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Vollwertauto

20 Lloyd-Modelle rollen in den Hof

Großschafhausen / Lesedauer: 4 min

Oldtimer-Liebhaber aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland treffen sich in Großschafhausen zum Stammtisch
Veröffentlicht:23.08.2016, 18:13

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„Ein Lloyd erfreut“ – kurz und knapp war der Werbespruch für ein Vollwertauto zum kleinen Preis, das in den 50er-Jahren in Deutschland zum Straßenbild gehörte. Carl Friedrich Wilhelm Borgward, noch in den späten 90ern laut „Spiegel“ der kreativste Automobilbauer, den Deutschland je hatte, baute Kleinwagen, Kompaktwagen, Mittelklasse- und Luxusautos, Liefer- und Lastwagen. Eine einzelne Automarke reichte nicht für seine Ideen, daher bestand die Borgward-Gruppe in Bremen aus drei Werken – Borgward, Goliath und Lloyd. Doch 1961 war Schluss, die Unternehmensgruppe ging Konkurs, die Auto-Produktion wurde eingestellt. Als Oldtimer rollen heute noch etliche dieser Karossen durch die Gegend. Und kürzlich machten einige in Großschafhausen Station, Lloyd-Enthusiasten aus Frankreich , der Schweiz und Deutschland trafen sich dort zum Stammtisch.

Warum gerade in Großschafhausen? Weil dort mit Tim Neugart einer jener Lloyd-Liebhaber wohnt, der einige Lloyd-Oldies besitzt, diese hegt und pflegt und sogar in einem kleinen Museum zur Schau stellt. Perfekte Bedingungen im großen Hof vor dem Lloyd-Museum, um den beliebten Stammtisch auszurichten.

Die Augen von Tim Neugart glänzten, als im Laufe des Samstags 20 Oldtimer-Modelle, alle auf eigener Achse, in den Hof tuckerten. Dabei waren Modelle wie Lloyd Alexander, Lloyd Arabella, ein Alexander TS (Baujahr 1959) hatte einen Dethleffs-Camper aus jener Zeit angehängt. Auch eine Borgward Isabella (60 PS, 135 km/h, 1500 cm³ Hubraum) aus dem Jahr 1961 war in Großschafhausen vertreten. Dieses Modell, alle Ausführungen zusammengerechnet, war der größte Verkaufserfolg in der Mittelklasse und wurde ab 1954 insgesamt 202 862 Mal gebaut. „Ich bin überwältigt“, sagte Tim Neugart, als er die Stammtisch-Fahrzeugparade in Augenschein nahm.

Dies sei schon fast ein kleines Lloyd-Treffen, bescheinigte ihm Reinhard Bodenburg , „denn normalerweise kommen eine Hand voll Fahrzeuge zu solchen Stammtischen“. Der 69-Jährige war aus der Nähe von Hannover mit einem Alexander TS angereist. Wie viele seiner Lloyd-Freunde in diesem Alter hat auch Reinhard Bodenburg eine besondere Beziehung zu dieser Automarke. Gerne wird diese als Geschichte bei solchen Stammtischen jenen erzählt, die neu im Kreise der Lloyd-Liebhaber auftauchen. „Für viele war Lloyd irgendwann einmal das erste Auto“, holt Reinhard Bodenburg weit aus. So auch bei ihm. Von seinen ersten Lehrlingsgeldern habe er einen Lloyd Alexander TS LP 600 gekauft. 19 PS steckten unter der Haube – genug, um damit mit einem angehängten Faltwohnwagen durch ganz Europa zu fahren. Bis zum Nordcap habe er die Karosse damals gelenkt, erzählt Bodenburg und lacht. Bei Leibe war er nicht der Einzige, der in den Nachkriegsjahren die neue Mobilität genoss. „Mit dem Lloyd als einfaches Brot- und Butterauto sind ganze Familien über den Brenner gefahren“, erinnert er sich gut. Und trotzdem verkaufte Reinhard Bodenburg seinen Lloyd einige Jahre später, die Volkswagen-Modelle waren zu verlockend. Ende der 80er-Jahre erwachte in ihm aber der Wunsch, sein Erstlingsauto-Modell wieder zu besitzen. Und dies klappte. Reinhard Bodenburg kaufte einen Alexander TS, brachte ihn technisch und optisch auf Vordermann.

Die aufkommende Oldtimer-Szenerie damals brachte es mit sich, dass auch viele andere dieses Hobby für sich entdeckten. 1984 schlossen sich einige davon zur Interessengemeinschaft (IG) Lloyd-Freunde Nord zusammen, die sich den Erhalt und die Pflege dieser Automarke auf ihre Fahne geschrieben hat. 1996 wurde diese IG umbenannt, das Wort Nord verschwand aus der Firmierung. Heute zählt die Lloyd-Freunde-IG knapp 400 Mitglieder. Sie kommen aus Deutschland, Holland, Frankreich, Luxemburg, Finnland, Dänemark, der Schweiz , Österreich und sogar aus den USA. Mit der Clubzeitschrift „Fahr mit Lloyd“, die vier Mal im Jahr erscheint, werden Informationen weitergegeben. Aber auch Treffen bei Stammtischen wie jetzt in Großschafhausen sind für Lloyd-Freunde eine gern genutzte Plattform, um Gleichgesinnte zu treffen und in Benzingesprächen Tipps und Anregungen aufzunehmen.