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Vogelwelt

Vogelwelt erobert die neuen Lebensräume

Ertingen / Lesedauer: 4 min

Exkursion am Welt-Wasser-Tag auf dem renaturierten Donauabschnitt bei Binzwangen
Veröffentlicht:24.03.2019, 19:01

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Beim Welt-Wasser-Tag am vergangenen Freitag wurde Interessierten eine Exkursion entlang der renaturierten Donau bei Binzwangen geboten. Helmut Emrich aus Riedlingen, der sich als ehrenamtlicher Gewässerführer zusammen mit Helmut Frankenhauser und Dr. Hans-Peter Schreijäg um diesen Flußabschnitt kümmert, verstand es, den Exkursionsteilnehmern die Renaturierung dieses Donauverlaufs näherzubringen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Tier- und Pflanzenwelt, die durch die Renaturierung mehr als „gewonnen hat“.

Seit 20120 ist Helmut Emrich als Gewässerführer tätig. Seine Aufgabe sei es, die Donau-Renaturierung auf dem 2,7 Kilometer langen Teilstück zwischen Binzwangen und Hundersingen der Bevölkerung näherzubringen, so Emrich. Leider erlebe man eine schwache Besucherresonanz, vor allem aus der Raumschaft. Man biete Führungen für Schulen und Gruppen sowie ganz individuelle Exkursionen an. „Es wäre schön, auch mal einen Bürgermeister oder Ortsvorsteher mit in einer Gruppe zu haben“, wünschte sich der Gewässerführer. Am Welt-Wasser-Tag am vergangenen Freitag durften sich er und seine zwei Kollegen über die Teilnehmerzahl freuen.

Was war der eigentliche Anlass der Sanierung dieses Donauabschnittes? Um das Jahr 1830, so Hans Emrich , war der Grund und Boden nirgends so fruchtbar wie an den Ufern der schlingernden Donau. Die Bevölkerung war aufgrund von Hungersnöten gezwungen, diesen zu nutzen und urbar zu machen. Dazu begradigte man die Donau, wobei das Ausmaß an Folgeschäden durch schnell fließendes Wasser nicht wahrgenommen wurde. So auch nicht die Wucht des Hochwassers, die flussabwärts zunahm. Zudem grub sich das Gewässer immer tiefer in den weichen Untergrund. So senkte sich die Flusssohle im Zeitraum von 1900 bis ins Jahr 2010 um rund drei Meter. Tiere und Pflanzen verloren ihre Lebensräume, der Grundwasserspiegel sank und die Auen trockneten aus.

So begann im Jahr 2009 die Renaturierung dieses Donauabschnittes zwischen Binzwangen und Hundersingen. Nach zwei Jahren war die rund 2,6 Millionen Euro teure Maßnahme abgeschlossen. Durch die Renaturierung entstand entlang der alten Donauschlingen ein flaches, gewundenes Bett. Der Uferbereich blieb dabei roh liegen, so dass sich die Donau wie früher dynamisch entwickeln kann. Mit einer Riegelrampe wurde der Fluss bei Binzwangen um 2,50 Meter auf die frühere Höhe des Gewässers angehoben.

Mit dieser Riegelrampe, so Helmut Emrich, werde der Höhenunterschied zwischen altem und neuen Flussniveau ausgeglichen, ohne dabei einen Wasserfall zu verursachen. Die etwa 100 Meter lange Rampe besteht aus 26 tonnenschweren Steinriegeln. Sie wurden wabenformartig ins Flussbett verbracht, so dass ihnen kein Hochwasser etwas anhaben kann. Zudem trocknet dadurch das Wasser zwischen den Steinblöcken nicht aus. So können Fische und andere Wassertiere die Riegelrampe in beide Fließrichtungen passieren.

Beim Einlauf der alten in die neue Donau galt auch ein Blick auf das nördliche Donauufer. Dort ragten Nagelfluhfelsen empor, was nach Helmut Emrich ein Zeichen dafür ist, dass in der Eiszeit der Gletscher bis an die Donau reichte. Hier sei auch ersichtlich, welche Dynamik das Wasser erreicht, wenn man es sich selbst überlässt. Auf einer Seite die Prallmauern, auf der anderen Seite ein Uferbereich, bei dem sich die Donau selbst ihr Bett vor allem bei Hochwasser gräbt. Unterspülungen und abbrechende Uferbereiche sind die Folge. „Von hier bis zur Grenze im Bereich Hundersingen wurden zur Bauzeit 265 000 Tonnen Kies aus der Donau geholt“, so der Gewässerführer. Das Ziel: „Die Donau kann hier machen, was sie will.“

135 Vogelarten siedelten sich an

Dadurch entstanden neue Lebensräume, vor allem für die Vogelwelt. „Von insgesamt 135 Vogelarten, die sich hier wieder angesiedelt haben, sind 65 dabei, die schon als ausgestorben galten“, freute sich Helmut Emrich. Aber auch viele Pflanzen sind in der nahen Aue wieder heimisch geworden. Etwas problematisch sind die Aktivitäten des Bibers, der sich ebenfalls niedergelassen hat. Bäume, die sie gepflanzt haben, fallen dem Nager zum Opfer. „Interessant ist, dass er nicht alle Schwarzpappeln mag, obwohl sie direkt an seinem Wanderweg liegen“, so Helmut Emrich. Was ihn ärgert: Wenn man Pflanzensetzlinge mutwillig abschneidet und daraus „Hundestöckchen“ schnitzt.

Beim Aussichtshügel am Ende der Renaturierungsmaßnahme, bot sich den Exkursionsteilnehmern noch einmal ein eindrucksvoller Blick ins Donautal: Voraus die Skulptur von Gerold Jäggle, darüber die Heuneburg, und dann das Flussdelta mit all seinen „Schätzen“, das es zu bieten hat.