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Kulturhaus

Das macht Lust aufs Beethoven-Jahr

Laupheim / Lesedauer: 3 min

Die Stuttgarter Philharmoniker und der Pianist Martin Stadtfeld begeistern im Kulturhaus
Veröffentlicht:23.02.2020, 23:57

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Die Stuttgarter Philharmoniker betreten die Bühne des Laupheimer Kulturhauses – doch was ist das? Die Stühle der Violinen bleiben leer, auch der Klaviersitz mit den zu kurzen Beinen wie bei Glenn Gould. Dabei sollte als erstes Stück doch das 1. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven erklingen. Hat Martin Stadtfeld, der vielfach ausgezeichnete Pianist, es sich anders überlegt? Ein kurzes Überraschungsmoment im ausverkauften Kulturhaus am Samstagabend beim Konzert im Rahmen der Reihe „Faszination Klassik 2020“, organisiert von Dr. Walter Mauermann.

Auf dem Programm stehen zwei der bekanntesten Werke Beethovens, das besagte Klavierkonzert und die Sinfonie Nr. 6, „Pastorale“. Eröffnet haben die Philharmoniker unter Ulrich Kern den Abend zu Ehren des 250. Geburtstags Beethovens allerdings mit der Ouvertüre zur Oper „Uthal“ von Étienne-Nicolas Méhul. Der wenig bekannte Franzose, sieben Jahre älter als der umso bekanntere Bonner und eines dessen Vorbilder, verzichtet in seiner Komposition ganz auf die Violinen, was ein erdiges, summendes und brummendes Klangbild ergibt – zuweilen dramatisch-düster, aber faszinierend.

Aufmerksamer Dialog

Dann füllen sich die leeren Plätze auf der Bühne, und das Orchester stellt die beiden Themen des ersten Satzes, Allegro con brio, des Klavierkonzerts vor. Ulrich Kern hat ein eher gesetztes Tempo gewählt, das dem nötigen Feuer Raum lässt. Es entspinnt sich ein aufmerksamer Dialog zwischen dem Orchester und dem Solisten, der zunächst recht leise klingt, was wohl dem etwas unterdimensionierten Bechstein-Flügel geschuldet ist. Doch die Läufe perlen unbeschwert, münden immer wieder in einer Variation des einen, marschartigen, und des anderen, kantablen, Themas. Mit Spannung erwartet dann die Kadenz, die, transparent und streng, anfangs sehr nach Bach klingt, sich in Intensität und Virtuosität steigert und vom wuchtigen Nachsatz des Orchesters beschlossen wird.

Der Mittelsatz, Largo, besticht mit weiten Bögen, die den liedhaften Charakter unterstreichen, wohlstrukturiert durch nicht zu kantige Akzente. Nach kurzem Innehalten bricht der dritte Satz, das unbekümmerte Rondo allegro scherzando, los. Prächtige Tutti im Volksliedton füllen den Raum, dazwischen fliegen kurze Dialog-Fetzen zwischen dem Pianisten und Solo-Instrumenten des Orchesters. Als Zugabe spielt Martin Stadtfeld seine Bearbeitung der Arie „Lascia ch‘io pianga“ aus der Oper „Rinaldo“, von Georg Friedrich Händel, den der junge Beethoven bewunderte. Hier entlockt er dem Bechstein einen warmen, vollen Klang und fasziniert durch die souveräne, innige Gestaltung des polyrhythmischen Stückes.

Der Städter erlebt das Land

Nach der Pause gehört die Bühne den Philharmonikern alleine. In den fünf Sätzen der Sinfonie Nr. 6 in F-Dur führen sie unter dem aufmerksamen Dirigat von Ulrich Kern durch die Empfindungen, denen sich der Städter Beethoven beim Erleben des ländlichen Raumes hingibt – daher auch der Beiname „Pastorale“. Das beginnt tänzerisch, mit feinen dynamischen Abstufungen, führt dann in ruhige, beschauliche Gefilde mit unterschwelliger Bewegung im Dreiviertel-Takt, in denen auch der eine oder andere Vogel zu hören ist, und findet einen ersten Höhepunkt im nordisch anmutenden, volkstanzartigen Thema des dritten Satzes, Allegro. Übergangslos überrascht das Ensemble mit Donner und Dramatik im Fortissimo des vierten Satzes und beruhigt die Gemüter mit choralhaften Anklängen und heiterer Gelassenheit im fünften Satz, Allegretto. Damit endet ein rundum gelungenes Konzert zu Beginn des Beethoven-Jahres, das Lust macht, mehr von ihm und seinen Inspiratoren zu entdecken.