In der aktuellen Folge Gesprächsstoff dreht sich alles rund ums Thema „Einkaufsstadt Biberach – Kauflust oder Kauffrust?“. Einer, der sich in diesem Bereich richtig gut auskennt, ist Josef Röll. Er ist bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm zuständig für den Einzelhandel. Redakteurin Tanja Bosch hat mit dem Experten gesprochen.
Herr Röll , wenn Sie an Biberach als Einkaufsstadt denken, herrscht bei Ihnen dann Kauflust oder Kauffrust?
Auf jeden Fall Einkaufslust. In Biberach gibt es immer etwas zu entdecken. Auch durch die Attraktivität der Altstadt wird Biberach zu einer besonderen Einkaufsstadt. Das Angebot ist sehr bunt und auch qualitativ hochwertig. Mir gefällt besonders gut die Mischung zwischen Handel und Gastronomie. Im Vergleich zu anderen Städten in der gleichen Größe ist Biberach besonders gut aufgestellt. Nur die Biberacher glauben das oftmals nicht. Wenn ich Besuch von weiter her habe, gehört Biberach immer zum Pflichtprogramm – alle sind begeistert.
Warum glauben das die Biberacher nicht?
Ich kenne einige kritische Stimmen. Manchmal würde ich mir wünschen, dass sich diese Biberacher ihre Stadt mal mit der Brille eines Auswärtigen ansehen. Denn oft sieht man nicht, wie schön es vor der eigenen Haustür ist. Man kann Biberach durchaus immer wieder neu entdecken und einfach mal nicht die gewohnten Wege gehen.
Welche kritischen Stimmen gibt es? Wo hat Biberach Nachholbedarf?
Viele vergleichen Biberach mit Ravensburg oder Ulm , wo es viele große Ketten gibt. Biberach ist aber mit diesen Städten nicht zu vergleichen. Klar, aus Kundensicht fehlt vielleicht der eine oder andere Filialist. Der H&M in Ehingen ist beispielsweise ein wichtiger Magnet für die Ehinger Innenstadt. Ein H&M würde auch der Biberacher Innenstadt gut stehen, aber Biberach ist auch ohne diesen Magneten sehr attraktiv.
Viele Biberacher Jugendliche sehen das anders. Fehlt das Angebot für diese Zielgruppe?
Das würde ich nicht so sagen. Es gibt in den Biberacher Läden viele Marken, die für Jugendliche interessant sind, aber vielleicht nicht in der gewünschten Preisklasse. Dass die Jugendlichen sich Filialisten wünschen und ihnen vielleicht manche Marken fehlen, ist verständlich, aber das geht den Ulmer Jugendlichen auch so. Sicher fahren viele Biberacher Jugendliche nach Ulm zum Shoppen – gleichzeitig finden viele Ulmer Jugendliche Ulm zu langweilig und shoppen in Stuttgart. Da ist auch ein wenig der Weg das Ziel.
Wie sehen Sie das Thema Leerstände in Biberach?
Da hat Biberach aus meiner Sicht kein großes Problem. Markante Leerstände gibt es eher selten, vielleicht ein paar Objekte, die schwer zu vermieten sind und sich eher in Randlagen befinden. Natürlich muss man immer aufpassen, dass Nebenlagen nicht „ausbluten“, aber in Biberach mache ich mir da weniger Sorgen. Da sieht es in anderen Städten ganz anders aus. Die Top-Lagen in Biberach sind jedenfalls alle vermietet, und das obwohl die Mieten doch sehr hoch sind. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass es funktioniert und es bei den Händlern läuft.
Spielt der Onlinehandel in Biberach eine Rolle?
Natürlich. Der Onlinehandel spielt schon länger und auch in Zukunft eine große Rolle – überall und in jeder Stadt – deshalb müssen die Händler mit gutem Service punkten. Die Händler müssen diese Konkurrenz, die der Onlinehandel ist, immer im Blick haben. Der Onlinehandel hat Maßstäbe gesetzt etwa beim Umtausch. Daran müssen sich Innenstadthändler orientieren. Auch die Händler in der Innenstadt müssen online sichtbar sein. Ein Googlemaps-Eintrag ist das Mindeste, was ein Händler haben muss, denn die Auffindbarkeit ist entscheidend. Nicht jeder muss einen Online-Shop betreiben. Aber sich dem Thema ganz zu verschließen, halte ich für den völlig falschen Weg.