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Aerosol

Masken und Lüften bringen den besten Schutz

Biberach / Lesedauer: 4 min

Professor Haibel von der Hochschule Biberach ist im Expertenkreis Aerosole der Landesregierung
Veröffentlicht:15.04.2021, 17:19

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Aerosole gelten als einer der wesentlichen Übertragungswege für eine Covid-19-Infektion. Ein beim Wissenschaftsministerium verankerter elfköpfiger Expertenkreis Aerosole trägt die aktuellen Erkenntnisse in den relevanten Disziplinen für diesen luftgetragenen SARS-CoV-2 Infektionsweg zusammen und zeigt Forschungslücken auf. Die Expertinnen und Experten – unter ihnen Professor Michal Haibel von der Hochschule Biberach (HBC) – berät die Landesregierung hinsichtlich des Infektionsschutzes und übernimmt konkrete Arbeitsaufträge. So haben sie sich auf Bitten der Landesministerien und der Kommunalen Landesverbände mit konkreten Fragestellungen befasst, wie zum Beispiel den Aerosolbelastungen und Infektionsrisiken in unterschiedlichen Fahrzeugtypen des ÖPNV. Im Hinblick auf schrittweise Öffnungsmöglichkeiten im Kulturbereich haben sie zudem verschiedene Belüftungsprojekte ausgewertet und Empfehlungen formuliert. Die Ergebnisse liegen nun vor.

„Unsere Gesellschaft ist stärker als je zuvor auf die Wissenschaft angewiesen, um dieser Pandemie die Stirn zu bieten. Unser Ziel ist es, neben den wirksamen Schritten zur Eindämmung des Virus und seiner noch ansteckenderen Varianten, wo immer möglich den Menschen wieder ein Stück Normalität zu eröffnen – sei es in der Kultur oder in den Hochschulen“, sagte Wissenschafts- und Kunstministerin Theresia Bauer . Besonders wertvoll seien deshalb die Empfehlungen des Expertenkreises in Sachen Lüftung und Abstände in Zuschauerräumen, die sich auch auf andere Innenräume anwenden.

Der Expertenkreis hat mehrere Studien zu Aerosolbelastungen und Infektionsrisiken in Fahrzeugen ausgewertet und Empfehlungen zu unterschiedlichen Mobilitätsmöglichkeiten gegeben – vom öffentlichen Personennah- und Fernverkehr bis hin zu privaten Fahrgemeinschaften. Generell gelten in Fahrzeuginnenräumen dieselben Hygiene-Empfehlungen wie auch in anderen Innenräumen, also Abstand, Hygiene, Alltagsmasken und Lüften. So kann das Infektionsrisiko durch Abstand (im ÖPNV), die Minimierung der Anzahl (haushaltsfremder) Personen im gleichen Raum, eine geringe Aufenthaltsdauer sowie durch Händewaschen (sofern möglich, beispielsweise in Zügen) oder alternativ Handdesinfektion, das richtige Tragen einer möglichst wirksamen Maske sowie durch eine Erhöhung der Luftwechselrate gesenkt werden. Darüber hinaus zeigen Studien, dass die Menge an gebildeten Aerosolen, die potentiell virenhaltig sein kann, vom Verhalten der Fahrgäste abhängt. Beispielsweise erhöht lautes Sprechen die Exposition signifikant im Vergleich zu bloßem Atmen und sollte daher möglichst vermieden werden, so die Expertinnen und Experten.

Maßgeblich, so Michael Haibel, Professor für Lüftung- und Klimatechnik, „hängt das Infektionsrisiko von Luftwechselrate und der Strömungsführung ab“. Während sich diese Luftwechselrate in Autos durch Belüftungssystem und Fensterlüftung beeinflussen ließe, stehe im ÖPNV allein das Belüftungssystem zur Steuerung zur Verfügung, da sich Fenster teilweise nicht öffnen lassen. Deshalb empfehlen er uns seine Kolleginnen und Kollegen den Umluftanteil in Fahrzeugen zu minimieren und maximal Außenluft zuzuführen. „Auch wenn dies aus energetischer Sicht oder Komfortsicht nicht ideal ist“, so Haibel, der in den Studiengängen Energie-Ingenieurwesen sowie Energie- und Gebäudesysteme lehrt. Bei Pkws setzen die Experten auf eine „effektive Fensterlüftung“. Bedeutet: idealerweise sind alle Fenster geöffnet oder diagonal, zum Beispiel vorne rechts und hinten links.

Auch im Kulturbereich sei das Lüftungskonzept entscheidend, so Haibel. „Sofern eine Lüftung von unten gewährleistet ist und die Aerosolströme der Menschen im Zuschauerraum nach oben abgeleitet werden, könnte der sonst übliche Mindestabstand von 1,5 Metern verringert werden“, so die Einschätzung. Der Expertenkreis hebt mehrere Maßnahmen besonders hervor, insbesondere das durchgängige Tragen einer FFP2-Maske. Eine Lösung, die sie auch für Freiluftveranstaltungen als unerlässlich bewerten.

Für ihre Stellungnahme haben sich die Experten, die den Fachbereichen Virologie, Medizin, Biochemie, Verfahrenstechnik sowie Lüftungs- und Klimatechnik angehören, auch mit den neu entstanden Virusvarianten befasst, die sich leichter ausbreiten und in manchen Regionen bereits den weit überwiegenden Teil aller Infektionen ausmachen. Dies betrifft insbesondere die als B.1.1.7 bezeichnete englische Variante sowie weitere Mutationen aus Südafrika, Brasilien und Kalifornien.

Die möglicherweise erhöhte Infektiosität der neuen Varianten beruhe auf Veränderungen in einem Oberflächenprotein des Corona-Virus, wodurch das Virus besser an Zellen anheften und in Zellen eindringen könne. Die physikalischen Eigenschaften dagegen seien nach aktuellem Stand unverändert – „insofern gelten die gleichen Schutzmechanismen“, so Haibel.