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Brauchle: „Der Entschluss stand schon lange fest“

Bad Schussenried / Lesedauer: 5 min

Kunstradfahrerin Carolin Brauchle vom RMSV Bad Schussenried beendet ihre Karriere
Veröffentlicht:17.10.2018, 20:39

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Nach fast 20 Jahren im Sattel eines Kunstrads hat Carolin Brauchle vom RMSV Bad Schussenried ihr Karriereende angekündigt – genau eine Woche vor den deutschen Meisterschaften, die am Samstag und Sonntag in Neresheim ausgetragen werden. Die 26-Jährige ist lange Jahre für den deutschen Nationalkader gefahren und hat die Tradition des Kunstradfahrens in Bad Schussenried erfolgreich fortgesetzt. Den größten Erfolg feierte sie mit dem vierten Platz bei der deutschen Meisterschaft 2013. Bei den Juniorinnen gelang ihr bei der EM 2009 sogar mit dem Silberrang der Sprung aufs Treppchen. Michael Mader hat mit der Lehramtsstudentin über ihre Karriere und die Gründe für den Rücktritt gesprochen.

Frau Brauchle, war die misslungene Qualifikation für die DM der Grund oder hatten Sie das Karriereende schon länger geplant?

Die misslungene Qualifikation spielte bei dieser Entscheidung keine Rolle. Das Karriereende stand schon nach der letzten Saison fest. Ich habe mich dazu entschieden, dass ich zum Ende meines Studiums auch mit dem Kunstradfahren aufhören möchte.

Wie groß war denn die Enttäuschung, in Neresheim , das ja nicht so weit entfernt ist, nicht starten zu dürfen?

Die Enttäuschung war und ist auch immer noch sehr groß. Seit 2005 habe ich an jeder Deutschen Meisterschaft teilgenommen. Die Tatsache, dass ich es ausgerechnet in meiner letzten Saison, bei der die Deutsche Meisterschaft mein Abschluss-Wettkampf hätte sein sollen, nicht geschafft habe, ist extrem bitter.

Sie haben die jüngste Vergangenheit ja in Freiburg verbracht, dort studiert und auch trainiert. Wie ließen sich denn Studium und enorm hoher Trainingsaufwand überhaupt vereinbaren.

Mit sehr viel Organisation und Disziplin. Im Endeffekt muss man ein paar Sachen zurückstecken oder hinten anstellen. Wenn andere am Wochenende feiern gegangen sind, bin ich oft nach Albstadt zum Kadertraining gefahren oder wenn die Prüfungsphasen angestanden sind, habe ich mir oft Lernpläne geschrieben, um zu schauen, wie ich überhaupt alles unter einen Hut bekomme.

Muss man denn ins Kunstradfahren verliebt sein, um diesen Aufwand zu betreiben?

Ich würde sagen, es muss schon eine sehr große Leidenschaft vorhanden sein. Vor allem aber ist es wichtig, dass man Spaß an dem Sport hat.

Was macht denn überhaupt die Faszination dieser Sportart aus?

Meiner Meinung nach ist es eine wahnsinnig vielfältige Sportart, die verschiedenste sportliche Ansprüche widerspiegelt. Neben koordinativen Fähigkeiten sind Kraft, Ausdauer und vor allem auch die mentale Fähigkeit entscheidend. Dadurch, dass Kunstradfahren als Randsportart nicht sehr bekannt ist, ist für einen Laien mit Sicherheit faszinierend, was für unterschiedliche Übungen man mit einem Rad machen kann. So ein Handstand auf dem Lenker ist schon eine tolle Sache.

Sie sind ja immer nur Einer gefahren. Hat Sie der Zweier oder eine noch höhere Konstellation nicht gereizt?

Als ich noch jünger war, wäre ich gerne mal Zweier gefahren. In meinem Alter gab es aber niemand passenden und so bin ich beim Einer geblieben.

Die Verletzungsgefahr sieht ja für den Laien sehr hoch aus. Mit welchen Blessuren hatten Sie denn besonders zu kämpfen?

Nach einem Sturz im letzten Jahr hatte ich eine ziemlich langwierige Verletzung am Handgelenk. Natürlich gab es auch immer wieder blaue Flecken oder andere Kleinigkeiten. Mit weiteren größeren Verletzungen hatte ich aber nicht zu kämpfen. Generell ist die Verletzungswahrscheinlichkeit nicht so hoch, wie es ein Laie vermutlich annehmen würde.

Sie stehen vor dem ersten Staatsexamen im dritten Fach. Wie soll es danach weitergehen? Wie sehen Ihre Planungen aus?

Bis vor ein paar Wochen hatte ich geplant, direkt mit meinem Referendariat im Januar zu beginnen. Nun haben sich die Pläne aber kurzfristig geändert und ich werde Anfang des Jahres für ein Jahr ins Ausland gehen. Da ich während meines Studiums durch den Sport keine Möglichkeit hatte, für längere Zeit reisen gehen zu können, ist jetzt der optimale Zeitpunkt dazu.

Können Sie sich auch vorstellen, mal als Trainerin einzusteigen?

Momentan brauche ich erst mal ein bisschen Abstand, um meine Freiheit und Flexibilität zu genießen. Während dem Referendariat wird es zeitlich vermutlich auch schwierig. Aber in ein paar Jahren könnte ich es mir durchaus vorstellen.

In Oberschwaben gibt es ja mit Bad Schussenried, Kirchdorf und wohl auch Ailingen drei Hochburgen im Kunstradsport. Worauf führen Sie das denn zurück?

In Bad Schussenried hat Jakob Heimpel den Verein schon vor vielen Jahren durch sein außerordentliches Engagement und seine Leidenschaft bis an die Weltspitze gebracht. Vor allem in Randsportarten wie dem Kunstradfahren, ist es wichtig, ehrenamtliche Trainer zu haben, die ebenfalls diese Eigenschaften zeigen und ihre Freizeit gerne mit der Sportart und den Sportlern verbringen.

In vielen Disziplinen wird ja über zu wenig Nachwuchs geklagt. Wie sehen Sie die Entwicklung in ihrer Disziplin mittel- und langfristig?

Momentan sehe ich es als sehr bedenklich, dass immer weniger Kinder regelmäßig Sport betreiben. Deswegen hoffe ich, dass sich dieser Trend ändern wird und wieder mehr Kinder und Jugendliche Sport machen. Schön wäre natürlich, wenn sich dadurch auch mehr junge Sportler für das Kunstradfahren begeistern könnten.