Biberach ist beim Energie- und Klimaschutz deshalb nicht so erfolgreich wie Friedrichshafen , Ravensburg oder Ulm, weil die Stadt viel Industrie hat, die CO-Emissionen verursacht, außerdem überproportional viele Einpendler. Auf diese Formel lässt sich die Erklärung der Stadtverwaltung bringen, warum Biberach beim European Energy Award (EEA) erst einmal keinen Gold-Status erreichen wird.
Im Jahr 2014 hat Biberach den EEA erstmals erhalten, für Juli 2018 steht die Re-Zertifizierung an. Das bedeutet, die Stadt muss den Nachweis erbringen, dass die vor vier Jahren umgesetzten Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz noch immer Bestand haben und in welchen Bereichen sich die Stadt unter Umständen noch verbessern will.
In den sechs Handlungsfeldern des EEA hatte Biberach 2014 insgesamt 65 Prozent der erreichbaren Punkte geschafft. Diesen erhält man ab 50 Prozent der Punkte. Ab 75 Prozent der erreichbaren Punkte erhält eine Kommune den EEA in Gold. Zum Vergleich: Ulm erreicht 72 Prozent, Friedrichshafen 80 Prozent und Ravensburg sogar 86 Prozent. „Man darf aber hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“, sagte der Biberacher Baubürgermeister Christian Kuhlmann diese Woche im Bauausschuss. Jede Kommune habe andere Strukturen, weshalb es ihr leichter oder auch schwerer falle, die entsprechende Punktzahl zu erreichen. „Biberach ist ein starker Wirtschaftsstandort mit Unternehmen, die viel Energie verbrauchen.“ Zudem habe die Stadt erheblich mehr Menschen, die jeden Tag in die Stadt einpendeln. Trotzdem wolle Biberach alles versuchen, das Optimum beim Klimaschutz herauszuholen. Ziel sei, irgendwann den EEA in Gold zu erreichen, „aber diesmal werden wir das nicht schaffen“, so Kuhlmann.
Am Ende entscheidet der Rat
Das Energieteam der Stadtverwaltung hat deshalb das Leitbild und das energiepolitische Arbeitsprogramm für die Re-Zertifizierung aktualisiert. Darin will Biberach bis 2040 eine weitgehend CO-neutrale Verwaltung erreichen. Außerdem sollen Energieeinsparung und die Verendung erneuerbarer Energien im Stadtgebiet gesteigert werden. Beim Bauen gilt: Innen- vor Außenentwicklung. Neue Siedlungsflächen im Außenbereich sollen flächenschonend und umweltverträglich gemäß den Zielen der kompakten Stadt entwickelt werden. Die Umsetzung konkreter Einzelmaßnahmen stehe aber unter dem Vorbehalt eines Gemeinderatsbeschlusses.
Der letztgenannte Punkt sei der CDU-Fraktion besonders wichtig, sagte Stadtrat Hubert Hagel. Wichtig sei für die CDU auch, dass im Arbeitsprogramm festgehalten ist, dass Biberach auch künftig neue Siedlungsflächen benötige.
Auch die SPD trug das Arbeitsprogramm mit. Es müssten auch mal unpopuläre Maßnahmen vorgeschlagen werden, „denn Klimaschutz betrifft uns alle“, so Heiko Rahm.
Durch seine erfolgreiche Industrie stehe Biberach beim EEA im Vergleich zu den Nachbarstädten zwar nicht so gut da, sagte Flavia Gutermann (FW). „Wir möchten unsere Firmen aber nicht missen, denn sie tragen zum Reichtum der Stadt bei, von dem alle profitieren.“
„Wir sind Schlusslicht“
Josef Weber (Grüne) mochte in diesen positiven Tenor nicht einstimmen. „Wir sind Schlusslicht.“ Er empfinde das als niederschmetternd. „Alles wird in schöne Worte gekleidet, und rauskommen tut fast nichts dabei“, so Weber. Biberach habe beim Umwelt- und Klimaschutz richtig Nachholbedarf.
Er erntete mit diesen Aussagen den Widerspruch des Baubürgermeisters: „Das sind nicht nur schöne Worte. Wir meinen das ernst, was wir im Arbeitsprogramm schreiben.“ Biberach habe im Umwelt und Klimaschutz bereits entscheidende Dinge vorangebracht, so Kuhlmann.