Orgelschule

Spuren eines Komponisten

Biberach / Lesedauer: 4 min

Todestag von Knecht jährt sich zum 200. Mal – und dennoch ist er irgendwie lebendig
Veröffentlicht:30.11.2017, 19:19

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Joseph Haydn schrieb anerkennend über ihn, Ludwig van Beethoven besaß seine Orgelschule: Der Biberacher Komponist Justin Heinrich Knecht hat es bereits zu Lebzeiten geschafft, sich einen Namen zu machen. Heute ziert sein Name eine Straße in Biberach und beim Schützenfest singen Tausende Menschen zu seiner Musik. Und bald, beim Christkindle-Ralassa an Heiligabend, erklingt wieder eine Strophe von „Wie können wir Vater der Menschen Dir danken“. Am 1. Dezember, jährt sich sein Todestag zum 200. Mal. Vergessen ist er noch lange nicht.

„Knecht war mehr als nur das Schützenfest-Lied“, sagt Franz Schlegel , der sich in den vergangenen Jahrzehnten ein äußerst breites Wissen über den berühmten Sohn der Stadt Biberach angeeignet hat. Schlegel verweist auf weitere Werke wie die Pastoralsymphonie, deren Programm sich in Beethovens 6. Symphonie op. 68 ähnlich wiederfindet, oder die theoretisch-praktische Orgelschule. „In Biberach wird Knecht auf den Choral ,Rund um mich her ist alles Freude’ verengt. Das Gedenkjahr soll zeigen, dass Knecht mehr war. Er war unglaublich vielseitig“, erläutert Schlegel. So sei Knecht Komponist, Organist, Musikpädagoge, Musikschriftsteller und Veranstalter gewesen.

Geburtshaus existiert nicht mehr

Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, dürfte auf irgendeine Weise mit Knecht, der am 30. September 1752 geboren wurde, in Berührung kommen. Da ist zum einen sein Wohnhaus in der Justin-Heinrich-Knecht-Straße am Weberberg, wo er nicht nur mit seiner Familie lebte, sondern auch die meisten seiner Kompositionen und musiktheoretischen Veröffentlichungen schrieb. Eine Tafel mit der Aufschrift „Hier wohnte Just.Heinr. Knecht“ kennzeichnet das Gebäude. Sein Geburtshaus am Obstmarkt existiert in seiner damaligen Form nicht mehr, weil es bei einem Bombenangriff während des Zweiten Weltkriegs vollständig zerstört wurde.

Auch das Spital zählt zu Knechts Wirkungsstätten. Seit dem 16. Jahrhundert befand sich dort das evangelische Alumnat, eine kirchliche Erziehungsanstalt. Die Schüler mussten als Sängerknaben im Chor mitwirken, erhielten dafür freien Schul- und Musikunterricht. 1762 wurde Knecht aufgenommen. Während seiner Kindheit hatte er einen großen Unterstützer: Christoph Martin Wieland. Der Dichter und Kanzleidirektor unterrichte ihn nicht nur in italienischer Sprache, sondern brachte ihn auch auf das Schloss Warthausen. Graf Friedrich von Stadion unterhielt eine kleine Hofkapelle.

An der evangelischen Lateinschule war Knecht nicht nur Schüler, sondern unterrichte ab dem Alter von 19 Jahren selbst dort. Wie überliefert wurde, war das Lehramt nicht gerade sein Traumberuf. Dennoch arbeitete er über viele Jahre als Lehrer, bis er im Jahr 1792 ausschließlich Organist und Kantor in der Simultankirche St. Martin wurde. „Es war vor allem sein Verdienst, dass das bürgerliche Musikleben Biberachs in Kirche und Konzertsaal ein hohes Niveau hatte“, so Schlegel. Seine Singspiele und theatralischen Werke wurden im Schlacht- und Komödienhaus aufgeführt, auch das Singspiel „Abel und Kain“. Knecht hatte dies im Alter von zwölf Jahren komponiert.

Auch Spuren im Internet

Knecht verbrachte fast sein ganzes Leben in Biberach. „Lieber will ich in Biberach bei meinem Bierle sitzen, als eine solche Hofluft atmen, die mich vom freien Menschen zum unfreien Menschen machte“, soll er nach seiner Rückkehr aus Stuttgart gesagt haben. Für kurze Zeit war er am Stuttgarter Hof unter König Friedrich I. „Direktor beim Orchester“, musste dieses Amt aber wegen mangelnder Akzeptanz wieder aufgeben. „Wieland hat ihn immer wieder dazu gedrängt, Biberach zu verlassen“, erläutert Schlegel. Als Knecht diesen Schritt dann wagte, sei er vielleicht schon zu alt gewesen.

Der Komponist hat nicht nur in der „echten“ Welt seine Spuren hinterlassen, sondern auch im Internet. Wer den Namen „Justin Heinrich Knecht“ googelt, erhält knapp eine Million Treffer in der Suchmaschine. So sind dort zum Beispiel CDs mit Knecht-Stücken beim Online-Marktplatz „Amazon“, die Noten für den Biberacher Schützenmarsch für Blechbläserensemble oder unzählige Informationen über sein Leben zu finden. Auch 200 Jahre nach seinem Tod, er starb am 1. Dezember 1817 nach zwei Schlaganfällen in Biberach, sind die Spuren von Knecht also noch immer nicht verwischt.

Führungen durch Ausstellung

Wer mehr über Knecht erfahren möchte, kann noch bis zum 28. Februar die Ausstellung „Justin Heinrich Knecht – 250 Jahre Biberacher Orchesterkultur“ im Museum Biberach besuchen. Eine Führung gibt es am 30. November um 18 Uhr mit Ralf und Alina Klotz zum Thema „Knecht – Magnificat und Pastorale“. Ralf Klotz und Belcanto führen am 7. Dezember um 18 Uhr zum Thema „Knecht – Der Choralkomponist“ durch die Ausstellung. Knechts CD-Diskographie thematisiert Franz Schlegel in einer Führung am 14. Dezember um 18 Uhr.