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Siegerehrung

„Gelbe Karten“ für die deutschen Boulder-Meister

Überlingen / Lesedauer: 4 min

Juliane Winter und Thomas Tauporn ließen sich beim 8. Deutschen Boulder-Cup in Überlingen erst gar nicht blicken
Veröffentlicht:06.08.2012, 17:20

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Es war ein trauriges Bild, das sich den Zuschauern bei den Siegerehrungen der Deutschen Meisterschaften (wir berichteten) im Rahmen des Volksbanken-Raiffeisenbanken-Boulder-Cups am Samstag in Überlingen bot. Der oberste Podiumsplatz blieb jeweils frei, bei den Herren stand Stefan Danker gar alleine da, weil der Drittplatzierte ebenfalls durch Abwesenheit glänzte. Durch eine Lücke im Regelwerk standen die neuen Meister bereits nach zwei Bewerben fest, der guten Stimmung auf dem Landungsplatz tat dies allerdings keinen Abbruch.

Juliane Winter (Sächsischer Bergsteigerbund) und Thomas Tauporn (Schwäbisch Gmünd) sammelten auf den Stationen in Auerbach und München bereits so viele Zähler, dass sie in Überlingen gar nicht mehr antreten mussten und bereits jeweils 600 Euro für den deutsche Meistertitel einplanen konnten. „Das Streichergebnis machte uns einen Strich durch die Rechnung. Ursprünglich waren vier Stationen festgelegt worden, durch die Absage eines Wettbewerbs sah das Regelwerk dennoch ein Streichergebnis vor. Das dürfte wohl schon 2013 anders sein“, so Matthias Keller , Ressortleiter Spitzenbergsport im Deutschen Alpenverein (DAV), der den neuen Titelträgern die Gelbe Karte „zeigte“. Wohl aber eher, weil unter den zahlreichen Zuschauern ob dieses Zustands etliche den Kopf schüttelten.

Juliane Winter absolvierte mit etlichen anderen Top-Bouldern, die folglich wie auch die im Europacup in Imst/Tirol im Einsatz befindliche deutsche Jugend-Nationalmannschaft nicht in Überlingen weilten, einen Aktivurlaub in Südafrika. Thomas Tauporn indes rührt bei den Olympischen Spielen in London die Werbetrommel für seine Sportart. „Wir stehen mit sechs anderen Sportarten auf der Shortlist für 2020. Schon im kommenden Jahr wird sich entscheiden, ob Bouldern olympisch wird“, sagt Keller, der die Chancen als gar nicht so schlecht ansieht. „Das Bouldern ist die letzte Grundbewegungsform, die nicht im olympischen Programm vertreten ist. Aber wir sind auf dem Papier einer der schwächsten Verbände, so dass doch einiges an Lobbyarbeit von Nöten sein wird.“

Wie schon Klaus Haberstroh, der Vorsitzende der 2800 Mitglieder starken DAV-Sektion Überlingen, im Vorfeld berichtete, erlebt das Bouldern einen wahren Boom. Auch insgesamt 960 000 Mitglieder sorgen dafür, dass reine Boulderhallen „nur so aus dem Boden schießen, allein in München kannst du noch zehn bauen, die sind alle voll“, lacht Matthias Keller. Die Kosten für die Ausstattung der Hallen sei auch von kleineren Vereinen oder Sektionen zu stemmen, bekanntlich kämpft auch Überlingen für mehr als „zwei kleine Kletterwände hinter der Schule“ (Haberstroh).

In Überlingen in überragender Verfassung präsentierten sich die beiden Tagessieger, die immerhin 500 Euro kassierten. Peter Würth (Ludwigshafen) bewältigte im Finale alle vier Tops, drei davon gar im ersten Versuch, und hielt so den ehemaligen Deutschen Meister Stefan Danker (Landshut), der ebenfalls alle Tops erfolgreich erklomm, aber zwei Versuche mehr benötigte, knapp auf Distanz. Würth sicherte sich damit noch die Teilnahme am Boulder-Weltcup im Münchener Olympiastadion in drei Wochen. Eine Klasse für sich war hingegen Monika Retschy, die als einzige Frau alle Tops bezwingen konnte und sich so die Deutsche Vizemeisterschaft sicherte.

„Bouldern pusht mich, es ist etwas, das mich durchs Leben trägt“, strahlte die gebürtige Münchnerin schon nach dem Halbfinale. Die 20-Jährige wolle sich selbst wachsen sehen, begeistert zeigt sich Retschy von der Teamarbeit, die beim Bouldern großgeschrieben wird. Vor dem Finale begutachten alle Teilnehmer gemeinsam die zu erkletternden Routen und halfen der oder dem einen oder anderen Neuling in einem Finale damit „auf die Sprünge“.

Die derzeitige 13. des Gesamtweltcups, die sich in China mit Platz sieben ihre bis dato beste Platzierung erkletterte, war mit dem drittplatzierten Mathias Conrad (Zweibrücken) die einzige Starterin in Überlingen, die bei den Weltmeisterschaften Mitte September in Paris dabei sein wird. Bei dem Saison-Highlight, bei dem Matthias Keller gerne zwei Medaillen sehen würde, hat sich Monika Retschy keine bestimmte Platzierung zum Ziel gesetzt. Der siebte Rang in China dürfe nicht zu hoch bewertet werden, so die ehrliche Aussage der Münchnerin, „bei Weltcups in China trifft sich ein doch sehr elitärer Kreis, weil viele Nationen nicht das Geld haben, dorthin zu fahren“.

Info: Ergänzt wurde das Programm auf dem Landungsplatz am vergangenen Wochenende mit den Stadtmeisterschaften um den Volksbank-Cup mit Regio-Cup, dem U14-Bouldercup sowie einem der fünf Baden-Württembergischen Jugendcups 2012. Die Ergebnisse sind unter www.boulder-cup-ueberlingen.de zu finden. Den kompletten Endstand der Deutschen Meisterschaften wie auch Infos zum Weltcup in München hält der DAV auf seiner Homepage bereit.

Ergebnisse Deutscher Boulder-Cup in Überlingen, 3. Station, Herren: 1. Peter Würth (Ludwigshafen/Rhein), 2. Stefan Danker (Landshut), 3. Mathias Conrad (Zweibrücken). Gesamtwertung : 1. Thomas Tauporn (Schwäbisch Gmünd) 200, 2. Danker 160, 3. Alexander Megos (Erlangen) 145, 4. Würth 134, 6. Conrad 108.

Damen: 1. Monika Retschy (München-Oberland), 2. Dorothea Karalus (Bayreuth), 3. Jana Müller (Hamburg-Niederelbe), 4. Hanne Schächtele (Heilbronn/Deutsche Meisterin Speedklettern). Gesamtwertung : 1. Julia Winter (Sächsischer Bergsteigerbund) 180, 2. Retschy 165, 3. Karalus 145, 4. Müller 120.