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Ökopunkt

Für den Biber gibt es keine Ökopunkte

Betzenweiler / Lesedauer: 3 min

Mögliche Ausgleichsfläche gehört dem Land – Bürgermeister vermisst Flexibilität
Veröffentlicht:02.02.2018, 20:27

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Am Ortsrand von Betzenweiler hat es sich ein Biber, wahrscheinlich eine ganze Biberfamilie, wohnlich eingerichtet. Sichtbar ist dies an gefällten Bäumen und vernässten Wiesen. Weil dadurch die Ableitung versperrt war, gab es bisweilen Rückstaus im Abwasserkanal. Betzenweilers Bürgermeister Dietmar Rehm könnte damit gut leben – wenn der Gemeinde dafür wenigstens Ökopunkte gutgeschrieben würden. Das werde aber immer schwieriger, verfügbare Ausgleichsfläche immer rarer.

In das Pumpwerk in Betzenweiler gelangt das Abwasser aus der Federseeringleitung, es ist die letzte Station vor dem Klärwerk in Buchau . Beim Pumpwerk befindet sich ein Überlaufbecken, wo das Wasser aus dem Orts- und Ringleitungsnetz zwischengestaut wird. Sogenanntes Grauwasser, gering verschmutztes Abwasser, kann in den Vorfluter und von dort in die Miesach abfließen. Wenn nichts mehr abfließt, weil der Biber Dämme zum Aufstauen gebaut hat, führt dies zum Rückstau. In der Vergangenheit drang schon Wasser in das Gebäude für das Pumpwerk ein. „Schäden an der Ortskanalisation und in privaten Haushalten können wir nicht dulden“, betont Bürgermeister Rehm. Mit einem Bypass aus Rohrleitungen konnte Abhilfe geschaffen werden, aber erst mit dem Einsatz von Syphons. Die erste, einfachere Version hatte der Biber gleich entdeckt und das Leck über Nacht geschlossen.

Was jedoch bleibt, sind vernässte Wiesen, mehrere hundert Hektar, die früher landwirtschaftlich genutzt waren. „Die Gemeinde dürfe die Aktivitäten des unter Artenschutz stehenden Bibers nicht einschränken oder gar Dämme einreißen: „Da wird sofort der Staatsanwalt eingeschaltet“. Für diese „von der Natur durchgeführte Renaturierung“ könnte sich die Gemeinde Ökopunkte gutschreiben lassen – wäre die Fläche nicht Landeseigentum. Rehm ärgert, dass einerseits Fläche der Nutzung entzogen werde, andererseits sich dies nicht in der Ökoausgleichsbilanz zugunsten der Kommune niederschlage: „Die Punkte sind einfach verloren.“

Dabei geht es auch um viel Geld. Gemeinden, aber auch private Eigentümer, können ihre Ökopunkte auf dem Markt verkaufen – beispielsweise an Gemeinden, die auf eigener Markung keine Möglichkeit für Ausgleichsmaßnahmen haben. „Für ein Baugebiet kommen leicht zwischen 500 000 und eine Million zusammen“, schätzt Rehm. Der Aufwand wird auf den Baulandpreis umgeschlagen. Auch selbst umgesetzte Maßnahmen seien nicht eben billig: „Das kostet Material und Personal auf 25 Jahre.“ Das ist der Zeitrahmen für die Ausgleichsmaßnahmen. Deren Ermittlung wiederum verzögere die Ausweisung von Baugebieten: „Das Verfahren zieht sich hin.“

Steigender Flächendruck

Dietmar Rehm wünscht sich mehr Flexibilität: „Das Land könnte sich bei den Gemeinden und Landwirten erkenntlich zeigen, Punkte gutschreiben und nicht noch mehr Fläche entziehen.“ Hinzu komme, dass immer mehr Biomasse zur Energiegewinnung in den zahlreichen Biogasanlagen benötigt werde: „Jeder greift Flächen ab, um Mais anzubauen“. Das vergrößere den Flächendruck für Landwirte, die Wiesen und Äcker zur Nahrungsmittelproduktion anbauen.

Diese Problematik beschäftigt auch die anderen Kommunen im Gemeindeverwaltungsverband am Federsee. Bad Buchaus Bürgermeister Peter Diesch will sich deshalb an das Land, an Abgeordnete, Landratsamt und Regierungspräsidium wenden – wenn auch mit geringer Hoffnung. Er weist darauf hin, dass die Verbandsgemeinden sich in einem der größten Naturschutzgebiete mit 2500 Hektar Fläche befinden. Für Bad Buchau mache dies mit rund 1000 Hektar knapp 40 Prozent der Gemarkungsfläche aus. Dadurch sei man bei der Ausweisung von Ausgleichsflächen besonders beeinträchtigt: „Wir müssen landwirtschaftliche Fläche der Nutzung entziehen.“ Dabei seien größere Projekte für Renaturierung durchgeführt worden, aber eben im Naturschutzgebiet und auf landeseigenem Grund. Sein Vorschlag: zumindest ein Bonus bei der Bewertung von Ökoflächen.