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Knöllchen

Verliert er seine Pension? Wie ein Knöllchen einen Polizisten in Bedrängnis bringt

Biberach / Lesedauer: 3 min

Wegen einer Lappalie könnte ein Polizist im Ruhestand seine Pension verlieren – das steckt dahinter
Veröffentlicht:02.12.2019, 16:20

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Der Vorgang ist alltäglich. Sparsame Familien nehmen ihre Kinder mit auf ihre Kfz-Versicherung. Fällt ein Knöllchen an, landet der Bußgeldbescheid beim Halter des Fahrzeugs.

Ist dieser nicht gefahren, wird er aufgefordert, den tatsächlichen Fahrer anzugeben. Häufig erlebt dann die Bußgeldstelle, dass der eigentliche Autofahrer verschwiegen wird.

Bei einem Prozess vor dem Biberacher Amtsgericht führte diese Strategie dazu, dass sich ein Zeuge wegen Meineids zu verantworten hat. Der Beschuldigte, ein ehemaliger Polizeibeamter, läuft zudem Gefahr, seine Pensionsansprüche zu verlieren.

Nicht nur die Person des Beschuldigten war eine Überraschung. Beim Prozess war die gesamte Familie in den Zeugenstand geladen. Dazu drei städtische Mitarbeiter und zuletzt eine Richterin des Amtsgerichts.

Die Aussage der Schwiegertochter wurde begleitet vom Weinen eines Kleinkindes, das übermüdet und in fremder Umgebung laut seinen Unmut kundtat.

Fahrzeug des Angeklagten steht im absoluten Halteverbot

Und darum geht es: Im April 2018 war das Fahrzeug des Angeklagten im absoluten Halteverbot gestanden und aufgeschrieben worden. Einem Verwarnungsgeld in Höhe von 15 Euro wurde widersprochen.

Sowohl der Angeklagte wie auch sein Sohn, der das Auto nutzte, führten aus, dass die Verbotsschilder nicht eindeutig platziert waren und dass das Halteverbot lediglich für die Nachtstunden galt.

Die Bußgeldbehörde sah die Sache anders und stellte einen Bußgeldbescheid aus. Danach änderten der Angeklagte und sein Sohn ihre Argumentation. Jetzt sagten beide, dass der Sohn das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht gefahren habe. Eine andere Person habe Zugriff auf dieses Auto gehabt.

Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid führte dann im Mai wegen dieser Ordnungswidrigkeit zu einem Prozess am Amtsgericht. Bei diesem Verfahren kam die zuständige Richterin zu dem Schluss, dass die Schilderungen von Sohn und Vater unglaubhaft seien und der Bußgeldbescheid rechtmäßig sei. Damals akzeptierte der Sohn den Richterspruch und übernahm die angefallenen Kosten. Damit hätte die Angelegenheit beendet sein können.

Angeklagter sagte unter Eid aus

Aber sein Vater beharrte weiterhin darauf, dass seine Version der Geschichte stimmen würde. Der ehemalige Polizeibeamte sagte, dass er diese auch unter Eid aussagen würde. Daraufhin wurde er vereidigt.

Für die Richterin, die beim Prozess zahlreiche Unstimmigkeiten moniert hatte, war damit der Tatbestand des Meineids gegeben. Sie gab den Vorgang an die Staatsanwaltschaft weiter.

Im neuen Prozess wird nun untersucht, ob der Angeklagte sich eines Meineides schuldig gemacht hat. Dazu wurden die geladenen Zeugen noch einmal ausgiebig zur damaligen Situation befragt.

Mehrere offene Fragen

Ist es wahrscheinlich, dass das Auto tatsächlich von einer weiteren Familienangehörigen auf besagtem Parkplatz abgestellt wurde, damit der Sohn nach Feierabend mit diesem Auto heimfahren konnte?

Ist es glaubhaft, dass der Vater frühmorgens seinen Sohn zur Arbeit fährt, damit die hochschwangere Schwiegertochter im Verlauf des Tages mit dem eigenen Auto in die Stadt zu einem wichtigen Termin fahren konnte?

Und dass diese wiederum von der Ehefrau des Beklagten abgeholt wurde und somit das Auto tatsächlich von einer „weiteren“ Person dort auf dem Parkplatz abgestellt wurde?

Verkompliziert wird diese Frage noch dadurch, dass kein Beklagter gezwungen werden kann, gegen enge Verwandte auszusagen. Für den Verteidiger war damit klar, dass sein Klient lediglich von diesem Recht Gebrauch gemacht habe.

Die Staatsanwaltschaft wiederum sieht in der Gesamtheit der Aussage des Angeklagten Unwahrheiten und damit die Grundlage für die Anklage zum Meineid.

Das Schöffengericht unterbrach die Verhandlung, um weitere Informationen einzuholen. Die Plädoyers und die Urteilsverkündung werden Anfang Dezember erwartet.