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Frieden

Flüchtlinge stellen sich gegen Gewalttaten

Biberach / Lesedauer: 3 min

Bewohner der Unterkunft im alten EVS-Gebäude wollen friedliches Miteinander
Veröffentlicht:17.01.2016, 16:55

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Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft im früheren Biberacher EVS-Gebäude verurteilen die Taten, die sich in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten ereignet haben. Die Gewalttäter, unter denen offenbar viele Flüchtlinge waren, müssten hart bestraft werden. Man möge die Einstellung dieser Kriminellen nicht auf alle Flüchtlinge übertragen, appellieren die Bewohner der Biberacher Unterkunft.

Rund 60 Flüchtlinge sind an diesem Abend im früheren EVS-Konferenzraum in dem Gebäude an der Bahnhofstraße zusammengekommen, alles junge Männer. Das Interkulturelle Forum für Flüchtlingsarbeit (IFF) Biberach lädt jeden Freitag zu dem Treffen ein. Neben dem Klären von Alltagsproblemen geht es diesmal um die Ereignisse von Köln und die Auswirkungen.

„Was in Köln vorgegangen ist, kann man nicht tolerieren“, sagt Ismail Usafzi aus Afghanistan. Seine Worte werden in die jeweiligen Landessprachen der Flüchtlinge übersetzt. „Das waren keine Flüchtlinge, die ihr Land aus Not verlassen haben, sondern die hier sind, um das System auszunutzen. Wir schämen uns dafür, dass Flüchtlinge daran beteiligt waren“, fügt er hinzu.

Die Gewalttaten von Köln seien ein Problem für alle Syrer in Deutschland, sagt Mouath Kaidti, der aus dem Bürgerkriegsland stammt. „Die Deutschen sind jetzt verängstigt und denken, alle Syrer machen Probleme.“ Das stimme aber nicht. Er und viele seiner Landsleute seien glücklich, dass sie hierher kommen durften. „Wir müssen jetzt nicht nur die deutsche Sprache lernen, sondern auch die Traditionen, Gesetze und Werte, die hier gelten, damit wir keine Fehler machen“, sagt Kaidti. Er hoffe deshalb, dass die Leute in Biberach ihm und seinen Landsleuten dabei helfen. „Wir wollen uns weiterentwickeln und wollen auch helfen, die Stadt weiter zu entwickeln“, sagt er „Wir haben in unserem Heimatland viel verloren, wir möchten nicht noch mehr verlieren.“ Er danke allen in Deutschland, die ihm bisher geholfen haben.

Nicht auf alle Flüchtlinge schließen

Mustapha Fadia aus Gambia hat von den Vorfällen in Köln bei Facebook gelesen. „Wir sind nicht mit dem Ziel hierher gekommen, etwas zu zerstören, sondern weil wir uns hier weiterentwickeln wollen“, sagt er. Die Täter von Köln müssten die Konsequenzen zu spüren bekommen. „Wir müssen uns hier wie gute Bürger verhalten, so wie es das Gesetz vorgibt“, sagt sein Landsmann Alieu Sowe. Man dürfe aber von einzelnen Gewalttätern auch nicht auf alle Flüchtlinge schließen, findet Robei Tesfabrhan aus Eritrea.

Sohail Ashraf aus Pakistan hat mitbekommen, dass manche Deutschen nun Angst haben und in Facebookgruppen dazu aufrufen, sich besser zu schützen. „Die Deutschen wollen nicht, dass Dinge wie in Köln nochmal passieren. Auf eine solche Aktion folgt eben jetzt die Reaktion“, sagt er. „Die Täter müssen hart bestraft werden. Jeder von uns muss sich fragen, wie er reagieren würde, wenn seiner Schwester etwas Böses angetan würde.“ Deutschland habe die Flüchtlinge nicht eingeladen, „aber Deutschland hat seine Tore aufgemacht und uns gerettet. Dafür müssen wir dankbar sein“.

„Wie können wir verlangen, dass die Deutschen nett zu uns sind, wenn wir sie verletzen“, sagt Edrissa Jallow aus Gambia. Biberach sei einer der schönsten Orte in Deutschland, die er gesehen habe. „Wenn wir respektiert werden wollen, müssen wir nett zu den Menschen hier sein“, so seine Meinung.

„Es ist schwierig, Menschen einzuschätzen“, sagt Ismail Usafzi. „Es ist möglich, dass es auch in Biberach Flüchtlinge gibt, die schlechte Gedanken haben.“ Er appelliert deshalb an alle Flüchtlinge, sich in den Unterkünften mit Liebe und Respekt zu begegnen. „Nur wenn wir das untereinander schaffen, können wir auch den Menschen in Deutschland mit Liebe und Respekt begegnen.“