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Zeitzeugen gesucht: Wie die allerersten Autos den Alltag der Oberschwaben veränderten

Kürnbach / Lesedauer: 4 min

Zeitzeugen für Ausstellung gesucht: Wie die allerersten Autos den Alltag veränderten
Veröffentlicht:06.02.2020, 19:00

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Um 1950 gab es in Oberschwaben nur wenige asphaltierte Straßen und kaum Autos. 30 Jahre später hatte sich das grundlegend geändert, fast jeder hatte ein eigenes Auto, fuhr damit zur Arbeit oder in den Urlaub. Für die Konzipierung einer neuer Ausstellung sucht das Kürnbacher Museumsteam Zeitzeugen aus jener Zeit, die erzählen, wie sich ihr Leben durch den Erwerb des allerersten Autos verändert hat.

Straßen nicht asphaltiert

Museumsleiter Jürgen Kniep ist gespannt, mit was für Geschichten die Menschen aus dem Landkreis Biberach sich bei ihm melden werden. „Wir können uns das heute kaum noch vorstellen, aber die Asphaltierung der Straßen und der Erwerb eines eigenen Autos hat das Leben der Menschen damals wirklich enorm verändert“, sagt er.

„Davor war der Radius für die meisten Menschen sehr stark eingeschränkt, denn entweder ist man zu Fuß gegangen, hat einen der wenigen wackeligen Busse genommen, wenn denn einer fuhr oder man ist einfach geblieben, wo man war.“

Ein Auto zu besitzen, war lange Zeit nur den Reichen vorbehalten. Erst einige Zeit nach Ende des Kriegs wurde es zum Massenprodukt und damit auch erschwinglich für alle Bevölkerungsschichten. Die Autos, die damals verkauft wurden, hatten jedoch nicht mehr viel gemein mit jenen, die heute auf den Straßen zu sehen sind.

Dieses Schmuckstück wird in der Ausstellung gezeigt: ein Original NSU „Prinz 4“, Baujahr 1966. Zur Verfügung gestellt von Peter Münch.

„Sicherheitsgurte gab es in den ersten Jahren überhaupt nicht und dann waren sie lange keine Pflicht“, zählt Kniep auf. „Das Fahrgefühl war ein ganz anderes, da die Autos nach ganz anderen Vorgaben konzipiert wurden. Das bedeutete oft eine freiere Sicht auf die Straße, aber auch mehr Gefahr, denn es gab keine Knautschzone“, so der Museumsleiter.

Die Ausstellung, die den Titel „Freiheit auf vier Rädern? Wie das Auto Oberschwaben verändert hat“, will sich daher nicht nur mit den positiven Aspekten befassen, die diese Veränderung mit sich gebracht hat, sondern auch mit den negativen Seiten. „Nicht jeder empfand das Auto als ein Symbol der Freiheit, es war teuer und nicht von allen geliebt“, ist sich Kniep sicher.

Unfälle deutlich schwerer

Das Museumsteam ist im Moment dabei, die Fakten aus dieser Zeit des Umbruchs zusammenzutragen - wie sich das Straßennetz verändert hat, wie viele Unfälle es wo gab und wie viele Autos zugelassen wurden. Was nun noch fehlt, sind die persönlichen Geschichten – und da sind die Leser der „Schwäbischen Zeitung“ gefragt.

„Wir sind auf der Suche nach persönlichen Geschichten, schlimmen und schönen, Erinnerungen aus den 1950er- bis 1980er- Jahren, an den ersten Urlaub mit einem Auto, an die erste Panne, das erste Date mit einem Auto, aber auch den ersten Unfall“, zählt er auf. Es gehe darum, den Fakten Leben einzuhauchen und zu dokumentieren, wie die Lebensrealität der Schwaben aussah, in all ihren Facetten.

Da jetzt noch viele Menschen leben, die diese Zeit selbst miterlebt haben, hofft das Museumsteam auf viele bunte Geschichte. Auch Fotos und Super-8-Filme sind gern gesehen. Alles Erzählte wird für die Nachwelt dokumentiert und, je nachdem, wie viele sich melden, in der Ausstellung gezeigt. Zeitgeschichte wird so lebendig gemacht.

Die neue Ausstellung „Freiheit auf vier Rädern?“ wird am 19. Juli in der Remise des Bendelshof auf dem Gelände des Museumsdorf in Kürnbach eröffnet. Ursprünglich für landwirtschaftliche Fahrzeuge gebaut, beherbergte die Remise in den 1980ern einen Fiat 126 mit Goggomobilmotor – denn der Hofbesitzer hatte nur einen Traktorführerschein und durfte nichts Flotteres fahren.

Hingucker der Ausstellung ist ein Original NSU „Prinz 4“, Baujahr 1966, den ein privater Sammler zur Verfügung gestellt hat. Diesen Wagen dürfen die Besucher nicht nur bewundern, sie dürfen in ihn einsteigen und so selbst erleben, wie unterschiedlich das Fahrgefühl damals und heute war. Der „Prinz 4“ hat keine Sicherheitsgurte, Kopfstützen oder Knautschzone, dafür aber einen tollen Rundumblick dank Panoramafenstern.