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Rentenstreit

CDU-Vize Klöckner heizt Rentenstreit an

Berlin / Lesedauer: 3 min

In der Union rumort es immer lauter – Parteichefs wollen Wogen glätten
Veröffentlicht:07.04.2014, 20:00

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Ende Januar hat die Bundesregierung das Rentenpaket von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gebilligt. Seither herrscht Aufruhr in Teilen der Unionsfraktion. Jetzt steht die Frage im Raum, ob das schwarz-rote Rentenpaket noch einmal aufgeschnürt wird. Der Streit über die Rente mit 63 könnte zur Zerreißprobe für die Große Koalition werden.

Angela Merkel bleibt hart, sie will trotz heftiger Widerstände aus den eigenen Reihen daran festhalten, aber auch die Rebellen in den eigenen Reihen beruhigen. Ihr sei es wichtig, dass keine Anreize zur Frühverrentung gesetzt würden, ließ die Kanzlerin am Montag über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert klarstellen. Dass es „lebhafte Diskussionen“ über das Thema geben werde, sei aber zu erwarten gewesen, sagt die CDU-Chefin – und spielt so den Aufstand unter den Christdemokraten herunter.

Doch in der Bundestagsfraktion der Union rumort es. Mehr als sechzig Bundestagsabgeordnete fordern inzwischen Änderungen der Rentenpläne und drohen damit, das schwarz-rote Gesetz im Bundestag abzulehnen. Die Vizechefin der Bundes-CDU, Julia Klöckner, stellte die Rente mit 63 sogar offen infrage und schloss sogar ein Scheitern nicht aus. „Die Rente mit 63 halte ich für das falsche Signal. Das war der dringende Wunsch der SPD und ein fauler Kompromiss, den die Union geschluckt hat. Jetzt muss bei der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes verhindert werden, dass es eine Frühverrentungswelle gibt“, sagte Klöckner im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die SPD müsse sich bei der Rente mit 63 bewegen. „Es wird Nachbesserungen geben“, so Klöckner. Arbeitslosenzeiten dürften bei der Rente mit 63 nicht angerechnet werden, forderte die CDU-Politikerin. Die SPD hält dagegen: „Äußerungen, wie die von Frau Klöckner, sind schon befremdlich. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Union und SPD vertragstreu sind“, kritisierte SPD-Rentenexpertin Carola Reimann. Der Koalitionsvertrag sei bei der Rente mit 63 eindeutig. „Ich erwarte, dass die CDU zum Koalitionsvertrag steht. Gutes Regieren funktioniert nur, wenn sich beide Partner an getroffene Abmachungen halten“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Unionspolitiker warnen davor, dass es wegen der geplanten Anrechnung von Arbeitslosenzeiten zu einer Frühverrentungswelle und de facto zum Renteneinstieg bereits mit 61 Jahren kommen könnte. Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), der vergangene Woche in den Bundestag eingebracht worden war, sieht vor, dass Arbeitnehmer, die 45 Jahre lang Rentenbeiträge geleistet haben, mit 63 Jahren abschlagfrei in Rente gehen können. Union und SPD hatten dies so auch im Koalitionsvertrag vereinbart.

SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer beeilten sich, die Wogen zu glätten und den Streit nicht weiter anzuheizen. Seehofer wies die Drohungen von CDU-Vize Klöckner in Richtung SPD zurück: „Davon halte ich gar nichts“, sagte er. Koalitionspartner sollten vernünftig miteinander reden. Auch Gabriel war um eine Versachlichung der Debatte bemüht.

Während SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bereits Gesprächsbereitschaft über mögliche Änderungen im parlamentarischen Verfahren signalisiert hatte, lehnt SPD-Vizechef Ralf Stegner Nachverhandlungen strikt ab: „Was wir vereinbaren, gilt für uns auch.“ Der Rentenstreit schwelt vorerst weiter.

Die Regierung geht davon aus, dass zum Start Anfang Juli 2014 rund 200 000 von rund 700 000 Neurentnern von der Neuregelung profitieren können. Knapp 44 Prozent der jetzt Begünstigten kommen auf 45 Versicherungsjahre ohne Zeiten von Arbeitslosigkeit kommen, 25 Prozent auf bis zu ein Arbeitslosen-Jahr. Rund 28 Prozent schauen auf ein bis fünf Jahre ohne Job zurück. Gut drei Prozent waren im Laufe ihres Erwerbslebens mehr als fünf Jahre auf Arbeitssuche. Laut Bundesregierung kostet die Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit etwa 700 Millionen Euro im Jahr. (dpa)