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Heiligkreuztal

Im Kloster, „um für Menschen zu beten“

Altheim, bei Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Äbtissin zeichnet in Heiligkreuztal den Weg der Zisterzienserinnen nach
Veröffentlicht:30.07.2019, 19:24

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Es war eine beeindruckende Zuhörer-Kulisse, die sich am Sonntagnachmittag Äbtissin Schwester Hildegard Brem in Heiligkreuztal bot. Das Münster war voll besetzt und lange anhaltender Applaus am Ende ihres Vortrages machte deutlich, wie sehr sie die Anwesenden beeindruckt hatte. Spontanen Beifall gab es, als sie der Kirche empfahl, Frauen und Männer in der Verantwortung gleich zu behandeln. Sie bezog sich dabei auf das Generalkapitel des Zisterzienserordens seit dem Jahr 2000, das Äbte und Äbtissinnen zusammenführte, um gleichermaßen an der Leitung der Klöster und des Ordens mitzuwirken. Dadurch habe sich die Atmosphäre im Generalkapitel sehr verändert, sei viel ruhiger und ausgewogener geworden.

Über Zisterzienserinnen zu sprechen, war auch für die Äbtissin Neuland, die ihre Freude darüber ausdrückte, sie aus dem Schatten ins Licht zu holen. In „Blitzlichtern“ beleuchtete sie Geschichte, Gegenwart und Spiritualität des Ordens. Sie berichtete von ersten Frauenkloster-Gründungen als „Hobby“ von Äbten und als Versorgung weiblicher Angehöriger von Männern, die sich Bernhard von Clairvaux angeschlossen hatten. Die ersten waren den Ortsbischöfen unterstellt. Die Frauen unterzogen sich härtester Arbeit und „verdienten schweigend ihren Lebensunterhalt“. In all diesen Dingen ahmten sie die Zisterzienser-Mönche nach und bewiesen „wie wahr das Wort des Herrn ist: Alles kann, wer glaubt“, zitierte die Ordensfrau. Später verrichteten Laienbrüder die schwere Arbeit.

Äbtissin Schwester Hildegard Brem zeichnete den Weg vieler Frauen im Mittelalter nach: entweder Ehemann oder Klostermauer. Ab dem 13. erlaubte der Zisterzienserorden auch Frauenkonvente. Danach seien „wie eine Explosion“ Frauenklöster in ganz Europa aus dem Boden geschossen. Dass das Generalkapitel schließlich beschloss, keine weiteren Frauenklöster mehr zuzulassen, begründete sie mit der notwendigen Betreuung der Klöster durch männliche Ordensleute, was von den Männerklostern nicht mehr zu leisten gewesen sei. Trotz der strengen Klausur, so die Referentin, wären die Frauenklöster wirtschaftlich und personell vollständig selbständig gewesen. Das Konzil von Trient forderte mehr Disziplin. Die Frauen wurden in den Kirchen auf Emporen verbannt, Gitter verhinderten den freien Blick auf den Altar, beklagte sie.

Zeit des Josefinismus

Erst das Zweite Vatikanische Konzil änderte dies, Dennoch oblagen den Äbtissinnen Rechte, so die weltliche Gerichtsbarkeit oder auch die Bestellung von Seelsorgern auf klösterlichem Grund, informierte sie. In der Zeit des Josefinismus und der Aufklärung seien nur Klöster akzeptiert worden, die sozial tätig waren. Diese Epoche habe die Klöster stark geprägt. Schulen wurden eröffnet mit größtenteils sehr gutem Ruf. Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil seien alle Entscheidungen allein von Männern getroffen worden. In den Generalkapiteln sagten die Männer den Frauen, was sie zu tun hatten. 1968/1969 habe sich durchgesetzt, dass es eine neue und angemessene Stellung der Frauen geben müsse. Zwischen 1975 und 1998 hätten dazu alle zwei Jahre internationale Treffen stattgefunden, um herauszuarbeiten, wie Schwestern Mitverantwortung tragen könnten. Hierbei sei auch das Ordens-Charisma diskutiert worden und man habe festgestellt, dass die Ordenstexte nur in Latein verfasst worden seien und so von vielen gar nicht gelesen werden könnten. Also verteilten die Äbtissinnen diese Aufgabe untereinander. 1979 als Novizin sei sie beauftragt worden mit der Übersetzung der Texte von Aelred von Rievaulx, berichtete die Äbtissin. Eigentlich habe sie keine Zeit dafür gehabt und sich „zehn Jahre durchgekämpft“, um schließlich festzustellen, dass es „doch was Schönes ist“, tief und aufbauend. Danach habe sie es mit Freude getan. Von „den anderen“ allerdings habe sie noch „kein Buch“ gesehen. Inzwischen empfinde sie diese Tätigkeit als Bereicherung und gebe es an ihre Novizinnen weiter.

Wurzeln des Rosenkranz-Gebetes

Die Christus-Verbundenheit von Lutgard von Tongern, als einem Menschen „zum Angreifen“, die Botschaft von Gottes Güte anstelle von Angst und Ehrfurcht durch Gertrud von Helfta im menschlichen Alltag, nannte sie als Beispiele der Spiritualität der Zisterzienserinnen und führte die Wurzeln des Rosenkranz-Gebetes in Kreise der Zisterzienser zurück. Die Urform des Rosenkranzes sei im 13. Jahrhundert beheimatet. In der Johannes-Minne im Münster von Heiligkreuztal erkannte sie eine Einladung zur großen Christusfreundschaft und persönlichen und einzigartigen Beziehung. Als „Eigenart der weiblichen Spiritualität“ zählte sie den Vorrang der persönlichen liebenden Beziehung, die Ganzheitlichkeit, Bildhaftigkeit und Emotionalität und den Zeugnischarakter auf. Sie selbst sei ins Kloster gegangen, „um für die Menschen zu beten“ und habe bemerkt, dass sie ungemein beschenkt worden sei mit einem intensiven Leben in der Gegenwart Gottes.

Als „große Ehre und Freude“ hatte Erik Thouet, der Bischöfliche Beauftragte für die Ausbildung zum Ständigen Diakonat in Heiligkreuztal, die Bereitschaft von Äbtissin Schwester Hildegard Brem bezeichnet, eine Festrede zur 700-Jahr-Feier des Münsters Heiligkreuztal zu halten. Die Äbtissin durfte sich über Spenden freuen, die der Altersvorsorge der Schwestern im Kloster Mariastern-Gwiggen zukommen, dem sie vorsteht.