Tablette
Vier Tabletten und ein Strafbefehl
Biberach / Lesedauer: 3 min
Vor dem Amtsgericht Biberach hat sich kürzlich ein Gambier wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten müssen. Er wurde verurteilt.
Der Notruf im September des vergangenen Jahres in den frühen Morgenstunden lautete auf Bedrohung. Der Polizei war der genannte Mann kein Unbekannter. So erschienen sechs Beamten vor der Wohnung in einem östlichen Biberacher Stadtteil. Dort fanden sie einen alkoholisierten 37-Jährigen vor der Wohnungstür der getrennt lebenden Ehefrau. Der Mann war sehr aufgewühlt, die wenigen deutschen Worte, die er herausbrachte, waren: meine Babys, meine Babys.
Der Mann wurde in Gewahrsam genommen und durchsucht. Dabei fanden sich im Schuh des Mannes vier Tabletten. Eine spätere Untersuchung identifizierte die Tabletten als Amphetamine. Diese gelten als Betäubungsmittel, ein Strafbefehl im niederen dreistelligen Bereich war die Folge. Da dem Strafbefehl widersprochen worden war, kam es zur Verhandlung am Biberacher Amtsgericht.
Bei der Vernehmung zur Verhaftung konnte der aus Gambia stammende Angeklagte keine Angaben machen. Er erinnerte sich nicht an diese Nacht. Auch auf die Frage, warum bei ihm die Tabletten gefunden wurden, kam keine Erklärung. Der Angeklagte behauptete, dass er keine Tabletten nähme. Den Alkoholgenuss allerdings gab er zu. Er würde zu viel trinken, jeden Tag. Auf Nachfrage der Richterin gab er an, dass er trinken muss, weil er nicht nachdenken möchte. Beim erneuten Nachfragen kam zutage, dass der Mann sehr unter der Trennung von seinen Kindern leidet. Die Ehe, aus der die zwei- und dreijährige Kinder stammten, war zerbrochen. Die Frau war mit den Kindern weggezogen, der Ehemann lebt in einer Biberacher Gemeinschaftsunterkunft. Beim Versuch, die genaue familiäre Situation zu erklären, blieb dem großgewachsenen Mann der Atem weg; er bricht in Tränen aus.
Die Vernehmung des Gambiers zeigte einen Blick in das triste Alltagsgeschehen eines Mannes, der vor vier Jahren seine Heimat verlassen hat. Im Jahr 2014 in Deutschland angekommen hatte er einen Asylantrag gestellt, der im Moment in einer Duldung mündete. Trotz des langen Aufenthaltes spricht der Angeklagte kaum Deutsch, ein Übersetzer musste in Englisch die Verhandlung übersetzen. Ein Jahr hatte er Arbeit als Lagerist, danach, als die Kinder kamen, lebte er von Hartz 4. Das Vorstrafenregister listet weitere Verfehlungen auf: Leistungserschleichung, Drogenhandel und Körperverletzung sind da zu finden. Mit dem Auseinanderbrechen der Familie bricht ein wichtiger Halt im Leben des Mannes weg.
Der Straftatbestand war unbestreitbar. Eine Polizistin schilderte die Festnahme und das Ergebnis der Durchsuchung. Auch sie wird aussagen, dass der Mann in einem emotionalen Ausnahmezustand war.
Richterin Wichmann und Staatsanwalt Musch erklärten dem Angeklagten, dass auf die Straftat in jedem Fall eine Verurteilung erfolgt. Bleibt er bei seinem Einspruch, ergeht ein Urteil, gegen das Berufung eingelegt werden kann. Allerdings steigen dann die Kosten vor Gericht.
Der Angeklagte zieht daraufhin seinen Einspruch zurück. Er bittet das Gericht, den Strafbefehl gleich umzuwandeln; statt einer Geldstrafe möchte er die Strafe abarbeiten.