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Narrenzunft streicht Umzug wegen Bürokratie

Erolzheim / Lesedauer: 4 min

Erolzheimer Zunftmeister klagt über zu viel Bürokratie und unerzogene Kinder
Veröffentlicht:01.02.2018, 20:15

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Während in den kommenden Tagen die Fasnet vielerorts erst so richtig Fahrt aufnimmt, hat die Erolzheimer Narrenzunft „Deifel-Weib“ ihren Umzug schon hinter sich.

+++ So lief der Narrensprung +++

Zunftmeister Jürgen Hirsch ist erleichtert darüber – und will künftig keinen Narrensprung mehr ausrichten. Im Interview mit Daniel Häfele erläutert er die Beweggründe hierfür.

Herr Hirsch, 20 Jahre alt wird das „Deifel-Weib“ in diesem Jahr. Wie war das Festwochenende?

Ich möchte es einmal so formulieren: Ich bin erleichtert darüber, dass alles sauber abgelaufen ist. Es gab keine Zwischenfälle, keine Rangeleien oder sonstige horrorähnliche Szenarien, wie sie einem Narrensprung gerne zugeschrieben werden. Diese Rückmeldung habe ich auch von unserer Security und der Polizei erhalten. Allerdings hatte ich im Vorfeld viele schlaflose Nächte. Das war bei den vergangenen acht Veranstaltungen nicht der Fall.

Welche Gedanken haben Sie denn um den Schlaf gebracht?

Wir hatten beispielsweise zwei Tage vor dem Umzug keine verkehrsrechtliche Genehmigung für einen Teil der Umzugsstrecke. Aus irgendeinem Grund hatte das Landratsamt vergessen, diesen Antrag zu bearbeiten. Nur weil sich unser Bürgermeister Jochen Ackermann eingeschaltet hat, haben wir die Genehmigung noch rechtzeitig erhalten.

Aber dieses Beispiel steht nur exemplarisch für eine Vielzahl von Schwierigkeiten. Gestattungen, Genehmigungen, Erlasse, Verordnungen, Verträge, Anordnungen – dieses Theater um die Vorschriften raubt einem nicht nur den Schlaf, sondern auch die Nerven. So mussten wir beispielsweise ein 37-seitiges Brandschutzkonzept für unser Fasnetsopening in der Reithalle durcharbeiten. Zehn Seiten davon habe ich verstanden. Die Inhalte sind in einem furchtbaren, nicht verständlichen Deutsch geschrieben. Glück für den, der Beamtendeutsch beherrscht. So blieb das ganze Wochenende der Gedanke, hoffentlich habe ich nichts übersehen – ein dummes Gefühl.

Wie viel Freizeit kostet Sie das?

In Stunden ist das schwierig zu sagen. Aber wir starten im Mai des Vorjahres mit den Planungen. Im Juni gehen dann die Genehmigungsschreiben hinaus – in der Hoffnung, dass die zuständigen Behörden dies schnell abarbeiten. Immer wieder wird von der Politik kommuniziert, das Ehrenamt und die Vereinsarbeit sind der Grundstock einer gesunden Jugend.

Doch Unterstützung kann ich in keinster Weise feststellen. Im Gegenteil – nur noch endlose Forderungen. Man fühlt sich wie Bittsteller, obwohl es eigentlich der Gesellschaft dient. Das nervt und vermiest einem die Lust an der Vereinsarbeit.

Als Argument könnte man ins Feld führen: Je größer ein Narrensprung, desto aufwendiger auch die Vorbereitungen ...

Klar, mit 2800 Hästrägern haben wir einen relativ großen Narrensprung. Aber muss es wirklich sein, dass die Vorgaben beim Sicherheitskonzept so ausarten? Wir müssen alles einzäunen, Bänder für U18 und Ü18 anschaffen und dann noch 4000 Euro für Securitymitarbeiter hinlegen. Und wenn trotz unserer Bemühungen doch ein Minderjähriger auf unserem Gelände mit Alkohol erwischt wird, steigt man mir als Kopf der Narrenzunft aufs Dach.

Welche Konsequenzen ziehen Sie für sich aus dem Paragrafen-Dschungel? Setzen Sie die Tradition des Narrensprungs fort?

Seit 2002 haben wir alle zwei Jahre einen Narrensprung in Erolzheim veranstaltet. Heuer war dies unser letzter, zumindest werde ich keinen mehr organisieren. Sollte sich jemand anderes federführend bereit erklären, dann helfe ich natürlich gerne. Ich denke aber, mir ist nicht als Einziger die Lust am Organisieren von Festivitäten vergangen. Die Vorschriften sprengen jeglichen Rahmen des Ehrenamts. Das ist so nicht mehr zu schaffen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Viel wäre schon geholfen, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Grundsatz Respekt und Anstand erziehen würden. Es kann doch nicht unsere Aufgabe als Narrenzunft sein, Kindern vorzuschreiben, wann sie nach Hause zu gehen haben. Eltern müssen ihrem Nachwuchs diese Grenzen setzen. Wir als Narrenzunft oder Veranstalter können nicht die Erziehungsarbeit der Eltern übernehmen. Darüber hinaus würde ich mich freuen, wenn es beispielsweise beim Landratsamt einen Zuständigen gäbe, der uns bei der Bürokratie unterstützend zur Seite steht. Vielleicht könnten wir Vereine uns auch zusammentun, um ein vereinfachtes Veranstaltungskonzept auszuarbeiten.