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Protestwelle

Der Protest war nur zum Teil bunt

Biberach / Lesedauer: 2 min

Biberacherinnen führen vor, was sie 1968 getragen haben
Veröffentlicht:15.06.2018, 18:58

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1968 hat die jugendliche Protestwelle auch das oberschwäbische Biberach erfasst. Aber wie war man eigentlich modisch zu dieser Zeit im Städtle unterwegs? Das Museum Biberach hatte aus Anlass der aktuellen Sonderausstellung „1968“ Männer und Frauen aufgefordert, ihre Kleiderschränke zu öffnen und die schönsten Stücke aus dieser Zeit zu einer Art Modenschau ins Museum zu bringen.

Mode scheint auch im Biberach des Jahres 1968 hauptsächlich Frauensache gewesen zu sein. Anders lässt sich kaum erklären, warum neben rund 20 Frauen lediglich drei Männer – darunter Museumsleiter Frank Brunecker und der damalige Biberacher Revoluzzer Martin Heilig – an diesem Abend den Weg ins Museum gewfunden haben. Wobei Heilig in den späten 60ern und frühen 70ern modisch durchaus extravagant unterwegs war: schwarzer Tibet-Wolf-Mantel, weißes Hemd, roter Schal, weiße Cordhose und halbhohe schwarze Stiefel. „Viele Männer zu dieser Zeit trugen aber hauptsächlich Sakkos und Stoffhosen“, so Brunecker. Von Jeans-, Flower-Power- oder Hippie-Look sei in Biberach 1968 zumindest bei den Männern noch nichts zu sehen gewesen. „Bunt wurde es erst zu Beginn der 70er-Jahre“, so Brunecker.

Etwas anders sah es da allerdings bei den jungen Frauen in dieser Zeit aus. Einige der damaligen Teens und Twens waren ins Museum gekommen und hatten modische Erinnerungsstücke dabei. Die jungen Frauen trugen Kleider oder Kostüme – oft aus Polyester und zum Teil so kurz, dass es selbst heute äußerst gewagt wäre. „Ist das nicht ein bissle arg kurz?“, zitierte eine der Anwesenden ihre besorgte Mutter. „Ich hab’ ja eine saubere Unterhose an“, habe sie darauf immer schnippisch geantwortet.

Helle Begeisterung rief ein kurzes blaues Kleid hervor, das Doris Bloy sich damals selbst gehäkelt hatte samt passendem Gürtel. „Ist das schön!“, rief eine Besucherin verzückt aus. „Kann man das kaufen?“

Von Mut und Selbstbewusstsein zeugte auch das kurze weiße Hochzeitskleid von Erika Ellinger samt passendem Hütchen. „Ich hatte damals ein gestörtes Verhältnis zu den traditionellen Hochzeitsgarderoben“, sagte sie. Genauso resolut untersagte sie dem Pfarrer damals, im Traugottesdienst den Bibelspruch zu rezitieren, wonach „das Weib dem Manne untertan“ sein solle.

Die Besucherinnen waren sich einig, dass vieles von dem, was bereits seit 50 Jahren im Kleiderschrank hängt, modisch gesehen inzwischen durchaus wieder tragbar sei.

Warum die Klamotten in den vergangenen Jahrzehnten nicht längst in den Altkleidersack gewandert sind? „Für mich hängen da sehr persönliche Erinnerungen mit dran“, sagte eine Frau. Und Martin Heilig meinte: „Für mich schlagen die Kleidungsstücke eine direkte Brücke zu 1968. Schließlich habe ich ja selbst in den Sachen dringesteckt.“