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Tathergang

Tankstellen-Schlägerei: Verfahren wird eingestellt

Laupheim / Lesedauer: 4 min

Tathergang stellt sich anders dar
Veröffentlicht:30.11.2016, 09:38

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Ein Verfahren gegen zwei Brüder wegen gefährlicher Körperverletzung ist am Dienstagnachmittag am Amtsgericht Biberach eingestellt worden. Die beiden 28 und 23 Jahre alten Männer sollen laut Anklage an einer Tankstelle in Laupheim auf einen 25-Jährigen eingeschlagen haben. Richter, Staatsanwaltschaft und die Verteidiger sahen nach der Befragung von Zeugen und dem Sichten eines Videos den Tathergang allerdings anders.

Ereignet hat sich der Vorfall in den frühen Morgenstunden des 20. September 2015. Damals kehrten an der Tankstelle sowohl die beiden Brüder mit zwei Freunden als auch das vermeintliche Opfer mit einem Kumpel nach einem Diskobesuch zum Essen ein. Kurz darauf soll es zu gegenseitigen Provokationen, Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten gekommen sein.

Die beiden Angeklagten schildern den Vorfall so: „Wir waren mit unseren Kumpels unterwegs und hatten Spaß“, erzählt der 28-Jährige. Sie hätten sich an den Tisch von zwei 20 Jahre alten Mädels gesetzt und Späßchen gemacht. Der Kläger habe sie dann aus dem Nichts heraus mit üblen Beschimpfungen beleidigt. Dann sei der 28-Jährige aufgestanden und an den Tisch der Pöbler gegangen und habe wissen wollen, was das soll. Daraufhin habe ihn das vermeintliche Opfer geschubst, sodass seine Brille auf den Boden fiel. „Ich habe Angst gehabt und mich verteidigt“, sagt der 28-jährige Angeklagte. „Darum habe ich ihn gepackt und ihn geschlagen.“ Die Schlägerei habe so lange gedauert, bis der Security-Mitarbeiter der Tankstelle eingriff.

„Ich habe ihn geschubst“

Der 23 Jahre alte Bruder bestätigt den Hergang des Vorfalls und ergänzt: „Als ich gesehen habe, dass der andere auch auf meinen Bruder losgehen wollte, habe ich ihn geschubst. Ich habe aber niemanden geschlagen. Ich wollte die beiden nur auseinander bringen.“ Anschließend habe der 25-Jährige, der geschlagen wurde, den Brüdern mit den Black Jackets gedroht. „Er sagte, dass er sie kennt und dass sie uns fertig machen würden.“

Immer wieder beteuert der 28-jährige Angeklagte, dass er Angst gehabt habe und dass er sich vorher nie etwas habe zuschulden kommen lassen. Knapp 1000 Euro Schmerzensgeldforderung habe er bereits bezahlt und dem Geschädigten auch eine schriftliche Entschuldigung zukommen lassen. „Ich habe ihm auch meine Handynummer mitgeteilt, sodass wir uns aussprechen können“, erzählt er. „Von ihm kam aber nie etwas.“

Richter Ralf Bürglen ruft das vermeintliche Opfer in den Zeugenstand. Der 25-Jährige kann sich allerdings an den Tathergang nicht mehr genau erinnern. Er wisse nicht mehr, wer wen zuerst geschlagen hat, wie viele Leute an der Schlägerei beteiligt waren und wie viele auf ihn einschlugen. Er habe dann die Polizei gerufen. Ein Krankenwagen habe ihn mit einer aufgeplatzten Lippe, Hämatomen am Hals und Nasenbluten in ein Krankenhaus gebracht, das er aber kurze Zeit später wieder verlassen konnte. Die Staatsanwältin Mona Düffert will wissen, wie wichtig es ihm sei, dass jemand bestraft wird. Daraufhin gibt der 25-Jährige zu, dass er schon öfter in solche Situationen verwickelt gewesen sei und wisse, dass schnell etwas außer Kontrolle geraten kann: „Ich selbst habe deshalb gar nicht die Strafanzeige gestellt, sondern die Polizei.“

Der zweite Zeuge, der Angestellte der Tankstelle, berichtet von totalem Durcheinander und einem großen Tumult. „Alle haben sich gegenseitig beleidigt und geschubst“, erzählt er. „Nachdem ich sie auseinander gebracht hatte, haben sie weiter gestritten und einer wollte die Black Jackets rufen, sie sind aber nicht aufgetaucht.“

Die weiteren Zeugen, die beiden jungen Frauen und die beiden Freunde der Brüder, konnten sich an den Tathergang nicht mehr genau erinnern. Sie bezeugen allerdings alle, dass sie Spaß hatten. „Wir haben nur miteinander gewitzelt. Vielleicht haben das die beiden anderen Jungs aber missverstanden.“

Im Gerichtssaal werden anschließend Videoaufnahmen gezeigt, die in der Pizzeria der Tankstelle aufgezeichnet wurden. Danach schlagen die Verteidiger der Brüder, Ulrich Sennert und Helmut Lindner, vor, die Anklage fallen zu lassen.

Nach kurzer Beratung mit der Staatsanwältin verkündet der Richter: „Das Verfahren wird gegen den 28-Jährigen vorläufig eingestellt, gegen die Auflage an den Angeklagten, 500 Euro an einen Hospizdienst zu entrichten. Die Anklage gegen den 23-jährigen Angeklagten wird eingestellt.“