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Haushaltsrede

Haushaltsrede von Ulrich Heinkele (FW)

Biberach / Lesedauer: 8 min

Haushaltsrede von Ulrich Heinkele (FW)
Veröffentlicht:21.12.2020, 05:04

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Die Haushaltsrede von Ulrich Heinkele (Freie Wähler) zur Verabschiedung des Haushalts 2021 der Stadt Biberach am 17. Dezember 2020 im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Zeidler, sehr geehrte Herren Bürgermeister Miller und Kuhlmann, sehr geehrter Herr Dr. Riedlbauer, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

das Jahr 2020 war ein in vieler Hinsicht außergewöhnliches Jahr. Wegen des Covid 19-Virus mussten wir lernen, mit ungeahnten Einschränkungen des öffentlichen wie des privaten Lebens umzugehen. Liebgewordene Gewohnheiten und menschliche Nähe waren plötzlich keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Stadtverwaltung hat auf die Verord-nungen von Bund und Land zielgerichtet und schnell mit Notprogrammen und einer flexiblen Gebührengestaltung reagiert und den Belangen der Bürger, der Gastronomie und des Einzelhandels Rechnung getragen. Dafür gilt allen Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, den besonders geforderten Amtsleiter*innen und Mitarbeitenden des ABBS, des OA, des Hauptamts und des Gebäude-Managements unser ausdrücklicher Dank für die geleistete Arbeit.

Nun, bei steigenden Infektionsraten haben Bund und Land erneut den Lockdown verfügt, der für Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und viele andere Bereiche sehr belastend ist. Der Familienbesuch an Weihnachten wird nicht in allen Fällen möglich sein. Viele Bürger fühlen sich durch die verhängte Ausgangssperre isoliert. Wenn sich die Bevölkerung an die Vorgaben hält, dürfte die Silvester-Knallerei ausfallen; nicht nur wegen der enormen Einsparung an CO2 und Rußpartikeln ist das für mich eine der absolut positiven Seiten der Pandemie! Die Politiker in Bund und Land tun sich schwer eine einheitliche Linie zu finden. Für die Unterstützungszahlungen hat die Politik recht unterschiedliche Ansätze gewählt, und die Empfänger müssen wochenlang warten. Das ist Wasser auf die Mühlen der unsäglichen Querdenker und Corona-Leugner. Die Zahl der Menschen, die hinterher immer alles besser wissen, erhöht sich zwangsläufig!

In Biberach diskutiert der GR derweil den Haushalt für 2021. Schon Mitte 2020 initiierte die Stadtspitze im Investitionsbereich gewisse Corona-bedingte Korrekturen, der HH 2020 blieb aber in der Grundaussage ambitioniert. In einer Hochrechnung bezifferte Frau Leonhardt nun die Ertragsausfälle und Mehraufwendungen auf rund 19 Mio. €, die allerdings aus den Rettungsschirmen von Bund und Land mit 31 Mio. € mehr als ausgeglichen werden. Für das geplante Defizit für den Ergebnis-HH 2021 von 5,7 Mio.€ (diese Zahl gefällt mir nicht) und weitere Defizite in 2022/2023 lässt sich damit ein Puffer von 11 bis 15 Mio. € aufbauen. Ob dieser allerdings ausreicht, die in BC üblichen deftigen Preissteigerungen bei Investitionen oder andere unvorhersehbare Herausforderungen abzufedern, bleibt abzuwarten. Stadtrat Funk hat sich vorher dazu geäußert.

Derzeit können keine richtig belastbaren Aussagen zu den künftigen Einnahmen aus Einkommen- und Umsatzsteuer gemacht werden, da die Auswirkungen der Pandemie noch nicht abzusehen sind. Die Einkünfte aus Gewerbsteuer werden ambitioniert auf zunächst 100 Mio. €, in den Folgejahren auf 125 Mio. € geplant. Bei der Gelegenheit ein Dank an alle Gewerbetreibende, Händler, Soloselbstständige, die Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen. Ich hoffe, dass die nach der Pandemie alle noch da sind.

Dabei muss klar sein, dass die hohen Zahlungen aus den Rettungsschirmen irgendwann von irgendwem zurückgezahlt werden müssen. Die im Haushaltsplan 2021 getätigten Aussagen erscheinen uns daher mit einigen Unsicherheiten behaftet.

Dabei ist der Haushalt der Stadt Biberach seit Jahren gekennzeichnet durch hohe Steuereinnahmen und leider auch hohe Aufwendungen – eine Entwicklung, die von der Stadtspitze auch in der mittelfristigen Finanzplanung so erwartet wird. Wir FW freuen uns natürlich, wenn das Gewerbesteueraufkommen wie geplant eintrifft. In der Folge der Pandemie fehlt es vielen Firmen an Liquidität; eine Erhöhung der Steuersätze kommt daher für die FW nur in Frage, wenn die Stadt gleichzeitig ihre Aufwendungen reduziert. Andererseits muss Biberach angesichts einer wachsenden Einwohnerzahl und dem starken Anstieg an Arbeitsplätzen Investitionen in Kindergärten, Schulen, Baugebiete und Straßen tätigen. Das treibt die Aufwendungen in Form von Abschreibungen, Unterhaltung der Infrastruktur und die Kosten für zusätzliches Personal z.B. bei den Kitas in die Höhe. Es wird also ein Kraftakt werden, die städtischen Aufwendungen zu begrenzen oder gar zu senken.

Das Wachstum der Bevölkerung bedarf einer Anbindung der umliegenden Ortschaften an unseren sehr guten ÖPNV – möglichst bald und ordentlich mitfinanziert durch den Landkreis Biberach. Der in die Jahre gekommene ZOB muss für die zukünftigen Verkehrsströme ertüchtigt werden.

Angesichts der EU-Vorschriften für saubere Busse und angesichts der auslaufenden Bus-Konzessionen haben die FW dem wohl alternativlosen Mehrheitsbeschluss im Aufsichtsrat der Stadtwerke über den Kauf von 8 Elektrobussen zugestimmt. Dass die Reduktion von CO2 und stinkenden Dieselgasen in der Altstadt mit der Goldmedaille im EEA-Prozess vergütet werden könnte, hinterlässt bei uns allerdings schon einen schalen Beigeschmack. Schließlich werden die meisten Autobatterien in China mit Kohlestrom und in den USA mit Fracking-Energie hergestellt, während der Abbau von Lithium mit riesigen Mengen an knappem Wasser, vergiftetem Land und meist auch noch mit Kinderarbeit verbunden ist. Und- es wird dringend Zeit, dass die Entsorgung von Batterien zufriedenstellend gelöst wird. Wir stellen daher fest: Wir reduzieren mit unserem Beschluss zuerst mal nur das CO2 in Biberach - und indirekt manchen Arbeitsplatz in Biberach und Baden-Württemberg noch dazu!

Dem hohen Bedarf an Kindergartenplätzen werden wir durch den Bau von über 10 Kita-Gruppen im Baugebiet Hauderboschen und in weiteren Stadtgebieten gerecht. Ob’s ausreicht, wissen wir noch nicht. Nachdem der KiGa Hauderboschen zuletzt rund 8 Mio. € kosten sollte, wurde der Planungsprozess zugunsten einer Neuausschreibung in GU-Form gestoppt. Diese erbrachte die deutliche Ersparnis von rund 350.000 €, an denen die FW mit ihrem konsequenten Einfordern der Besichtigung des Euro-Kindergartens in Pfullendorf ihren Anteil haben. Dabei konnten wir uns von der notwendigen Qualität und Funktionalität einer GU-Lösung überzeugen. Wir wünschen der Firma Schmid mit ihrem Holzbau viel Erfolg und hoffen auf eine schnelle Umsetzung!

Wir begrüßen es, dass bei städtischen Ausschreibungen auf energetische Lösungen verstärkt Wert gelegt wird. Wir möchten anregen, dass bei jedem städtischen oder hospitälischen Neubau die Möglichkeit der Installation eines Eisspeichers kombiniert mit einer PV-Anlage geprüft und bei Eignung in die Ausschreibung aufgenommen wird. Die höheren Herstellungskosten amortisieren sich in wenigen Jahren und eröffnen die Möglichkeit, auch größere Gebäude praktisch energieneutral zu versorgen. Beispiel:

Galoppierende Preise gab es auch beim Neubau der Mali-Sport-Halle. Die verantwortlichen Architekten des gelungenen Entwurfs versuchten ihren kostenrechnerischen Alptraum von zuletzt 40 % Steigerung beim Holzbau gegenüber den gut informierten Gemeinderäten mit dem Hinweis auf Holz-Preissteigerungen zu verteidigen. Dass es diese in dieser Höhe sicher nicht gab, kann man am Neubau des Zimmererzentrums ablesen, welcher knapp unter den geplanten Kosten von 11,8 Mio. € erstellt werden konnte. Die heißen halt auch Kompetenz-Zentrum und vielleicht sollte man sich dieselbe bei städtischen Bauvorhaben zunutze machen. Wir hoffen auf die Fertigstellung der Sporthalle zu den jetzt festgestellten Kosten!

Aufgrund des umfangreichen, vom Personal strikt befolgten Hygienekonzepts blieb das Bürgerheim bisher von Corona-Infektionen verschont. Besuche der Angehörigen sind nach wie vor möglich. Die Großküche und das Restaurant Ropach werden aufgrund der wochenlangen Schließung mit einem Defizit abschließen. Sehr positiv vermerken die FW, dass die Entscheidung für ein Neubau von Haus 2 getroffen wurde, der die Bereiche der Tagespflege, den ambulanten Pflegedienst und Betreutes Wohnen aufnehmen wird. Weiterhin gehen wir davon aus, dass die Heimbewohner und die pflegenden Kräfte zügig in den nächsten Wochen geimpft werden können.

Nach der Abfuhr des Käferholzes wird der hospitälische und städtische Wald unter der Leitung von Forstdirektor Weishaupt sukzessive in einen klimaresistenten Wald umgebaut. Dabei hätten wir FW noch einen Vorschlag: nach Abklingen der Pandemie könnten sich die GR anlässlich des obligatorischen Waldbegangs auf einer festgelegten Fläche beim Pflanzen von Bäumen nützlich machen. Herr Weishaupt bestimmt das Wann und das Wo , und mancher Gemeinderat erfährt bei dieser Gelegenheit, Wie anstrengend diese Arbeit ist. Biberacher Bürger, manche Schulklasse und zukünftige Gemeinderätinnen und -räte können das Wohlergehen der Bäume, die damals gleich nach der Pandemie gepflanzt wurden, in den Folgejahren begutachten!

Wir stimmen dem haushalt zu mit dem Hinweis, auf die Aufwendungen verstärkte Aufmerksamkeit zu setzen, das gilt auch für den Personalhaushalt.

Im Namen der FW-Fraktion möchte ich Ihnen Herr Oberbürgermeister Zeidler zusammen mit der Verwaltungsspitze und allen Mitarbeitenden den Dank für die geleistete, oft schwierige Arbeit während der letzten Monate ausdrücken. Ein spezieller Dank gilt Frau Leonhardt und ihrem Team für die pünktliche Bereitstellung des gut strukturierten Haushaltsplans. Die FW wünschen Ihnen ein geruhsames Weihnachtsfest. Bleiben Sie gesund! Die von Allen ersehnte Impfung naht!

Noch eine Bemerkung in eigener Sache: Zum 01.01.2021 übernimmt Frau Stefanie Etzinger den Fraktionsvorsitz bei den FW; Ihre Stellvertreterin wird Frau Flavia Gutermann.