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Hopfenschätzung

Hopfenschätzung: Blaues Auge trotz Trockenheit und Hitze

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Ernteschätzung: Gutachter überrascht vom guten Zustand der Hopfengärten – Bewässerung wird Thema
Veröffentlicht:20.08.2018, 21:07

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Das Tettnanger Hopfenanbaugebiet kommt trotz der Hitze und Dürre der vergangenen Wochen wohl mit einem blauen Auge davon: Mit 43 900 Zentnern Gesamtertrag rechnen Pflanzer, Verbände und Handel in diesem Jahr. Das ist das Ergebnis der Hopfenschätzung am Montag gewesen. In der letzten Saison lag das Ergebnis bei 45 409 Zentnern.

„Am wichtigsten ist das Signal an die Brauer, dass die Versorgungssicherheit mit Tettnanger Hopfen gewährleistet ist“, sagt Walter König vom bayerischen Brauerbund. Diese Aromasorte macht mit fast 18 000 Zentnern den größten Anteil in Tettnang aus und ist in zahlreichen Bieren enthalten. Tettnang stehe im direkten Vergleich zu den anderen Anbaugebieten in Deutschland überdurchschnittlich gut da, sagt König weiter. Die hat er erst vor Kurzem besucht, dort gibt es im Lauf dieser Woche ebenfalls die Ernteschätzungen.

Doch auch wenn die Erntemenge bezogen auf das Anbaugebiet mit einer Größe von fast 1400 Hektar durchschnittlich ist, entscheidend wird am Ende der Alphasäuregehalt sein, der für das Aroma und Bitterstoffe verantwortlich ist. Den könne man derzeit noch nicht abschätzen, sagt Wolfgang Ruther , Vorsitzender des Tettnanger Hopfenpflanzerverbands. Tendenziell werde der Gehalt aber unterdurchschnittlich sein: „Sicher werden das schlechtere Werte sein als in den letzten Jahren.“ Wobei das auch abhängig vom Standort sei.

Im östlich von Tettnang gelegenen Argental dominieren etwa kiesige Böden. Die halten Wasser nicht so gut wie Lehm, aber einige Hopfenpflanzer hätten dort bewässern können, sagt Stefan Arnegger vom Tettnanger Hopfenpflanzerverband. Zumindest in diesen Hopfengärten sei die Entwicklung normal gewesen. Nichtbewässerte Anlagen haben dagegen unter Trockenheit gelitten.

Im südlich von Tettnang gelegenen Kau sind die Böden an der Oberfläche ebenso trocken wie anderswo, aber durch die tiefere Lage kommen die Pflanzen besser an Grundwasser. Aber auch in höheren Lagen hätten sich die Pflanzen an die Trockenheit angepasst, erklärt Arnegger. Schon im April hätten sie wegen ausbleibender Niederschläge tiefer gewurzelt und seien deswegen besser auf die jüngste Trockenperiode vorbereitet gewesen.

„Der Hopfen und die Hopfenpflanzen haben die Trockenheit und Hitze erstaunlich gut überstanden“ – so steht es dementsprechend im diesjährigen offiziellen Bericht zur Ernteschätzung. Hopfenpflanzer Wolfgang Ruther formuliert das im Gespräch so: „Ich bin überrascht. Die Bestände sind mit Ausnahmen besser als gedacht.“ An einigen Orten sind diese in ihrer Reifeentwicklung sogar schon so weit, dass einige Landwirte mit ihrer Ernte schon am Wochenende begonnen haben.

Doch die Hitze ist nicht das einzige Problem gewesen: Weil es so früh im Jahr warm wurde, fehlten die Saisonkräfte, sagt Jürgen Weishaupt , Geschäftsführer des Tettnanger Hopfenpflanzerverbands. Die seien erst später bestellt gewesen. Deren Anzahl sei aber generell niedriger als in den Vorjahren.

Eine Verschärfung der Situation befürchten die Hopfenpflanzer, wenn die 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte ausläuft. Diese war 2014 im Zuge der Einführung des Mindestlohns als Übergangsregelung eingeführt worden. Die Zeitgrenze für die Anerkennung einer kurzfristigen Beschäftigung waren zuvor 50 Tage. Doch anders als vor einigen Jahren nehme die Konkurrenz im Land durch Bau und Industrie zu, wo teils höhere Löhne gezahlt würden, sagt Weishaupt. Das führe dazu, dass es schwierig sei, offene Stellen zu besetzen.

Ein zweites großes Zukunftsthema aus Sicht der Hopfenpflanzer ist das Thema Pflanzenschutz. Durch die Trockenheit kam es in diesem Jahr in den Hopfengärten zu einem stärkeren Befall durch Blattläuse und die rote Spinne. Dadurch, dass durch Verbote Pflanzenschutzmittel wegfielen und keine neuen nachkämen, so Weishaupt, sei die Gefahr groß, dass Schädlinge Resistenzen entwickeln könnten. Hier fordert er ein Verfahren auf EU-Ebene statt nationaler Zulassungsverfahren.

Nach diesem Sommer kommt zudem die Diskussion um die Bewässerung. Hier gibt es, so Weishaupt, bereits eine Machbarkeitsstudie im Anbaugebiet Spalt. In Ländern wie den USA, in Spanien oder Italien würden alle Anlagen bewässert. Hier sei klar, dass es nur auf Tröpfchenbewässerung hinauslaufen könne: Die Zeit von Überkronenbewässerung oder gar Fluten sei vorbei, sagt Weishaupt.