StartseiteRegionalRegion BiberachDürmentingenMöbel, die sich den Wünschen anpassen

Türöffner

Möbel, die sich den Wünschen anpassen

Dürmentingen / Lesedauer: 4 min

Die Firma Kettnaker in Dürmentingen emfängt 20 ausgeloste Zeitungsleser
Veröffentlicht:31.08.2017, 10:42

Artikel teilen:

Für die Aktion „Schwäbische Türöffner“ hat die Firma Kettnaker – Manufaktur für Möbel in Dürmentingen tatsächlich ihre Türen für 20 ausgeloste Besucher geöffnet. Wolfgang Kettnaker, alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der familiengeführten Firma in fünfter Generation, nahm sich viel Zeit. Alle Abteilungen, vom Rohmaterial bis zum versandfertig verpackten Möbelstück, wurden gezeigt, besprochen, durchschritten, viele Fragen beantwortet. Das Dahinterblicken interessierte die Besucher.

Die Ausstellungsräume im Erdgeschoss brachten am Ende des Rundgangs zahlreiche Augen zum Leuchten. Hier konnte Wolfgang Kettnaker an nahezu komplett eingerichteten Räumen – mit zahlreichen weißen Hemden und dunklen Anzügen in den präsentierten Schränken – die Produktpalette und das Konzept seiner Firma zeigen: Schränke und Kommoden, Sideboards und Vitrinen in allen Höhen, Breiten und Unterteilungen, mit unterschiedlichen Fronten und individuell gestalteten Innenräumen und Schubladen; mit Schnickschnack wie farbigen Lichtelementen, die von innen beleuchten und nach außen durchschimmern; perfekt zu vergrößernde Tische; Beistelltische und Betten. Keine Stühle, Küchen, Polstermöbel. In allen Farben, matt und glänzend, in Holz, Stahl, Aluminium. Module, individuell vom Kunden zusammenstellbar.

Und alle Produkte – mit Aufpreis – mit per Magnetklick austauschbaren Fronten und Abdeckflächen. „Das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu haben – dafür wird Geld ausgegeben“, sagt Kettnaker.

„Designermöbel, made in Oberschwaben“, stellt Wolfgang Kettnaker seine Kollektionen vor. Klein, fein, exklusiv. Mit ihnen hätten sie eine Nische gefunden, ihre Produkte einzigartig zu machen und erfolgreich zu vermarkten. Und Wolfgang Kettnaker hat viele Geschichten zu erzählen, um seinen Möbeln ein individuelles Gesicht zu verleihen. Genaues Betrachten, wissendes Kopfnicken, interessierte Gesichter begleiten seine Ausführungen an jeder der Stationen auf dem Rundgang durch die Produktion. 90 Mitarbeiter – darunter zunehmend Frauen mit „Fingerspitzengefühl“, so Kettnaker – stellen bei etwa 700 Bestellungen pro Monat die dafür erforderlichen 24 000 Einzelteile her. „Es sieht so einfach aus“, sagt er. Dabei sei die Produktion nicht das Problem, sondern das Wiederfinden der Teile für das bestimmte „Kommödle“. Jede Kommission sei anders.

Es beginnt laut. In der Halle ganz hinten wird der Rohstoff gesägt, geschliffen, wird auf Wagen sortiert und in die Lackiererei geschoben. Danach sind die Stapel nach Farben sortiert – egal welcher Form, Kommission, Verkaufsort; 50 Prozent seien dabei weiß. Die Schilder auf den Stapeln zu vertauschen, sagt Wolfgang Kettnaker, wäre „fatal“; die Einzelteile würden nie mehr wiedergefunden. So steht alles genauestens sortiert und bezeichnet auf beweglichen Regalen. Dann werden die Teile für ein Produkt auf einem Wagen zusammengestellt.

Am folgenden Arbeitsplatz wird kontrolliert, ob jedes benötigte Einzelteil bereits fertig und parat ist – damit die Mitarbeiter am Band alles für dieses eine Möbelstück zur Verfügung haben. Und da sagt Kettnaker: „Jetzt sieht man endlich mal Möbel.“ Die Außenteile werden montiert, danach alles was dran- und reinkommt, dann die Front. Zum Schluss läuft das Band zur Verpackung, wo der individuelle Karton geschnitten, gefaltet, angebracht und verschlossen wird. Etwa acht Wochen vergehen so bis zur Auslieferung beim Kunden.

Mit Witz und Herzblut, mit spürbarer Begeisterung für seine Produkte schildert Wolfgang Kettnaker deren Herstellung. Die handwerkliche Wertschätzung ist ihm wichtig. „Man schmeißt nicht nach fünf Jahren ein Möbelstück weg.“ Um es dennoch nach Wunsch oder persönlicher Situation zu verändern – die „neue Frau“ möchte eine andere Frontfarbe, der Enkel hat mit dem Bobbycar das Sideboard beschädigt –, habe er die Magnettechnik erfunden.

In seinem Rückblick auf die fast 150 jährige Geschichte der Firma, geht er besonders darauf ein. Bereits sein Vater Karl habe Module für die Möbelproduktion entwickelt. Nach dessen frühem Tod, habe er mit seinem Onkel Edmund weitergemacht; seit 1999 ist er alleiniger Geschäftsführer. Eine erste „Palastrevolution“ habe sein Vorschlag ausgelöst, das Holz farbig zu lackieren, es immer leichter und edler, dennoch stabil zu verarbeiten. In „schlaflosen Nächten“ sei nach der Krise 2008 ein europäisches Patent für ein einzigartiges Möbelsystem entstanden: Mit Magneten kann die Deckplatte oder die Front eines Möbelstückes ohne eine Schraube passgenau befestigt, individuell zusammengestellt und ausgetauscht werden. Ein Baukasten. Das mache jedoch auch den Preis aus.