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Einbürgerung

„Nach fünf Jahren vergisst man so etwas nicht“

Tettnang / Lesedauer: 3 min

Ravensburger Behörde klagt 60-jährige Dominikanerin an
Veröffentlicht:18.06.2019, 15:49

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Wollte die 60-jährige Dominikanerin ihre Einbürgerung in Deutschland erschleichen? Die Einbürgerungsbehörde im Landratsamt Ravensburg hegt diesen Verdacht. Die Frau, die seit 1993 in Deutschland lebt und mit einem Deutschen verheiratet ist, hatte 2017 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt und darin verschwiegen, dass sie 2012 in Rastatt wegen fahrlässiger Brandstiftung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt worden war.

Wegen eines Vergehens gegen das Staatsangehörigkeitsgesetz musste sich die Frau jetzt vor dem Amtsgericht Tettnang verantworten. Den Einbürgerungsantrag hatte sie im Landratsamt des Bodenseekreises gestellt, wo man ihrem Ansinnen offenbar positiv gegenüberstand. In dem Antrag nach Vorstrafen gefragt, hatte sie ihre Verurteilung fünf Jahre zuvor in Rastatt „vergessen“ anzugeben oder durchgestrichen, sagte sie Richter Kovatschevitsch und der Vertreterin der Anklage. „Ich habe nicht daran gedacht, es ist so lange her, ich habe es nicht extra gemacht“, sagte die Angeklagte weinend.

Zu der Verurteilung in Rastatt war es gekommen, nachdem sie in einem gemieteten Zimmer eine Kerze angezündet und nicht gelöscht hatte, als sie zu einem Arztbesuch das Haus verließ. Während ihrer Abwesenheit griff die Flamme auf die Einrichtung über und setzte das gesamte Gebäude in Brand. Der Schaden am Haus belief sich auf 100 000 Euro, der am Inventar auf 50 000 Euro. Mehrere Personen erlitten Rauchgasvergiftungen. Die Angeklagte wurde daraufhin wegen fahrlässiger Brandstiftung beziehungsweise Körperverletzung zu den oben genannten Tagessätzen verurteilt.

Zu dem jetzigen Strafantrag wegen eines Vergehens gegen das Staatsangehörigkeitsgesetz war es gekommen, nachdem die Frau vor einem Jahr in den Landkreis Ravensburg umzog. In der Einbürgerungsbehörde des Landratsamts kam die Verurteilung ans Licht. Vor allem die Strafhöhe von 100 Tagessätzen machte stutzig. Denn, so der Amtsleiter im Zeugenstand, gesetzlich gebe es klare Vorgaben, wenn wesentliche Einbürgerungsvoraussetzungen berührt werden, die dem Antrag entgegenstehen. Die Behörde stellte einen Strafantrag.

Was der Verteidiger nicht verstand. Die Behörde in Friedrichshafen hätte keine Strafanzeige gestellt, weshalb eine Einstellung „sachgerecht“ wäre, sagte er, um zu erinnern, dass seine Mandantin (mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis) nur deshalb Deutsche werden wolle, weil ihre Eltern in der Dominikanischen Republik gestorben seien, sie in Ravensburg eine 21-jährige Tochter und einen deutschen Mann habe und es für sie keinen Grund für eine Rückkehr in die alte Heimat mehr gibt.

Die Staatsanwältin sah den Anklagevorwurf dagegen in vollem Umfang bestätigt und die 60-Jährige schuldig. Ihre Vorstrafen im Einbürgerungsantrag nur fünf Jahre nach dem Geschehen „vergessen“ zu haben, nannte sie eine Schutzbehauptung. Sie habe entsprechende Fragen vielmehr bewusst durchgestrichen. Es sei klar, Straftaten in einem solchen Antrag angeben zu müssen. Ihre Forderung: Eine Geldstrafe von 60 mal zehn Euro und die Auferlegung der Verfahrenskosten.

Der Verteidiger verneinte ein strafbares Handeln seiner Mandantin, die sich seit dem Brandfall nichts hat zuschulden kommen lassen. Sie habe ihre damalige Strafe bekommen und bezahlt. Wäre sie nicht nach Ravensburg umgezogen, hätte es diesen Strafantrag nicht gegeben. Sein Antrag: Freispruch. Den Antrag der Staatsanwaltschaft mit 600 Euro bezeichnete er als „völlig überzogen“. Die Vermögenslage seiner Mandantin gebe das nicht her. „Woher soll ich das bezahlen?“, fragte die Angeklagte.

Richter Kovatschevitsch sprach die 60-Jährige schuldig im Sinne der Anklage und verurteilte sie zu 50 Tagessätzen à zehn Euro sowie der Übernahme der Verfahrenskosten. Sie habe im Einbürgerungsantrag – in dem klar nach Vorstrafen gefragt werde – ihre Verurteilung bewusst verschwiegen. Nach fünf Jahren vergesse man so etwas nicht.