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Schweigezug

Ein Schweigezug und 80 Kerzen

Bad Buchau / Lesedauer: 2 min

Bad Buchau gedenkt der jüdischen Opfer der NS-Zeit
Veröffentlicht:11.11.2018, 20:17

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Jedes Jahr am 9. November wird auf dem Bad Buchauer jüdischen Friedhof der Opfer der NS Gewaltherrschaft gedacht. Vor 80 Jahren brannte auch in Bad Buchau die Synagoge und jüdische Mitbürger wurden gedemütigt, beleidigt, verschleppt und später in Konzentrationslagern ermordet.

Auch in diesem Jahr kamen wieder zahlreiche Mitbürger zu der schlichten Gedenkfeier mit der festen Überzeugung, dass so etwas wie vor 80 Jahren – die Zerstörung der Synagogen – nie mehr geschehen dürfe. Dem Gedenken auf dem jüdischen Friedhof war eine Gedenkstunde in der Bad Buchauer Stiftskirche mit Pfarrer Martin Dörflinger und seinem evangelischen Kollegen Markus Lutz vorausgegangen. Dabei wurden auch die Namen der jüdischen Mitbürger verlesen, die damals aus Buchau verschleppt und ermordet worden waren. Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst von der Vokalgruppe „Capella vocalis“ begleitet.

Nach dem Gottesdienst setzte sich der Schweigezug in Richtung Hofgartenstraße in Bewegung, wo damals die Synagoge stand. Mitglieder der Jugendfeuerwehr setzten mit brennenden Kerzen einen würdigen Akzent. Nach einem Gebet und den Fürbitten wurde der Schweigezug zum jüdischen Friedhof fortgesetzt.

80 Kerzen in Form eines Davidsterns, für jedes Jahr eine, flackerten vor der Gedenkstele. Mit einer fremdartig klingenden Klarinettenmelodie stimmten zwei Musikerinnen der Stadtkapelle auf die Gedenkstunde ein, bevor Charlotte Mayenberger das bewegende Gedicht „November 1938“ von Inge Auerbach vortrug. Nach einem weiteren Musikstück wurde das Kaddisch, eines der ältesten Totengebete, gesprochen – zunächst auf Hebräisch durch Pfarrer Markus Lutz und anschließend auf Deutsch von Pfarrer Martin Dörflinger . Dies verlieh der Gedenkfeier einen besonderen Charakter.

„D Jüdenna vo Buchau“

Bürgermeister Peter Diesch las aus einem Brief von Sigge Einstein an Siegbert Einstein vor. Er schildert darin seine Eindrücke über die Pogromnacht in Buchau selbst. Die Buchauer, voran der damalige Bürgermeister Oechsle, hätten die Löscharbeiten damals an der brennenden Synagoge tatkräftig unterstützt. Sie konnten aber die vollständige Zerstörung der Synagoge einige Tage später nicht verhindern.

Charlotte Mayenberger trug danach das Gedicht „D Jüdenna vo Bucha“ von August Mohn vor. Mohn schilderte darin, wie er in Riga einem Bautrupp begegnete, aus dem schwäbische Stimmen zu hören waren. Es waren Buchauer Jüdinnen von denen keine mehr nach Buchau zurückkehren sollte.

Gemeinsam sangen die Anwesenden zum Schluss der Gedenkstunde das Lied der Hoffnung von Schalom Ben Chorim „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt“ und legten danach, nach alter jüdischer Tradition, einen kleinen Stein des Gedenkens auf den Stein beim Mahnmal mit den Namen der Shoa-Opfer nieder.