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Rittersaal

Spectrum Kultur in Tettnang feiert 60. Geburtstag

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Ehrenamtliche stellen seit Jahrzenten ein anspruchsvolles Kulturprogramm auf die Beine
Veröffentlicht:18.09.2018, 17:24

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Spectrum Kultur feiert seinen sechzigsten Geburtstag. Die Kulturarbeit in Tettnang ist dabei kein bisschen alt geworden.

Die Anfänge der Kultur vor Ort waren vielseitig und sind über die Jahre gewachsen. Bis im Oktober 1985, als Friedrichshafen sein Graf-Zeppelin-Haus eröffnet hat, bot man in Tettnang eine Theaterreihe an. In der Stadthalle – damals eine der schönsten weit und breit – gastierten Schauspieler wie Josef Meinrad, Curd Jürgens oder Ruth Maria Kubitschek. Später fuhren die Theaterliebhaber nach Friedrichshafen – wer nostalgisches Ambiente vorzog, fuhr nach Lindau oder Ravensburg.

Vieles hat sich danach verändert, das hat auch Cosima Kehle, die Leiterin der Tettnanger Stadtbücherei und zugleich sehr engagiert in der Tettnanger Kulturszene, für das Kreisjahrbuch „Leben am See“ vor zehn Jahren aufgeschrieben.

In den Achtzigerjahren wurde der Rittersaal im Neuen Schloss Tettnang aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und mit einem Konzert von Ulrike-Anima Mathé eingeweiht, Auftakt für viele erlesene Konzerte bis heute. Im Laufe der Jahre bekamen sie dann auch Konkurrenz durch Veranstaltungen wie den „Mozart Sommer Schloss Salem“ oder die „Hagnauer Klassik“ im November. Auch die Langenargener Sommerkonzerte, seit 2012 Langenargener Schlosskonzerte, haben sich ausgedehnt.

In Tettnang ist kontinuierlich ein vielfältiges Kulturprogramm gewachsen, obwohl es lange Jahre für Spectrum Kultur, wie sich die Kulturgemeinschaft seit 1997 nennt, keinen hauptamtlichen Vorsitzenden gab. Franz Forsters Nachfolger Hermann Locher, der das Amt von 1989 bis 1999 innehatte, war ebenso ehrenamtlicher Leiter wie auch Markus Schweizer die folgenden elf Jahre. Wesentlich kleinere Orte wie Langenargen, Kressbronn oder Meersburg leisteten sich da bereits professionelle Leiter für die Kultur.

Ehrenamtliche bringen sich ein

2010 wurde Barbara Tettenborn die erste hauptamtliche Vorsitzende der Kultur. Ihr folgten Johannes Schneiderhan, Martin Dürr und im letzten Jahr Natascha Bruns . Die relativ kurzen Zeiten der Profis ließen ihnen bislang allerdings nur wenig Zeit, ein eigenes Profil zu entwickeln. Ein Glück, dass sich in Tettnang von Anfang an stärker als anderswo in der Region sehr engagierte Ehrenamtliche eingebracht haben.

Bis heute beleben die Freiwilligen die Arbeitskreise, beraten die Vorsitzenden, bringen Vorschläge ein für die Programme, und streben ein einheitliches und hohes Niveau an. Bei Veranstaltungen im Rittersaal wird auch immer dem ehrenamtlichen Café-Team gedankt – verdientermaßen, denn auch hier sorgt eine stattliche Gruppe mit viel Engagement um Christina Schweizer für die Bewirtung. Beim „Lebendigen Barockschloss“ stemmen sie auch den Betrieb des Schloss-Cafés.

Das „Lebendige Barockschloss“ ist ein Alleinstellungsmerkmal für die Tettnanger Kultur. Es ergänzt alljährlich das Internationale Bodenseefestival auf ganz spezielle Weise, entwickelt eigene Beiträge zum Leitthema, wenn möglich mit Mitwirkenden aus Tettnang oder der näheren Region. Unvergessen sind die literarisch-musikalischen Eröffnungen mit Markus Schweizer.

Neben dem Rittersaal nutzt Spectrum Kultur auch den herrlichen Schlossinnenhof und für intimere Veranstaltungen den prächtigen Bacchussaal. Lesungen werden in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei in deren Räumen angeboten und können sich dank Cosima Kehles bedachter Auswahl trotz der Konkurrenz zu Ravensburg und Friedrichshafen behaupten. Inzwischen kommen auch regelmäßig Gäste von auswärts. Die Bücherei sorgt auch für das beliebte Kindertheater im KITT. In der Aula des Montfort-Gymnasiums, zuweilen auch im KITT finden Kleinkunst und Kabarett statt. Lediglich Jazzkonzerte im Rittersaal tun sich trotz vorzüglicher Interpreten schwer.

Etwas am Rande liegt die Städtische Galerie im Schlosspark, nachdem sie vor über zehn Jahren ihren Platz im Torschloss räumen musste. Das Programm pendelt in den Räumen zwischen anerkannten regionalen und internationalen Künstlern.

Kunst verändert sich

Spectrum Kultur ist nach 60 Jahren nicht müde geworden und es gibt viel zu tun. Seit knapp einem Jahr kümmert sich die Leiterin Natascha Bruns darum. Markus Schweizer sagt: „Frau Bruns bringt tolle neue Ideen ein und ist zugleich offen für Vorschläge.“ Mit einem engagierten Stamm Ehrenamtlicher stellt sie die Veranstaltungen auf die Beine. Und freilich unterliegt auch Kultur dem Wandel und hat im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten an Akzeptanz verloren, gerade bei Jüngeren. Doch wenn zum Beispiel einmal im Jahr der gebürtige Tettnanger Musiker Edzard Locher, Solo-Schlagzeuger am Hessischen Staatsorchester Wiesbaden, zum kostenlosen Konzert mit seinen Studienfreunden in den Rittersaal einlädt, erlebt die Stadt ein musikalisches Spitzenereignis. Dann ist auch die junge Zuhörerschaft da, die man sich viel öfter wünscht.

Spectrum Kultur hat jedenfalls alle Weichen gestellt, um auch in den kommenden Jahrzehnten hochwertige Musik und Kultur in Tettnang bieten zu können.