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Rohrdommel

Der Namensgeber der Buchauer Narrenzunft

Bad Buchau / Lesedauer: 3 min

Der echte „Moorochs“ ist Wintergast am Federsee – Rohrdommeln lassen sich derzeit gut beobachten
Veröffentlicht:22.02.2019, 15:10

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Derzeit kann man am Federsee einen der seltensten Vögel Deutschlands beobachten: die Rohrdommel. Mindestens vier Exemplare überwintern am Federsee und zeigen sich teilweise ganz nah, berichtet Jost Einstein, der Leiter des Nabu-Naturschutzzentrums Federsee in Bad Buchau.

Die besten Beobachtungschancen für Rohrdommeln bestehen am Kanalufer beim Aussichtsturm des Federseestegs oder – dann jedoch nur mit guter Optik auszumachen – am Ufer des Federsees. „Seit einigen Tagen jedoch hält sich einer der seltenen Reihervögel in unmittelbarer Nähe des Federseestegs auf“, erzählt Einstein. „Häufig kann man das Tier bei der Jagd nach kleinen Fischen an einem Graben linkerhand des Federseestegs beobachten, etwa 100 Meter nach der Stegkasse.“

Melodisch geht anders

Um eine Rohrdommel zu entdecken, muss man genau hinschauen – jetzt außerhalb der Brutsaison macht sie sich leider nicht durch ihren typischen Ruf bemerkbar, dem die Bad Buchauer Narrenzunft Moorochs ihren Namen verdankt. Dieser erinnert an das dumpfe Brüllen eines Ochsen – seltsame, urtümliche Laute, die man einem Vogel nie zutrauen würde. Der Balzruf der Rohrdommel hat nämlich nichts Melodisches wie etwa der Gesang der Rohrammer, ist nicht verführerisch flötend wie der Gesang der Mönchsgrasmücke oder zart wispernd wie das Minnelied des Wintergoldhähnchens. Nein, es ist einfach nur ein tiefes „Humb“. Drei bis fünf Mal. Also „humb humb humb“. Ob das erotisch ist, muss Fräulein Rohrdommel selbst entscheiden.

Abgesehen von den lauten Balzrufen leben Rohrdommeln sehr heimlich. Durch ihr gelbbraunes, mit schwarzen Längsstreifen und Flecken gezeichnetes Gefieder sind sie im Schilf bestens getarnt. Bei Gefahr verharren sie regungslos mit gerade nach oben gestrecktem Kopf. Und nicht nur das: Geht ein Wind durchs Schilf, schwanken sie sogar synchron mit den Schilfhalmen hin und her!

„Die Rohrdommel ist in der aktuellen Roten Liste Baden-Württembergs in die Kategorie 0 eingestuft, also als Brutvogel ausgestorben. Das zeigt die prekäre Lage dieses ehemals typischen Schilfvogels“ sagt der Einstein. „Zunehmende Störung in den Brutgebieten, Gewässerverschmutzung, Entwässerung und intensive Landwirtschaft haben der Rohrdommel ihren Lebensraum genommen“, so der Naturschützer.

Früher ein regelmäßiger Brutvogel am Federsee, sind die Bestände des langbeinigen Schilfbewohners seit vielen Jahrzehnten in ganz Deutschland rückläufig. „Zwar war das einzige regelmäßig besetzte Brutgebiet im Land lange Zeit noch der Federsee. Doch der letzte Brutnachweis von hier stammt aus dem Jahr 1962, im darauf folgenden Jahrhundertwinter sind die Federsee-Rohrdommeln erfroren“ , weiß Einstein. Ob freilich die Buchauer deshalb im darauf folgenden Jahr ihre Narrenzunft Moorochs gegründet haben, bleibt Spekulation.

Seither gibt es lediglich Beobachtungen zu den Zugzeiten und im Winter. Just dann, wenn es spannend würde – wenn es in Richtung Brutzeit geht –, macht sich das seltene Tier am Federsee rar und zieht davon, um sich andernorts zu vergnügen. Einstein resümiert: „Der Naturschutz hofft, dass sich die Rohrdommel eines Tages auch wieder als Brutvogel am Federsee niederlässt. Mit der guten Wasserqualität und dem Fischreichtum des Sees wären die Verhältnisse günstig. Doch erst, wenn in den verbliebenen Brutgebieten in Nord- und Ostdeutschland ein Populationsüberschuss entsteht, dürfte der Moorochs auch den Federsee wieder als Brutplatz nutzen.“