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Urteil

Lange Haft für Messerstecher aus Mittelbiberach

Mittelbiberach / Lesedauer: 3 min

Jugendkammer des Landgerichts stuft die Tat bei der Mittelbiberacher Fasnet als Mord ein
Veröffentlicht:21.07.2017, 09:44

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Das Landgericht Ravensburg stuft die tödliche Messerattacke eines 16-Jährigen gegen einen 17-jährigen Besucher des Fasnetsumzugs in Mittelbiberach als Mord ein und hat den Täter am Donnerstag zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sagte der Gerichtssprecher Franz Bernhard der „Schwäbischen Zeitung“.

Täter und Opfer waren am 11. Februar im Umfeld des Fasnetsumzugs in Mittelbiberach in Streit geraten. Im Verlauf der Auseinandersetzung zückte der zur Tatzeit 16-Jährige ein Messer mit sieben Zentimeter langer Klinge und stach dem Opfer nach Überzeugung des Gerichts „gezielt“ in den Unterleib, so der Sprecher. Dabei wurde unter anderem eine Beckenarterie durchtrennt und das 17-jährige Opfer verblutete trotz einer mehrstündigen Notoperation.

Opfer war arg- und wehrlos

Die Jugendkammer des Landgerichts, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt hatte, sah das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt: Das Opfer sei überrascht worden, dass der 16-Jährige im Verlauf der „relativ leichten Auseinandersetzung“ ein Messer gezückt habe, sagte Bernhard; deshalb habe sich das Opfer nicht wehren können.

Damit ging das Gericht über die Anträge der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger hinaus. Die Staatsanwaltschaft und der Vertreter der Familie des Opfers hatten auf Totschlag plädiert und eine Jugendstrafe von acht Jahren gefordert. Die Verteidigung hatte nach Auskunft des Gerichtssprechers auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert und drei bis vier Jahre Haft gefordert. Das Jugendstrafrecht war zwingend anzuwenden und der Strafrahmen reicht hier bis zehn Jahre, sagte Bernhard.

Außer der „Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit“ des Opfers spielte für die Bewertung des Gerichts eine Rolle, dass der Messerstich mit erheblicher Wucht und zielgerichtet in den Unterleib geführt worden sei. Die Richter sehen daher mindestens einen bedingten Tötungsvorsatz. Anders hätte das Messer nicht durch drei Schichten Kleidung neun Zentimeter tief in den Körper dringen können, sagte der Gerichtssprecher unter Berufung auf einen Sachverständigen. „Dieser hat klar gesagt, dass so etwas nicht zufällig passiert, dafür muss man bewusst einige Kraft aufwenden“, sagte Bernhard. Von einem fahrlässigen und unglücklichen Geschehen, wie es die Verteidigung dargestellt habe, kann nach Überzeugung der Richter keine Rede sein. Im Nachhinein lasse sich sagen, dass das Opfer aufgrund der Schwere der Verletzungen bei Einlieferung ins Krankenhaus keine Überlebenschance mehr gehabt habe und der Kampf der Ärzte aussichtslos gewesen sei.

Alkohol trübte Einsicht nicht

Der 16-Jährige sei zur Tatzeit leicht alkoholisiert gewesen, jedoch sei seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht in forensisch relevanter Weise eingeschränkt gewesen. Er hat nach Überzeugung der Richter „im Tat- und Nach-Tat-Geschehen zielgerichtet gehandelt“.

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels war ein Bild und ein Video zu sehen, die mit dem aktuellen Prozess gegen den 16-Jährigen aus Mittelbiberach nicht in Verbindung stehen. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.