach zurück. Der Straßenverkehr verdrängte jenen auf den Schienen. Bereits ab den 1950er-Jahren wurde der Fahrplan stark eingeschränkt, die Bahnhöfe Äpfingen, Maselheim und Reinstetten in Haltepunkte umgewandelt.

Am 31. Mai 1964 fuhr der letzte reguläre Personenzug zwischen Biberach und Ochsenhausen. Der Güterverkehr sollte aber noch fast 20 Jahre weiterlaufen.

Das 1953 in Ochsenhausen eröffnete Liebherr-Werk sorgte beim Öchsle für ausreichend Ladung, auch der Holztransport spielte eine nicht unbedeutende Rolle. Doch auch diese Nutzung täuschte nicht darüber hinweg, dass in den 1980er-Jahren die Zeiten einer Schmalspurbahn vorbei waren. Am 31. März 1983 fuhr der letzte Güterzug über die Strecke.

Es dauerte nicht lange, bis es erste Überlegungen gab, das Öchsle als Museumsbahn weiterzubetreiben. Doch erst der dritte Versuch sollte nach einigen Irrwegen zum Erfolg führen: 2001 wurde die Öchsle Bahn Betriebs-GmbH gegründet, am 1. Mai 2002 ging die Museumsbahn zum dritten Mal in Betrieb.

Die Zahl der Fahrgäster steigt immernoch

Die Betriebs-GmbH ist bis heute für den Fahrbetrieb verantwortlich, Hauptgesellschafter sind der Landkreis Biberach und die Stadt Ochsenhausen. Erwerb und Erhalt der Öchsle-Originalfahrzeuge ist wiederum Aufgabe des Schmalspurbahn-Vereins, bei dem schon mal 10.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden im Jahr zusammenkommen.

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Die Fahrgastzahlen konnten in den vergangenen Jahren – mit coronabedingter Ausnahme im Jahr 2020 – stets gesteigert werden, auch dank zahlreicher Sonderaktionen wie Nikolaus-, Western- oder Winterdampffahrten. Längst ist die Fahrt mit dem Öchsle ein Erlebnis und nicht mehr bloßes Mittel, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. 2019 stiegen an insgesamt 79 Tagen knapp 48.000 Fahrgäste ein.

Das Öchsle hat sich auf diese Weise längst zu einer der größten touris-tischen Attraktionen in Oberschwaben entwickelt. Auch dank des Schmalspurbahn-Vereins. Dieser wurde jüngst für das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement zum Erhalt der Museumsbahn auch mit dem Bürgerpreis der Denkmalstiftung Baden-Württemberg ausgezeichnet.