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Probleme erkannt – Lösungen schwierig

Dürmentingen / Lesedauer: 4 min

Kultusministerin Susanne Eisenmann sprach in Hailtingen über die Schulpolitik im Land
Veröffentlicht:24.09.2017, 18:43

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Die Kultusministerin Susanne Eisenmann war am vergangenen Donnerstag in Hailtingen zu Gast. Viele Lehrer, aber auch Eltern waren ins Bräuhaus gekommen, um die Frau zu hören, die im Land die Schulpolitik zu verantworten hat.

Eisenmann beklagte den Verlust an Bildungskompetenz an den baden-württembergischen Grundschulen, den eine Vergleichsstudie offenbart hatte. Poolstunden in Mathematik und Deutsch seien die Reaktion. Was unter ihrer Leitung abgeschafft wird: schreiben lernen nach Gehör. Korrekte Rechtschreibung von Anfang an sei angezeigt. Sie unterstrich die Bedeutung der Grundschulempfehlung. Verfestigt habe sich, dass 45 Prozent der Kinder ins Gymnasium gehen. Der Wechsel in der sechsten, siebten und achten Klasse zeige, dass das nicht immer richtig sei. Sie betonte, die Durchlässigkeit innerhalb der Schularten sei eine Stärke in Baden-Württemberg . Es sei das große Ziel, dass Schüler die Schulart fänden, „wo sie hingehören“. Darüber hinaus betonte sie – auch gegen Widerspruch aus dem Publikum – die gleichwertige Bedeutung von allgemeinen und beruflichen Gymnasien, die in neun Jahren zum Abitur führten. Für das Schuljahr 2019/2020 kündigte sie für die gymnasiale Oberstufe die Rückkehr zu Leistungs- und Grundkursen an.

Dass seit drei Jahren nach dem Abitur mehr junge Leute zum Studieren gehen als eine Ausbildung anstreben, vermerkte sie und berichtete von 40 Prozent Studien-Abbrechern, von denen rund 60 Prozent dann eine Lehre machten. Für sie wäre es besser gewesen, diesen Weg gleich einzuschlagen. Das duale Ausbildungssystem nannte sie ein „Pfund“ nicht nur für den Bildungs-, sondern auch den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Das Land habe sich vorgenommen, die berufliche Bildung in den Mittelpunkt zu stellen.

Als zentrale Säule im Bildungssystem und bei der Vermittlung in die Ausbildung sieht sie die Realschule. Am stärksten verloren hätten die Haupt- und Werkrealschulen, von denen man mehr als die Hälfte habe schließen müssen. Und: Der Trend sei noch nicht gestoppt. Hier wäre eine berufliche Orientierung in Kooperation mit Firmen und beruflichen Schulen wichtig. Derzeit gebe es 304 Gemeinschaftsschulen. Wenn der Bedarf bestehe und Eltern sie wollten, würden auch weitere genehmigt. Jetzt stünden bei ihnen die ersten Abschlüsse an, danach gelte es zu schauen, „wo stehen wir“ und was zu machen sei.

Nachholbedarf gebe es bei der Digitalisierung des Unterrichts. Bis 2020/21 soll hierfür eine Milliarde Euro investiert werden. Hierbei seien Fragen zur inhaltlichen Vermittlung zu klären, was in welchem Alter und ab welchem Alter angeboten werde. In allen weiterführenden Schulen solle in der siebten Klasse Informatik eingeführt werden.

Qualitätsvoller Unterricht sollte stattfinden, unterstrich sie und vermerkte dazu das Problem des Lehrermangels. Nicht alle offene Stellen hätten besetzt werden können, auch bei Rektoren. „Wir haben ein Bewerberproblem“. Von den 5100 offenen Stellen seien 60 Prozent durch Lehrer entstanden, die in den Ruhestand gegangen seien. „Das hätte man wissen müssen“ und in den Jahren 2011/2012 beginnen müssen, für den Beruf zu werben. Drei bis Jahre lang werde es schwierig, prognostizierte sie. Von den rund 600 Stellen fehlten über 500 in den Grundschulen und hier vor allem im ländlichen Bereich, weil es die jungen Lehrer in die Städte zöge.

Bei Ausfall wegen Krankheit habe man ein echtes Problem. Das Kultusministerium bemühe sich um Ausgleichsmaßnahmen, Deputats-Erhöhungen und – in Einzelfällen, jedoch nicht flächendeckend – eine Erhöhung des Klassenteilers so wie im Schulamtsbezirk Biberach. Die Alternative sei eine Schließung kleiner Schulen unter 100 Kindern. „Dann habe ich ausreichend Ressourcen“, doch das sei in Baden-Württemberg im ländlichen Raum nicht darstellbar. Mehr als 250 Grundschullehrer stiegen in den Beruf nicht ein, weil sie nicht an ihre Wunschschule engagiert würden, klagte sie. Um Schulen auf dem Land zu stärken, habe man die schulscharfe Ausschreibung um 100 Prozent erhöht. Die Erfahrung sei: „Wenn sie dort sind, gefällt es ihnen“.

Einen Überhang von 1500 Personen gebe es an Gymnasial-Lehrern. doch nur 29 von ihnen hätten auf das Angebot reagiert, mit begleitender Pädagogik-Ausbildung an Grundschulen zu unterrichten.

Die Grundschule für Lehrer durch eine höhere Gehaltsstufe attraktiver zu machen, forderte in der Diskussion ein Verbandsvertreter. Die Einstufung in A12/A13 sei ein Thema, das in allen Bundesländern diskutiert werde, so Eisenmann. Zur Entlastung der Rektoren würde überlegt, sie bei Verwaltungstätigkeiten zu unterstützen. Dass der Lehrer-Beruf an Attraktivität verloren habe, erkannte Eisenmann auch im Umgang mit ihnen. Wie Lehrer verbal und körperlich angegriffen würde, das sei „erschreckend“.

Weiter existieren könnten die 44 G9-Modellschulen bestätigte Susanne Eisenmann Klaus Hagmann, der zur Zeit der Einführung von G8 Elternbeiratsvorsitzender am Kreisgymnasium in Riedlingen war und Kontinuität forderte. An G8 flächendeckend werde nicht gerüttelt, auch mangelnder Ressourcen wegen, hörte er. Ob die Entscheidung zur Einführung richtig war, ließ sie dahingestellt.

Schließlich ging es noch um die frühkindliche Erziehung in den Kindergärten, die auch unter dem Fachkräftemangel leidet. Der angefragte Orientierungsplan sei in der Verhandlung.