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Dotterracke

Von „Himmelhecht“ bis „Dotterracke“

Tettnang / Lesedauer: 3 min

Signatur-Autoren lesen im Ritter in Laimnau heitere Texte zum April-Ausklang
Veröffentlicht:30.04.2015, 14:56

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Drei Hobbyautoren der literarischen Vereinigung Signatur und der junge Michael Poschik am Klavier haben am Sonntag im gut besetzten Laimnauer Gasthof Ritter ein gern schmunzelndes Publikum unterhalten, dessen häufiger Applaus beim alle überraschenden Schlussgedicht schier nicht mehr enden wollte.

Moderator Lorenz Göser eröffnete die Leserunde mit einem Frühlingsgedicht von Margit Wolff und erläuterte anhand ihrer Vita auch ein Anliegen von Signatur, nämlich Texte ans Licht zu bringen. Die Lust am Schreiben grünte bei der „Tettnanger Büroallrounderin“ schon in der Schulzeit. Mit der voriges Jahr preisgekrönten Geschichte führte sie ihre Zuhörer an die idyllische Argen: Eine gestresste Naturkosmetikvertreterin, deren altes Elternhaus samt Kindheitserinnerungen soeben dem Abrissbagger zum Opfer gefallen ist, kommt dort mithilfe der kindlichen „Grauhaarigen mit dem rosa Fischkescher“ allmählich zur Ruhe.

Drumherum wechselten sich Axel Rheineck und Roswitha Stumpp mehrfach ab mit Glossen, Geschichten und Gedichten: Der „rheing’schmeckte Herr Reimeck“, der erst im Ruhestand von Remscheid an den Bodensee gefunden hat, erklärte als Einstand in witzigen Versen sein allmähliches Hineinwachsen ins Schwäbische. Zum Beispiel, dass Häs nichts mit Hasen und Bühne nichts mit Theater zu tun hat und man sich hierzulande gerne in einen Teppich wickelt. In seinen heiteren Gedichtchen zum jahreszeitbedingten Treiben in der Natur, vom homo sapiens und dem Nilpferd, vom Mistkäfer und den Tausendfüßlern bis hin zum Sommer mit Stichen und Reisefieber – stets sprühte der Schalk aus den Augen und sprang auf die Gäste über. Geradezu rauschhaft steigerte sich das Frühlingserwachen in einem Stakkato ungebändigter Namen aus Fauna und Flora: ob „Blödelspecht“, ob „Schwarzmeermacke“, ob „Himmelhecht“, ob „Dotterracke“ – „man spürt den Frühling allerorten: er hüpft durchs Herz und hüpft in Worten“.

Ganz „überwiegend heiter“

Als ehemalige Buchhändlerin findet Roswitha Stumpp nun eher in der Landwirtschaft Muße zum Schreiben, zum Verse machen – und verdichten, für Glossen und oftmals tiefgründige Gedanken über scheinbar nichtige Anlässe, wie Achtlosigkeiten von Hundehaltern mit Folgen oder fast willkommene Verhinderungen am fast gewolltem Großzügigsein.

Eine längere Ausführung über das Schämen, ob zurecht oder zu unrecht, aus nichtigem ebenso wie aus richtigem Grund, war zwar mitten aus dem Leben gegriffen und ist darin ein wichtiges Thema, aber trotz einer der April-Bühne gemäßen Leichtigkeit naturgemäß eben nicht nur heiter.

Gleichwohl aber blieb der sonnige Nachmittag, seinem Motto getreu, ganz „überwiegend heiter“. Dafür sorgten zwischendurch immer wieder auch die pfiffigen Klaviereinlagen à la „Over the Rainbow“ oder „Maple Leaf Rag“. Und dafür sorgte, als überraschende Zugabe, in hohem Maße der auswendige Gedichtvortrag einer hochbetagten Dame aus dem Publikum: Antonie Poot-Dorn aus Laimnau rezitierte auf hinreißende Weise und in einem noch urwüchsigen, heimatlichen Schwäbisch, eine Art „Schwäbische Schöpfungsgeschichte“, die dem Barockdichter Sebastian Sailer nicht nachstehen mag. Bewegt, mit stürmischem Applaus und Gösers Dankesworten, klang ein letzter Aprilsonntag freudig aus: Mal sehen was der Signatur-April 2016 bringen wird.