Steinwurf
Dieb droht Kaufhausdetektiv mit Steinwurf
Biberach / Lesedauer: 4 min
Wegen eines räuberischen Diebstahls in Biberach sowie Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung, begangen in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Buchau, ist ein Mann vom Amtsgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Obwohl das Schöffengericht die Strafe für drei Jahre zur Bewährung aussetzte, wurde der in Fußfesseln vorgeführte Angeklagte zurück ins Gefängnis gebracht. Denn in dieser Woche beginnt vor dem Landgericht Ravensburg eine weitere Verhandlung gegen ihn. Es geht um den Vorwurf des zweifachen räuberischen Diebstahls in Biberach aus dem Jahr 2018.
Vor dem Amtsgericht Biberach wurden jetzt zunächst einmal die Taten vom November 2017 verhandelt. Der Angeklagte hatte nach dem Diebstahl einer Jacke die Flucht ergriffen und war vom Kaufhausdetektiv im Wieland-Park gestellt worden. Der Dieb widersetzte sich, soll dem Detektiv mit einem Steinwurf gedroht und dann auf einem Fahrrad die Flucht ergriffen haben, so der Vorwurf. Den Diebstahl an sich bestritt der Angeklagte nicht. Ihm sei kalt gewesen, sagte er zur Begründung.
Zunächst einen Job gefunden
Der Angeklagte, geboren 1995 in Bagdad, war 2015 nach Deutschland gekommen. Nach einer langwierigen Flucht lebte er die erste Zeit in einer Flüchtlingsunterkunft in Biberach.
Die Zeit in Deutschland ließ sich zuerst gut an: Der gelernte Schweißer bekam eine Anstellung bei einer Firma im Illertal, die Sprache lernte er selbstständig. Als der Betrieb bei verschlechterter Auftragslage den Stundenlohn auf zehn Euro kürzte, kündigte der Angeklagte.
Jacke im Wert von 59 Euro gestohlen
Die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle gestaltete sich schwierig, durch die viele freie Zeit kam er mit einer Clique zusammen, die Cannabis konsumierte und sich hauptsächlich mit „Chillen“ beschäftigte. Da nach seiner Kündigung das Geld fehlte, nahm er die warme Jacke im Wert von 59 Euro aus einem Biberacher Bekleidungshaus mit, ohne zu bezahlen.
Den Vorwurf, dass er dem Detektiv Gewalt angedroht habe, wies sein Verteidiger indes zurück. Der verängstige Angeklagte habe lediglich versucht, den Verfolger aus Angst um die eigene Unversehrtheit auf Abstand zu halten.
Angeklagter drohte und beleidigte
Es blieb allerdings nicht bei diesem Vorfall. Drei Wochen später ist er laut Anklage beim Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Buchau ausgerastet. Eine ehrenamtliche Helferin soll gegenüber einem anderen Flüchtling angemerkt haben, der Angeklagte sei vielleicht kein guter Umgang für ihn.
Der Angeklagte hörte davon, drang in die Kinderbetreuungsstunde der Helferin ein, wurde laut und schrie: „Was hast Du gemacht?“ Die 67-jährige war zutiefst erschrocken, sie empfand das Verhalten des Angeklagten als bedrohlich. Nachdem der Mann den Raum verlassen hatte, ging ein großer Tumult auf dem Flur der Unterkunft los. Dort hatte er nämlich einen weiteren Bekannten getroffen, dem er ebenfalls üble Nachrede unterstellte.
Polizei muss Situation beunruhigen
Innerhalb kürzester Zeit befanden sich sämtliche Bewohner auf dem Flur, der Angeklagte tobte, drohte und beleidigte die Mutter des Bekannten und den Bekannten selbst. Erst als die Polizei gerufen wurde, beruhigte sich die Situation. Wegen dieses Vorfalls kamen die Anklagepunkte Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung dazu.
Die Anhörung des damals bedrohten Zeugen offenbarte zumindest eine völlig andere Streitkultur. Eine Körperverletzung war ihm trotz seiner anderslautenden Aussage vor der örtlichen Polizei nicht erinnerlich. Die Beleidigungen gegen seine Mutter seien sicherlich nicht persönlich gemeint, in der Sprache der Iraker hätten diese eher formelhafte Bedeutung. Überhaupt sei er mit dem Angeklagten nicht verfeindet. Er sehe die schwierige Situation des Mannes.
Angeklagter wünscht sich einen Neuanfang
Der Staatsanwalt hob in der Gesamtwürdigung auf den hohen Aggressionsgrad sowohl bei der Auseinandersetzung mit dem Detektiv wie auch in Bad Buchau ab. Er forderte anderthalb Jahre Haft. Der Verteidiger hob das Geständnis des Angeklagten hervor und seine schwierige wirtschaftliche Lage.
In seinem Schlusswort bat der Angeklagte das Schwurgericht, ihm noch eine Chance einzuräumen. Er wünsche sich einen Neuanfang. Richter Ralf Bürglen verkündete als Urteil eine Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kündigte Berufung an.