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Windstoß

Jüdische Kultur: Von Charlie Chaplin bis zu hölzernen Bienen

Attenweiler / Lesedauer: 3 min

Joshua Glaser und Samuel Fischer Glaser stellen in Attenweiler aus
Veröffentlicht:31.08.2018, 16:03

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Gerade hat sich die Biene auf dem Holzklotz niedergelassen, so scheint es, hält sich fest, damit der nächste Windstoß sie nicht wieder davonträgt. Etwas größer als man es von Bienen üblicherweise gewöhnt ist, ist dieses Exemplar und wirkt doch genauso grazil wie ihre lebendige Vorlage. „Noch ist sie nicht ganz fertig“, sagt Joshua Glaser, Zimmermann von Beruf und Holzbildhauer. In der Holzwerkstatt in Attenweiler erhalten Kopf und Hinterkörper der Biene noch den letzten Schliff, Öl verleiht dem Birkenholz einen goldenen Ton und hebt die Maserung hervor. Doch in Kürze soll das Werk vollendet sein, rechtzeitig zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur (ETJK) am Sonntag, 2.September.

30 Länder unter einem Motto

Der europäische Tag der jüdischen Kultur dreht sich um „Storytelling“, also das Geschichten erzählen, eine Tradition, die im Judentum sehr verbreitet ist und über die Jahrtausende die Generationen miteinander verbindet. In 30 europäischen Ländern wird der 2. September unter dem Motto des Geschichten Erzählens gemeinsam begangen. Marlis Glaser und ihre beiden Söhne Samuel und Joshua hat das Motto zu ganz unterschiedlichen Werken inspiriert, die auf Geschichten beruhen und zu denen es jede Menge Geschichten zu erzählen gibt.

Inzwischen schon zum zehnten Mal organisiert Marlis Glaser zum ETJK ein anspruchsvolles Programm mit bildender Kunst, Vortrag und Musik zu den jeweiligen Themen in ihrer Ausstellungshalle. Schon 2008 unterstützte Samuel Fischer-Glaser seine Mutter bei dieser Veranstaltung. Der junge Künstler damals 16 Jahre alt – hielt einen Vortrag über bedeutende hebräische Druckereien. Die Druckkunst und alte antiquarische Bücher beschäftigen ihn noch heute. „Das Buch als Informationsträger hat mich immer angezogen“, sagt der Bildhauer, der sein Studium an der Akademie der bildenden Künste in München dieses Jahr mit einer installativen Arbeit beendet hat.

Faszinierend seien auch die Geschichten, die solch alte Bücher erzählen können. Bücher, die Gebrauchsgegenstände waren, in denen Notizen gemacht wurden, die wiederum selbst Zeugen des ursprünglichen Besitzers sind. Historisch sind solche Kommentare wertvoll, weiß der Künstler. Um Geschichten dreht sich deshalb sein Werk, passend zum diesjährigen Motto. Samuel Fischer - Glaser hat sich während seines Aufenthalts in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana in Zeichnungen mit Acryl- und Bleistift auf Papier, aber auch in Textarbeiten mit den Gerüchten um Charlie Chaplin auseinandergesetzt. Von der CIA wegen unamerikanischer Umtriebe unter strenger Beobachtung gestellt, ist Chaplin der Welt eher als Komiker und Schauspieler bekannt, doch da gibt es noch mehr.

Liebe, Hoffnung, Erinnerungen

Eine ganz andere Herangehensweise zeichnet die Werke von Marlis Glaser aus. In ihren malerischen Kompositionen aus Bild und Text verwebt sich die Geschichte, die Idee und Ursprung war mit der Geschichte, die das Kunstwerk selbst wieder erzählt. Intensive Farben spiegeln intensive Gefühle wider, mit viel Raum für die Hauptthemen der Malerin: Liebe, Hoffnung, eine Erinnerungskultur und das verantwortliche selbstbestimmte Handeln. Ihre Gemälde zu Liebesgedichten von Else Lasker-Schüler verlassen auch immer wieder das übliche Rechteck und kommen in neuen Formen daher, die Form wird zum Ausdrucksmittel.

Eine Ausstellung, in der die plastischen Werke von Joshua Glaser feine Gegenstücke bilden und auch ergänzen, wie die plastische Biene den bebilderten Rahmen um die Geschichte von König Salomo und eine Biene.