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Fußgängerunterführung

„Love Letters“ in der Fußgängerunterführung

Biberach / Lesedauer: 2 min

Ausstellung der Wieland-Stiftung ist an einem ungewöhnlichen Ort zu sehen
Veröffentlicht:28.08.2020, 16:00

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Christoph Martin Wieland liebte Sophie von La Roche noch lange nach deren Trennung, Heinrich von Kleist brachte sich und seine Geliebte am Wannsee um, Annette von Droste-Hülshoff war unglücklich verliebt in den Sohn ihrer Jugendfreundin und René Maria Rilke benannte sich wegen seiner Liebe zur Schriftstellerin und Philosophin Lou Andreas-Salomé in Rainer um. Die Wieland-Stiftung stellt nun in einer hybriden Ausstellung Liebesbriefe deutscher Autorinnen und Autoren vor.

Eigentlich hätte die Ausstellung „Love Letters“ am 8. März beim „ Tag der Archive “ gezeigt werden sollen, doch es kam anders. Der „Tag der Archive“ fiel als eine der ersten Veranstaltungen in Biberach dem Coronavirus zum Opfer. Die Wieland-Stiftung arbeitete mit der Werbeagentur Elsner daran, einen Teil der Ausstellung in die Unterführung an der Kreuzung Königsbergallee/Waldseer Straße zu verlegen, direkt vor dem „Haus der Archive“. Die schönsten Zitate der ausgewählten Liebesbriefe zieren nun die Wände in der rosarot beleuchteten Unterführung. Jedes dieser Zitate ist mit einem QR-Code versehen, der auf den ganzen Brief sowie Hintergrundinformationen verlinkt.

Die Wieland-Stiftung ruft dazu auf, inspiriert von den Zitaten und der Atmosphäre selbst kreativ zu werden und Liebesbotschaften zu verschicken. Gefragt sind Rezitationen der Liebesbriefe in kurzer oder langer Form, eigene Liebeszeilen oder Fotos vor den Zitaten. Audiodateien, Videos und Fotos können ab sofort via WhatsApp an die Wieland-Stiftung unter 07351/51-458 gesandt werden (Informationen zum Datenschutz im Infokasten). Die Inhalte werden auf www.wieland-goes-creative.de und weiteren sozialen Medien der Stiftung veröffentlicht. Die besten drei Einreichungen gewinnen jeweils eine exklusive Führung für zwei Personen durch die Ausstellung im Haus der Archive und ein Glas Champagner unter Wielands Liebesbriefen in seinem einstigen Gartenhaus – im Museum allein zu zweit.

Liebesbriefe sind damals wie heute Ausdruck von Sehnsüchten, Träumen, von unerfüllten Erwartungen, erotischem Begehren oder gegenseitig erwidernden Liebesbekundungen. Auch wenn der klassische Liebesbrief heutzutage weitestgehend durch SMS, Tweets, WhatsApp und E-Mails ersetzt wurde, so haben Liebesbotschaften noch immer Konjunktur. Der Liebesbrief gibt Auskunft über das Seelenleben des Individuums, spiegelt aber gleichzeitig Geschlechterverhältnisse, Gesellschaftsstruktur und Mentalitätsgeschichte wider – ob er jene regelkonform bestätigt oder ihnen zuwiderläuft. Dokumentiert werden in der Textpräsentation eine subjektive Auswahl von Liebesbriefen bekannter Schriftsteller von Christoph Martin Wieland bis Ingeborg Bachmann. Einen besonderen ästhetischen Reiz haben die Briefe durch eine geschliffene Ausdrucksweise. Denn vor allem die intime Rede ermöglicht Literaten interessante Entfaltungsmöglichkeiten für ihre Kreativität, die ihnen in Romanen, Erzählungen und Novellen verwehrt bleiben.

Das Projekt wird gefördert aus Landesmitteln durch die Arbeitsstelle für literarische Museen in Baden-Württemberg (Deutsches Literaturarchiv Marbach) sowie der Bruno-Frey-Stiftung.