Segelschiff

Studium auf offener See

Biberach / Lesedauer: 4 min

Studenten der Hochschule Biberach stechen in See – auf der Suche nach Energielösungen
Veröffentlicht:21.06.2018, 12:18

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Tausche Audimax gegen Segelschiff: 29 Studenten der Hochschule Biberach stechen in diesem Jahr für eine Exkursion in See. Auf der Energy Sail steuern die Energieingenieure verschiedene Firmen und Projekte aus dem Bereich regenerativer Energieversorgung an. Nun gab es die erste Trockenübung: Am Mittwoch veranstalteten die Studenten ein Stocherkahnrennen auf dem Campus.

Denn vorab wollen sie auf ihren Segeltörn in der Nordsee aufmerksam machen und Spenden und Sponsoren gewinnen. Gut ein Dutzend Zweier- und Dreierteams traten bei der Auftaktveranstaltung gegeneinander an: Für den Stocherkahn hatten die Studenten zwei Rollbretter unter ein Surfbrett gespannt. Besenstiehle mit Gummikappen aus Reifenteilen wurden zum Ruderersatz.

Peter Knoll ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gebäude- und Energiesysteme und betreut die Organisation der Energy Sail: „Vor Ende der Prüfungen müssen wir mit dem meisten aber durch sein. Denn dann kommt das große Sommerloch.“ Bei der Routenplanung habe man spontan umdisponieren müssen: „Unser Kapitän hat gemeint, der Plan sei super, aber unrealistisch. Manche Routen sind nicht befahrbar, weil das Wasser zu flach ist.“

Der aktuelle Plan sieht so aus: Startpunkt ist in Bremerhaven. Dort stehen vor der Abfahrt Besichtigungen beim Fraunhofer Institut und im Klimahaus an. Weiter geht es über Pellworm, Helgoland, Emden und Borkum nach Cuxhaven. Auf ihren Zwischenstopps schauen sich die Studenten zum Beispiel an, wie autarke Energiesysteme auf Inseln funktionieren, sie besichtigen Unternehmen und Offshore-Anlagen.

Markus Hork hat mit an diesem Plan getüftelt. Er studiert Energieingenieurwesen im sechsten Semester: „Ich freue mich am meisten auf das Teamwork an Bord beim Segeln. Das habe ich noch nie gemacht.“ Ob Koch-, Wach-, oder Segeldienste: Nicht nur an Land, sondern auch auf dem Wasser sind die Studenten während der Exkursion rund um die Uhr beschäftigt. Hinzukommen Vorträge, mit denen sie sich auf die Programmpunkte vorbereiten. Sebastian Harder muss an Bord außerdem Messungen durchführen: Sein Team berechnet einen CO-Fußabdruck, den die Truppe während ihrer Reise hinterlässt: „Wir messen auch unseren Wasserverbrauch. Aber damit werden wir am meisten auf dem Schiff zu tun haben.“

Der Lohn sind Leistungspunkte

Verglichen mit einem gewöhnlichen Semester könne es bei all der Vorbereitung der Segeltour schon stressiger werden. Insgesamt sei der Mehraufwand aber verkraftbar, sagt Katrin Ernst. Die Studenten bekommen für die Vor- und Nachbereitung sowie die Teilnahme an der Energy Sail zwei Leistungspunkte gutgeschrieben. Eine extra Prüfung müssen sie nicht ablegen.

Am Ende stehen für die meisten aber der Spaß und die Gemeinschaft im Vordergrund. „Es geht ja auch um Teambuilding“, sagt Peter Knoll. „Bei unserer letzten Tour vor vier Jahren hat man schön gesehen, wie sehr die Studenten mit der Zeit zusammenwachsen und ihnen auch das Schiff am Herzen liegt.“ Auch auf den Kulturteil könne man nicht verzichten, ergänzt Martin Becker : „Wenn man schon mal da oben ist, kann man sich ja auch die Städte und Umgebung ansehen.“ Becker ist einer von zwei Professoren, die die Tour begleiten.

Für die Hochschulmitarbeiter sei der Segeltrip genauso lehrreich wie für die Studenten: „So oft kommt man nicht vom Süden in den Norden. Und wenn man Windparks mit einem Schiff umfahren und erkunden kann, ist das beeindruckend und eine andere Dimension als mit dem Reisebus“, sagt Becker.

Das Segelschiff wurde über einen Chartervertrag mit einer Agentur gemietet. Diese vermittle auch die Crew, erklärt Peter Knoll. Der Kapitän hat auch schon die erste Tour begleitet: „Das war unser Wunsch. Nicht jeder ist so wild.“ Viele Schiffe hätten vorgegebene Routen, von der sich nicht alle Kapitäne abbringen ließen, so Knoll.

Letztlich gelte sowieso: „An Bord hat der Kapitän das Sagen. Und sei es, dass man nachts nochmal ran muss: Keine Widerrede“, sagt Martin Becker. Bestimmt gebe es hier und da Reibungspunkte. Zur Meuterei würde es aber schon nicht kommen, scherzt Mitarbeiter Knoll.

Immerhin bereiten sich die Studenten nun auch über Monate auf ihre Reise vor. All der guten Vorbereitung zum Trotz gibt es jedoch eine einzige Unwägbarkeit: Die Seekrankheit. „Beim letzten Mal hat es zwei Drittel von uns erwischt“, sagt Knoll. Zum Glück stünden regelmäßig Landgänge an.